Pendragon - Der Anfang
den Fruchtstücken herum.
»Warum möchtet ihr, dass die Milago sich gegen uns erheben?«, fragte sie mit ihrer grässlichen Piepsstimme. Komisch, aber sie hörte sich so unschuldig wie eine Dreijährige an, die fragt, warum der Himmel blau ist. Wusste sie vielleicht gar nicht, wie schlecht es den Milago ging? War Mallos derjenige, der für die Tyrannei verantwortlich war und der diese Frau wie eine Marionette benutzte? Ich überlegte mir meine Antwort sehr sorgfältig.
»Weil sie ein erbärmliches Leben führen«, erklärte ich. »Sie leben in schmutzigen Lehmhütten und haben nicht genug zu essen. Wenn sie nicht genug Glaze fördern, werden sie getötet. Doch am schlimmsten ist, dass sie sterben. Die Luft in der Mine vergiftet sie. Sie wollen für ein besseres Leben kämpfen.«
Das war es in groben Zügen. Ich wollte sie nicht in Rage bringen
und vermied die Anschuldigung, dass die Bedoowan die Milago ausbeuteten. Wenn Ihre Königliche Hoheit bisher nichts davon gewusst hatte, dachte sie jetzt vielleicht ein wenig nach und hatte etwas Mitleid.
Kagan biss noch einmal von der Frucht ab und starrte mich an. Was dachte sie jetzt? Alder und Loor beobachteten sie gespannt. Mallos wirkte gelangweilt. Plötzlich warf Kagan den Rest der Frucht auf den Boden. Augenblicklich tauchte ein Novaner auf, schnappte sich den Abfall und verschwand wieder hinter dem Thron. Kein Wunder, dass die Type so fett war, wenn sie nie etwas tun musste.
Unschuldig meinte die Königin: »So war es schon immer. Die Milago graben nach Glaze, damit die Bedoowan es gegen schöne Dinge eintauschen können. So war es seit jeher.«
War sie wirklich so grausam? Sie fand nichts dabei, dass die Milago litten und für sie starben. Ich sah Loor an, die genauso entsetzt dreinblickte, wie ich mich fühlte. Alder hielt den Kopf gesenkt. Bestimmt wusste er schon, was in Kagan vorging. Ich hatte keinen Schimmer, was ich noch tun sollte, musste aber etwas sagen.
»Was geben die Bedoowan den Milago als Gegenleistung für deren harte Arbeit?«, fragte ich.
Kagan wirkte völlig entgeistert, als hätte ich ihr eine Frage gestellt, die ihr bisher nie in den Sinn gekommen war. Sie erinnerte mich an Marley, wie er die Ohren spitzt, wenn er ein ungewöhnliches Geräusch hört. Bevor sie antwortete, griff Kagan nach der nächsten Frucht und biss hinein. Sie verursachte schmatzende, schlürfende Geräusche, bei denen sich mir der Magen umdrehte. Was für eine Schweinerei! Die ganze Zeit über blickte sie vor sich hin, als beschäftigte sie sich ernsthaft mit meiner Frage. Ich war echt gespannt auf die Antwort, denn natürlich quälten die Bedoowan die Milago nur. Alder und Loor warteten auch auf die Antwort. Sogar Mallos sah die Königin erwartungsvoll an.
Wieder biss sie schmatzend in die Frucht, schluckte, sah mir in die Augen und sagte: »Von deinen Fragen bekomme ich Kopfschmerzen.« Sie nickte Mallos zu. »Bringt sie alle um.«
Sofort packten mich die Ritter und schleppten mich, Alder und Loor zur Tür.
Loor wehrte sich am meisten. Sie schrie Kagan an: »Es ist egal, was mit uns geschieht! Die Milago bleiben nicht für immer Sklaven!«
Das war ganz schön mutig, allerdings fand ich, dass es nicht egal war, was mit uns passierte. Die Ritter schleiften uns den Flur entlang und auf die Treppe zu, als ich Mallos hinter uns rufen hörte.
»Wartet!«, brüllte er. »Ich will mit dem Burschen reden!«
Er meinte mich. Die Ritter hielten an, und er kam näher. Lange Zeit musterte er mich, als wollte er mich einschätzen.
»Merke dir gut, was heute geschieht, Pendragon«, sagte er. »So wird es immer sein. Es gibt keine Hoffnung für dich. Halla geht unter und du ebenfalls.«
Dann blickte er die Ritter an und befahl ihnen: »Bringt sie fort!« Während mich die Männer davonschleppten, rief er mir nach: »Erinnere dich immer daran, Pendragon!«
Wovon redete er? Ich hatte mit Sprüchen gerechnet wie »Die Milago sind verloren!« oder »Du wirst einen schrecklichen Tod sterben!« oder einer anderen Nettigkeit. Das, was er gesagt hatte, ergab keinen Sinn. Was war Halla? Osa hatte vor ihrem Tod von Halla gesprochen, aber ich hatte keinen Schimmer, was sie gemeint hatte. Noch wichtiger: Wenn er vorhatte, mich zu töten, warum sagte er dann, ich sollte mich an diese Ereignisse erinnern? So wie es jetzt aussah, würde ich nicht einmal lange genug leben, um sie zu vergessen. Ob ihr es glaubt oder nicht, Mallos’ Worte gaben mir trotz meiner schrecklichen Angst
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