Pendragon - Der Anfang
Hoffnung. Sie erinnerten mich daran, dass es um mehr als nur die Milago und
die Bedoowan ging. Die Zukunft des ganzen Territoriums von Denduron stand auf dem Spiel. Wenn Mallos mir drohte, rechnete er mit weiteren Kämpfen. Vielleicht hatte er gar nicht vor, uns umzubringen. Wenigstens hoffte ich es.
Die Ritter zerrten uns zur Treppe. Ich war davon ausgegangen, sie würden uns nach unten in den Zellentrakt bringen, aber wir kletterten nach oben. Im nächsten Stockwerk hielten wir vor einer Holztür mit einem schweren Schloss an. Einer der Ritter zog einen alten Schlüssel aus der Tasche, öffnete die Tür, und sie schubsten uns in einen Raum. Dann schlugen sie die Tür krachend zu, und wir standen im Dunkeln. Ich glaube, wir waren zu verängstigt, um uns umzusehen. Nicht dass es etwas zu sehen gegeben hätte.
»Ist er das?« Loor hörte sich so selbstsicher wie immer an. »Ist das der Raum, in dem wir sterben?«
»Nein«, entgegnete Alder. »Hier sterben wir nicht.« Alder wirkte ziemlich gelassen. Eigenartig. Im Allgemeinen war er ein eher nervöser Typ, aber im Angesicht des Todes benahm er sich völlig ruhig. Von uns dreien war ich wahrscheinlich derjenige, der die meiste Angst hatte. Unfair!
»Wieso bist du so ruhig?«, erkundigte ich mich.
Seine Antwort gefiel mir gar nicht. »Weil das der Warteraum ist. Hier passiert uns nichts. Wenn sie bereit sind, erwartet uns das Grauen.«
Wahrscheinlich war Alder gar nicht ruhig, sondern befand sich noch im Schockzustand. Er wusste, das hier war die Ruhe vor dem Sturm. Irgendetwas Schreckliches stand uns bevor, und der Gedanke daran ängstigte ihn so sehr, dass er innerlich erstarrt war.
»Was haben sie mit uns vor?«, fragte Loor.
Sie musste nicht auf die Antwort warten. An der gegenüberliegenden Wand öffnete sich knarrend eine Tür und tauchte den Raum in helles Sonnenlicht. Wir befanden uns in einer Zelle. An der Wand entdeckte ich eiserne Handschellen und Fußfesseln.
Zwei Ritter in voller Montur standen rechts und links der Tür. Einer bedeutete uns, ins Freie zu gehen. Loor übernahm die Führung, doch ehe sie ging, sagte sie zu uns: »Ich sterbe nicht, ohne wenigstens ein paar dieser Bedoowan mitzunehmen.« Dann verließ sie die Zelle; Alder und ich folgten ihr.
Als wir ins blendende Sonnenlicht traten, musste ich mir die Hand vor die Augen halten. Vielleicht lag es an den Geräuschen – noch bevor sich meine Augen an das Licht gewöhnt hatten, vermutete ich, dass wir nicht allein waren. Als ich mich schließlich umschaute, begriff ich: Wir waren nicht nur nicht allein, sondern standen in einem riesigen Stadion, in dem mehrere tausend Menschen saßen. Es war die Bedoowan-Version des Circus Maximus. Und zwar Open Air. Über uns lachte der blaue Himmel. Ich bemerkte, dass es sich um das höchste Stockwerk der Festung handelte.
Das Stadion war nahezu quadratisch. Ich schätzte, hier passten mehrere tausend Leute hinein. Die Zuschauerränge waren bis auf den letzten Platz gefüllt. Jede Seite des Stadions wurde von einem anderen Stamm eingenommen. Auf der einen hockten nur Bedoowan. Sie saßen auf gepolsterten Bänken mit Rückenkissen. An der nächsten Seite erblickte ich ausschließlich novanische Dienstboten, die auf schmalen Holzbänken saßen. Es war komisch, so viele dieser weißhäutigen Püppchen in ihren weißen Uniformen auf einem Haufen zu sehen. Die dritte Seite nahmen die Milago ein. Ich erkannte sie sofort an den dreckigen Fellen und daran, dass ihnen nicht gestattet war, sich hinzusetzen. Sie standen auf Steinstufen. Ich nahm an, dass sie die Arena von oben betraten, da sie nicht in den Palast durften. Die letzte Seite war so gut wie leer. Auf halber Höhe der Ränge befand sich eine Loge, in der ein Thron stand. Ich hatte Kagans Platz entdeckt.
Die Zuschauerbereiche der Arena wurden durch hohe Mauern mit eisernen Spitzen voneinander getrennt, sodass es keine Möglichkeit
gab, in einen Nachbarbereich einzudringen. Zusätzlich wurde die Arena von bewaffneten Rittern gesichert. Sie standen auf dem obersten Rang und hielten mit erhobenen Speeren Wache.
Wir befanden uns neben dem Spielfeld, genau unter Kagans Loge. Nur ein niedriges Geländer trennte uns vom Spielfeld. Wenigstens hielt ich es für ein Spielfeld, war aber nicht sicher, was für Spiele hier abgehalten wurden. Der ebene Platz hatte ungefähr die Größe eines Fußballfeldes. Er war mit Gras bewachsen, aber es gab keine Markierungen oder Zeichen, die auf Grenzen hingewiesen
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