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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
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blieb der Wagen stecken, und
sie mußten alle schieben, um ihn wieder in Gang zu setzen. Kein Wunder, daß
selbst Elizabeth schließlich über und über mit Schlamm bespritzt war. Es
regnete, und die Brandung dröhnte. Die Wellen schlugen krachend gegen das
felsige Ufer. Die salzige Gischt hüllte sie wie ein feiner Nebel ein und legte
sich klebrig auf den Schlamm in ihren Haaren und auf den Händen und Kleidern.
    Komm heute Nacht zu mir. Ich will dich, Delia.
    In den langen Stunden unterwegs gönnte er ihr
jedoch kaum einen Blick. Wenn er etwas sagte, dann waren es knappe Befehle.
Einmal wurde er sogar wütend, als sie die Mokassins ausziehen wollte, um sie
vor der Nässe und dem Schlamm zu schützen.
    Ich möchte dich lieben, Delia.
    Er hatte vor ihr gekniet, als er das sagte.
Er kniete vor ihr, als wollte er ihr einen Heiratsantrag machen. Sogar Caleb
hatte es so gesehen ...
    Ärgerlich rief sie sich zur Ordnung. Tyl würde nie in seinem Leben
um ihre Hand anhalten. Sie war keine richtige Dame und würde es auch nie
werden.
    O Gott, dachte sie verzweifelt, ich muß vorsichtig sein. Ich liebe
ihn so sehr, und ich möchte um alles in der Welt, daß er mich liebt.
    Aber sie durfte ihm nicht Worte in den Mund legen, die er nicht
gesagt hatte, oder ihm Gefühle zuschreiben, die es für ihn nicht gab.
    Das schlechte Wetter und der Zustand der
Straße ließen sie an diesem Tag nur langsam vorwärtskommen. Deshalb blieben sie
über Nacht in York. Es war eine kleine Siedlung, die sich einige Meilen am
Ostufer des Agamenticus entlangzog. Es gab dort weder ein Gasthaus noch eine Unterkunft für Reisende. Aber sie
fanden ein Haus, ein richtiges großes Haus, das einer Witwe gehörte, die Betten
für die Nacht vermietete. Die Frau brauchte das Geld, denn sie lebte allein,
nachdem ihr Mann im letzten Krieg gegen die Indianer gefallen war.
    Den Speicher unter dem spitzen Giebeldach
hatte sie durch dünne Stellwände so unterteilt, daß kleine Zimmer entstanden.
Die »Betten« bestanden nur aus Matratzen, die auf dem Holzboden lagen. Man
erreichte den Speicher über eine kleine Leiter und durch eine Falltür.
    Tyl gab der Witwe einen zusätzlichen
Kupferpenny, damit sie im Waschhaus wenigstens eine Wanne mit heißem Wasser
füllen konnten. Zuerst badeten die Frauen und dann die Männer. Delia dachte:
Zum ersten Mal im Leben habe ich mich in zwei Tagen zweimal gewaschen.
    Das Abendessen dauerte nicht lange, und bevor Delia noch einmal
richtig über alles nachdenken konnte, saß sie allein in der Stube vor dem
Feuer, denn die müden Hookers waren bereits die steile Leiter nach oben geklettert.
Tyl versorgte die Pferde und Ochsen. Er würde bestimmt bald zurück sein und
erwarten, daß sie mit ihm die Leiter hinaufstieg ...
    »Delia!«
    Sie schrak zusammen und sah sein Gesicht dicht
vor ihren Augen. Seine Haare waren feucht, und ihn umgab der Geruch von Regen.
Er lächelte spöttisch. »Worüber hast du gerade nachgedacht? Das Haus könnte
über dir zusammenstürzen, und du würdest nichts hören.«
    Sie wurde rot. »Nichts ... ich habe ... nichts
gedacht.«
    Er sah sie ernst an und schwieg, aber seine dunkelblauen Augen
sprachen deutlicher als alle Worte.
    »Komm mit nach oben, Delia.«
    Es klang wie ein Befehl.
    Sie verschluckte sich und mußte husten.
Verwirrt stand sie auf und wich vor ihm zurück. »Ich ... muß ... erst noch
einmal hinaus ...«
    »Laß mich nicht zu lange warten ...«
    Delia eilte durch das nasse Gras über den dunklen Hof zum Abtritt.
Aber auf halbem Weg blieb sie stehen. Es war nur eine Ausrede gewesen, um
nicht die Leiter hinaufsteigen zu müssen, wo Tyl auf sie wartete.
    Sie hob den Kopf und blickte zum Himmel. Der stürmische Wind
verjagte die Wolken. Vereinzelt zeigten sich ein paar Sterne.
    Was soll ich nur tun, dachte sie. Soll ich wirklich zu ihm gehen?
Meine Liebe für ihn ist beängstigend. Kann man einen Mann so sehr lieben, ohne
den Verstand zu verlieren?
    Fröstelnd verschränkte sie die Arme. Wer konnte ihr eine Antwort
auf diese Frage geben?
    Als sie ein paar Minuten später ins Haus zurückkehrte, wußte sie
noch immer nicht, was sie tun sollte. Tyl wartete oben neben der Falltür. Bei
seinem Anblick blieb Delia erstarrt stehen. Er griff nach unten und half ihr
die Leiter hinauf. Als sie oben war, umarmte er sie und drückte sie fest an
sich. Zaghaft schlang sie die Arme um seine Hüfte und spürte, wie sich die
Muskeln auf seinem Rücken anspannten. Er hielt sie so fest umschlungen,

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