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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
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»Was ist los, Delia? Bedauerst du
mich, weil ich als Kind Zeuge solcher Grausamkeiten war? Oder verachtest du
mich, weil ich vielleicht selbst solche Dinge begangen habe?«
    »Hast du das?«
    »Und wenn schon?« Er schüttelte spöttisch den Kopf. Dann fügte er
bissig hinzu: »Ich kann es nicht glauben. Ist das wirklich das Mädchen aus der
Hafenkneipe, das mir zu Füßen lag und mich um meine Liebe angefleht hat? Jetzt
hältst du dich schon für zu gut, um auch nur mit mir zu reden.«
    Ihr blieb der Mund offenstehen, und sie legte die Hand auf die
Brust, um den stechenden Schmerz über seine ungerechten Worte ertragen zu
können. Zitternd flüsterte sie: »Ich bin verheiratet, Tyl. Vergiß das nicht,
denn du hast es so gewollt.«
    Seine Augen begannen gefährlich zu glühen. Er packte sie am Arm
und fragte leise: »Soll das heißen, du liebst Nat?«
    »Laß mich los! Du tust mir weh ...«
    Seine Finger schlossen sich so fest um ihr Handgelenk, daß ihr die
Tränen in die Augen traten. Aber sein Griff lockerte sich nicht. »Antworte!
Liebst du Nat?«
    »Er ist mein Mann.«
    Tyl ließ sie so plötzlich los, als habe er
sich verbrannt. Er ging an ihr vorbei zur Tür und riß sie auf. Dann trat er
beiseite und verneigte sich höhnisch vor ihr. »Sie sollten ins Gemeindehaus
zurückgehen, Mrs. Parker. Ihr Mann wird sich schon Gedanken darüber
machen, wo Sie bleiben.«
    Ohne ihn noch einmal anzusehen, ging Delia an ihm vorbei ins
Freie. Draußen war Wind aufgekommen. Die heftigen Böen drückten den Rock an ihre Beine. Nat stand mit dem
Pferdewagen vor dem Gemeindehaus. Reverend Hooker hatte den Nachmittagsgottesdienst
abgesagt. Ein Sturm zog auf. Blauschwarze Gewitterwolken ballten sich über den
Bergen in der Ferne. Die hohen Baumwipfel rauschten und schwankten.
Entenschwärme flogen dicht über sie hinweg und suchten Schutz in den Sümpfen.
    Am Fuß der Verandatreppe blieb sie stehen. Ihr Arm schmerzte, aber
sie richtete sich auf, drehte sich um und sagte: »Auf Wiedersehen, Tyl.« Die
kalten Worte taten ihr noch mehr weh als die Schmerzen am Arm.
    Aber es war noch schwerer, sie aus seinem Mund zu hören: »Auf
Wiedersehen, Delia.«
    Als sie das Gemeindehaus erreichte, begann es zu regnen. Die
ausgedörrte Erde dampfte unter dem einsetzenden Gewitter.

19
    Das Rad surrte, und Elizabeth trat schnell ein, zwei, drei Schritte
zurück und hielt geschickt das lange Garn, das sich zwischen ihren Fingern
spannte und drehte. Dann beugte sie sich ebenso flink wieder vor, und der
Faden wickelte sich um die Spindel – sie trat zurück, dann wieder vor, zurück,
vor ... Spinnen, Spinnen ... Das Garn wickelte sich folgsam um die Spindel,
während das surrende Vibrieren des Rads ihren Körper erfaßte und die Welt um
sie herum langsam entschwand, bis sie schließlich völlig versank.
    Der Besucher vor der Tür mußte zweimal klopfen, ehe sie etwas
hörte. Elizabeth hielt stirnrunzelnd das Spinnrad an und überlegte kurz. Wenn
sie auf das Klopfen nicht reagierte, würde der Betreffende vielleicht wieder
gehen ...
    Aber es klopfte ein drittes Mal und diesmal noch energischer.
Elizabeth öffnete die Tür einen Spalt, blickte hinaus, lächelte und machte auf.
»Ach Sie sind es, Dr. Savitch!«
    Tyl betrat die makellos saubere Küche. Er sah sich kurz um und
bewunderte den glänzenden großen Kupferkessel, die blitzenden Messingtöpfe, die
Porzellanteller auf der Anrichte und das Spinnrad mit der dicken Spindel. Er
lächelte sie an, und ihr fiel seine Arzttasche auf.
    »Ist jemand krank, Doktor?«
    »Nein, aber ich hielt es für richtig, zu Ihnen zu kommen, Mrs.
Hooker.«
    »Zu mir?« Sie lachte nervös. »Ach, Sie meinen, weil ich gestern in
Ohnmacht gefallen bin? Es geht mir wieder gut. Möchten Sie vielleicht einen
Tee?«
    Tyl setzte sich auf einen der lederbezogenen
Stühle. »Ja gern, danke. Ich dachte, Sie wollen mit mir vielleicht über die Ursache
der Ohnmacht sprechen.«
    Elizabeth zitterte und griff
schnell nach dem Wasserkessel. »Ach, Sie wissen doch ... das
schreckliche Gerede über die Indianer.«
    »Hm, und wann hatten Sie zum
letzten Mal Ihre Blutungen?« Der Kessel fiel klirrend zu Boden, und der Deckel
rollte unter den Tisch.
Eine flammende Röte überzog Elizabeths Gesicht.
    Wie kann er wagen, mir eine so persönliche
Frage zu stellen?!
    Als sie seine Hände auf ihrer Schulter
spürte, hob sie den Kopf und blickte in sein besorgtes Gesicht. Dann lächelte
er freundlich und wissend, und es gelang ihm irgendwie, ihr

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