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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
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Fuß und trommelte mit den Fingern auf der
Sessellehne. »Ich lebe seit zwei Jahren dort sehr glücklich«, erwiderte er.
»Und wenn Sie sich Gedanken über meinen teuren Geschmack machen, Sir, dann
kann ich Sie beruhigen. Ich bin der einzige Arzt zwischen Wells und Port Royal,
und ich werde für meine Dienste sehr gut bezahlt.«
    »Gut bezahlt? Ha!« Sir Patrick wies mit der Hand auf die Einrichtung.
»Hast du vielleicht so etwas in deiner gottverlassenen Siedlung? Antworte!«
    Tyl sprang auf. »Ich möchte nicht so leben! Vor allem dann
nicht, wenn das Geld von Menschen in Fesseln und mit Sklavenringen um den Hals
stammt.«
    Sir Patricks Blicke folgten seinem Enkel, der erregt im Raum auf
und ab ging. Delia entging eine gewisse Verzweiflung in seinen grauen Augen
nicht. »Hör zu, Tyl. Ich habe dir alle Freiheiten gelassen, und ich habe dir
die Möglichkeit gegeben, deine Begeisterung für die Wildnis auszuleben. Aber
ich werde nicht jünger. Deshalb wirst du heute und zwar auf der Stelle deine
Verrücktheiten aufgeben und die Reederei übernehmen. Ich brauche dich. Ich habe
nur dich, und du mußt mir jetzt helfen. Das schuldest du mir, mein Junge.«
    »Ich schulde Ihnen nichts, Sir!»Tyls Gesicht war dunkel vor Zorn.
»Bei Gott, was um alles in der Welt läßt Sie glauben, daß ich auch nur einen
Fuß über die Schwelle der Reederei setzen würde?« rief er empört. »Weshalb
können Sie das nicht begreifen? Ich verabscheue das, was Sie tun!«
    Sir Patricks Augen funkelten. »Du wagst es,
mich zu kritisieren! Als ich dich vor zehn Jahren gefunden habe, warst du
nichts als ein nackter wilder Indianer!« Er drehte sich um und sah Delia mit
ausgebreiteten Armen hilfesuchend an. »Er war nicht mehr als ein Sklave!«
    Tyl biß die Lippen aufeinander und stieß hinter den Zähnen hervor:
»Das ist eine Lüge, und Sie wissen es genau. Sie mußten mich mit Gewalt in
Ihre Welt zurückholen. Ich hatte eine Familie und ein Leben in ...«
    »Ja, ja, was für ehrbare Leute das waren«,
sagte Sir Patrick mit beißendem Sarkasmus zu Delia, als müßte er sie
überzeugen. »Er war noch nicht sechzehn, als ich ihn gefunden habe, und hatte
bereits seinen Anteil an Skalps. Diese Wilden haben ihn als Sechsjährigen
entführt und zu einem der ihren gemacht ... zu einem blutgierigen Indianer. Und
er hat gemordet ... gemordet ...!«
    Mit Tränen in den Augen hob Sir Patrick den Kopf und blickte auf
ein Porträt, das über ihm an der Wand hing. Das Bild zeigte eine zarte junge
Frau. Eine Hand lag auf der Rückenlehne eines Sessels, als brauche sie den
Sessel als Anker auf der Erde. Ihre hellen Haaren wirkten beinahe silberblond,
und sie hatte große tiefblaue Augen, so blau wie das Meer am frühen Morgen.
    Auch Tyls Augen hatten sich auf das Ölbild gerichtet, und Delia
sah, wie sein Zorn verschwand. Er seufzte tief und fuhr sich mit der Hand durch
die Haare. »Ich habe es Ihnen immer wieder gesagt, Sir Patrick. Sie haben sie
nicht getötet. Sie ist im Kindbett gestorben.«
    »Nachdem einer deiner Abenakis sie vergewaltigt und geschwängert
hat!«
    »Er war ihr Mann.«
    »Ihren Mann haben sie ermordet!«
    Sir Patrick trat vor Tyl.
    Er muß in seiner Jugend einmal so groß wie sein Enkel gewesen
sein, dachte Delia und verfolgte atemlos das Rededuell.
    Der alte Mann richtete seinen Blick auf Tyl und versuchte, ihn mit
seinen grauen Augen zum Nachgeben zu zwingen. Aber Tyl erwiderte den Blick,
ohne mit der Wimper zu zucken.
    »Wie kannst du es ertragen, zurückzugehen und dort zu leben, wo
sich all das zugetragen hat?« fragte Sir Patrick leise.
    Delia sah, wie Tyl einmal schluckte. Dann antwortete er ruhig:
»Sagadahoc ist meine Heimat, und ich kehre dorthin zurück.«
    Der alte Mann blinzelte, eine Träne lief ihm langsam über die
Wange. »Ich hatte geglaubt, ich könnte einen Engländer aus dir machen. Ich habe
für deine Bildung gesorgt. Du hast gelernt, dich angemessen zu kleiden und zu
sprechen, aber dein Herz hat sich mir stets verschlossen. Im Grunde bist du
noch einer von ihnen. Du bist noch immer ein Abenaki.«
    »Ich weiß nicht ... ich weiß nicht, wer ich inzwischen bin!«
rief Tyl, und es klang gequält.
    Aber sein Großvater nahm nichts mehr davon wahr. Er drehte sich um
und ging zu dem Himmelbett zurück. »Geh!« sagte er kalt. »Geh zurück in deine
geliebte Abenaki-Wildnis. Ich möchte dich nie mehr wiedersehen.«
    Tausend Fragen schwirrten Delia durch den Kopf, als sie in der Kutsche zum Roten
Drachen zurückfuhren. Vor

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