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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
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allem machte sie sich Gedanken über die Indianer, die
Menschen skalpierten und offenbar in der Nähe von Merrymeeting lebten. Aber Tyl
war so verschlossen, daß sie nicht wagte, ihm auch nur eine einzige Frage zu
stellen.
    Vor dem Hotel angekommen, sprang er aus der Kutsche und überließ
sie ihrem Schicksal. Er verschwand im Roten Drachen. Sie wollte ihm zuerst folgen, aber er hatte sie nicht
dazu aufgefordert. Deshalb nahm sie ihren Sack und schlenderte einige Schritte
die Straße entlang zu einem Kurzwarenhändler. Dort lehnte sie sich an die
Hauswand und wartete. Es dauerte nicht lange, und sie sah, wie der Pferdeknecht
zu den Stallungen ging und mit einem temperamentvollen Indianerhengst und
einem kleineren, aber kräftigen Packpferd zurückkehrte. Da wußte sie, daß Tyl
sich bald auf den Weg machen würde. Sie zitterte vor Aufregung und zog den zerschlissenen
Umhang enger um die Schultern. Dann ging sie langsam zum Roten Drachen zurück.
    Der Portier kam mit drei vollgepackten
Satteltaschen durch den Eingang, die er schwitzend und stöhnend zu dem
Packpferd schleppte und gemeinsam mit dem Stallburschen auf dem Pferd
festzurrte. Kurz darauf erschien Tyl.
    Delia hätte ihn beinahe nicht wiedererkannt.
Er trug nicht mehr die vornehme Kleidung eines Gentleman, sondern eine lederne
Reithose und ein dickes hellbraunes Leinenhemd mit Fransen an den Schultern und
an den langen Ärmeln. In der einen Hand hielt er seine Büchse. An einem mit
bunten Holzperlen besetzten Schultergurt hingen eine Pulverflasche, ein
Kugelbeutel und eine Indianeraxt. Nur die kostbar besetzten Stiefel erinnerten
noch an den vornehmen Herrn in der Kutsche.
    Tyl wirkte gefährlich. Das kantige, unbewegte
Gesicht machte ihr Angst. Er wirkte tatsächlich wie ein Mann, der in der
Wildnis lebt und sich nicht vor wilden Indianern fürchtet. Delia dachte, wenn
ihn sein Großvater jetzt sehen könnte, dann wüßte er, wie falsch seine
Erwartungen gewesen waren.
    Tyl schob die Büchse in das Halfter am Sattel. Er griff nach der
Leine des Packpferdes, saß auf und drückte seinem Hengst die Fersen in die
Flanke.
    Er wollte ohne sie davonreiten!
    Delia packte ihren Sack und lief ihm nach. »Tyl, warten Sie! Warten
Sie doch!«
    Er wendete sein Pferd, und an seinem Gesichtsausdruck sah Delia,
daß er sie völlig vergessen hatte.
    »Delia ...«
    Seine Augen wurden sanfter, und es gelang ihm sogar zu lächeln. Er
beugte sich vor und griff nach ihrer Hand. »Wir müssen später ein Pferd für
dich besorgen. Vorerst reiten wir zusammen.«
    Delia blieb wie erstarrt mitten auf der Straße stehen und sah ihn
fassungslos an. Sie sollte mit ihm auf diesem Pferd reiten? Das war unmöglich!
    »Komm schon, Delia!« rief er ungeduldig. »Der Reverend wartet mit
seiner Frau schon über eine Stunde an der Gemeindewiese auf mich.«
    Delia betrachtete mißtrauisch den Hengst.
»Ich kann nicht reiten.«
    »Ich habe nicht die Zeit, es dir jetzt beizubringen!« erwiderte
er. »Gib mir die Hand, stell den rechten Fuß auf meinen und schwinge das linke
Bein über den Pferderücken.«
    Er nahm ihr den Sack aus der Hand und legte
ihn vor sich quer über den Sattel. Dann faßte er sie am Arm, und im nächsten
Augenblick flog sie mit einem Ruck durch die Luft und landete mit einem Plumps
auf dem Rücken des Hengstes, der unruhig tänzelte. Das Fell kratzte unangenehm
an ihren nackten Beinen, und ihr Rock war bis über die Knie gerutscht. Aber
Delia blieb keine Zeit, sich deshalb Gedanken zu machen, denn Tyl setzte den
Hengst in Trab. Durch die plötzliche Bewegung wurde sie gegen seinen Rücken
gepreßt. Sie unterdrückte einen Schrei und legte schnell die Arme um seine
Hüfte, verschränkte die Hände und drückte die Wange an seine Schulter.
    Zur Gemeindewiese war es nicht weit. Delia
begann gerade, sich über das Wunder zu freuen, Tyl plötzlich so nahe zu sein –
sie spürte seine Wärme, hörte sein Herz schlagen und überließ sich der Kraft
seiner Muskeln –, als sie auch schon in die Straße einbogen, die zu dem großen
Gelände mitten in der Stadt führte. Vor ihnen lag eine schlammige Grasfläche,
auf der ein paar Kühe weideten. Am Rand stand ein Ochsenkarren, der mit Truhen
und Möbelstücken hoch beladen war. Auf der Kutschbank saß eine Frau, während
ein Mann vor den beiden roten Ochsen stand und angestrengt
die Straße entlangblickte. Tyl hob grüßend die Hand, als sie sich dem Wagen
näherten. Er glitt vom Pferd und riß dabei Delia mit sich, die

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