Penelope Williamson
Mrs.
Hooker.«
Caleb lächelte geschmeichelt und zeigte seine etwas vorstehenden
Zähne. »Tyl betont immer wieder, man brauche mich hier nur, damit aus
Merrymeeting eine ordentliche Stadt werden kann.«
»Ach, hören Sie nicht auf ihn. Keiner bleibt von seinem Spott
verschont.« Susan lachte und legte ihm die Hand auf den Arm. Ihre Augen waren
so blau wie Kornblumen. Delia wurde neidisch und wich noch weiter zurück, aber
in diesem Augenblick drehte sich Tyl nach ihr um und winkte sie zu sich.
»Das ist Delia. Ich habe sie für Nat mitgebracht«, erklärte er an
Susan gewandt. »Na komm schon, Kleines. Seit wann bist du schüchtern wie eine
alte Jungfer?«
Delia gab sich einen Ruck und ging zu den anderen. »Ich wollte nur
höflich sein, damit sich zwei alte Freunde ungestört über das Wiedersehen
freuen können.«
Bei diesen anzüglichen Worten runzelte Tyl die Stirn, und Susan
hob verblüfft die Augenbrauen. Sie musterte Delia irritiert und sah Tyl dann
fragend an. Delia stellte zufrieden fest, daß die blonde Frau plötzlich leicht
verunsichert wirkte.
»Bestimmt seid ihr alle durstig«, sagte Susan und unterbrach damit
die peinliche Stille. Tyl nickte und legte Susan den Arm um die Hüfte. »Meine
Kehle ist wirklich so trocken wie ein leeres Faß.«
Als Susan sah, daß Delias Miene sich verfinsterte, lachte sie verlegen
und sagte dann mit einem Blick auf ihre Gäste: »Kommt alle ins Haus. Ich werde
ein Faß Bier anstechen. Übrigens Tyl, es ist jemand da, der deine Hilfe
braucht.« Mit schwingenden Hüften ging sie über den Hof voraus zur Haustür.
»Jefferson, der alte Trapper, ist hier, um ein paar Felle zu tauschen. Er hat
seine Squaw mitgebracht. Sie ist schwer krank.«
Sie betraten einen sehr langen niedrigen
Raum. Im vorderen Teil befanden sich der Laden und das Lager. Dahinter kam, nur
durch eine dünne Zwischenwand getrennt, der Wohnbereich, den man durch eine
halbhohe Pendeltür erreichte. Ein Feuer brannte im Kamin, vor dem eine Bank und
ein paar Stühle standen. In einer Ecke befand sich ein großer Tisch vor einem
Küchenschrank aus Ahornholz, in dem blaues Glasgeschirr stand. Neben dem Küchenschrank
hing an einem Geweih mit dem Lauf nach unten eine alte Muskete. An einem
Querbalken über dem Herd hingen vier Kupfertöpfe.
Im Laden gab es eine lange Theke. Dahinter
waren Regale, in denen sich alles Erdenkliche befand, von Knöpfen und Strümpfen
und dicken Wollsocken bis hin zu Axtstielen und Öllampen.
Größe Gegenstände lagen und standen auf dem Boden, wie etwa
Rumfässer und Krüge mit Obstschnaps. Biber- und Bärenfelle, aber auch Decken
und bunte Glasperlenschnüre für den Tauschhandel mit den Indianern waren
ordentlich sortiert und in einer langen Reihe gestapelt. Nur ein schmaler Gang
führte von der Tür zwischen den Waren hindurch zum Wohnteil.
Als sie eintraten, erhob sich ein Mann von
seinem Platz am Feuer. Sein Hemd und seine Hose waren aus Wildleder und voller
Fettflecken und getrockneter Blutspritzer. Die langen grauen Haare hingen ihm
lose bis auf die Schultern und über den struppigen, ebenso grauen Bart. Er
musterte die Ankömmlinge mit kleinen, durchdringenden dunklen Augen.
Vor seinen Füßen lag jemand auf einer Matte. Beim Näherkommen
roch es so stark nach Blut und Urin, daß Elizabeth sich beinahe übergeben
hätte und schnell die Hand vor dem Mund hielt.
»Lizzie, vielleicht solltest du draußen
warten«, sagte Caleb besorgt.
Zu Delias Überraschung erwiderte Elizabeth jedoch beinahe
unwirsch: »Unsinn, Caleb. Die arme Frau braucht vermutlich unsere Hilfe.«
Delia dachte: Wenn überhaupt, wird ihr nur Tyl
helfen können.
Er kniete sofort neben der Kranken nieder. Die Frau sah ihn aus
eingesunkenen Augen fragend an. Sie hatte glatte schwarze Haare und ein kleines
spitzes Gesicht. Delia dachte verblüfft: Sie ist ja noch ein Mädchen.
Susan nahm von der Bank einen Krug mit Bärenfett und einen Korb
mit Bohnen. »Jefferson, leg sie auf die Bank, dann kann sie der Doktor besser untersuchen.« Sie schob mit dem Feuerhaken die Glut
beiseite, nahm einen Kessel vom Balken und füllte ihn mit einem Schöpfbecher
aus einem Wasserfaß. Elizabeth eilte zu Susan und half ihr dabei.
Tyl hob die Squaw vorsichtig hoch und legte sie behutsam auf die
Bank. Er sagte etwas leise in ihrer Sprache. Verwundert hörte Delia die
kehligen Laute. Tyl sprach sie so selbstverständlich wie seine Muttersprache.
Als die Squaw leise stöhnend auf der Bank lag, löste er behutsam
die
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