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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
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Luft.« Sie seufzte
übertrieben laut und sagte gespielt ärgerlich: »Wie kann man einem solchen Mann
widerstehen?«
    Delia drehte sich um und sagte heftig. »Ich würde Tyl auch lieben,
wenn er ein pockennarbiges Gesicht hätte. Ich werde ihn auch dann noch lieben, wenn er alt ist und keine Zähne mehr hat. Ich
werde ihn lieben, wenn ich tot bin und mein Körper wieder zu Erde geworden ist!«
    Anne schüttelte energisch den Kopf. »Ach, das
ist doch alles Unsinn, Kleines! Denk an heute nacht, wenn du Nat geheiratet
hast. Du weißt doch sicher, was ein Mann und eine Frau nach der Hochzeit tun
...«
    Aus Delias Gesicht wich alle Farbe. »Ich weiß es«, murmelte sie.
»Ich weiß es, und ich schwöre Ihnen, daß ich Nat eine gute Frau sein werde, denn er ist ein guter Mann und hat es nicht verdient, enttäuscht
zu werden.« Fast schluchzend blickt sie auf den Boden. »Nat liebt mich nicht,
er liebt noch immer seine Mary. Ich verweigere ihm also nichts, wenn ich in
meinem Herzen Tyl liebe. Nat wird davon nie etwas erfahren.«
    »Delia, das ist vielleicht jetzt so, aber alles kann sich von
heute auf morgen ändern ...«
    Delia griff nach Annes Händen. »Ach, Anne! Können Sie das nicht
verstehen? Ich liebe Tyl! Aber er liebt mich nicht ...«
    Delia ließ bekümmert den Kopf sinken. »Er kann zärtlich sein, aber
auch verletzend. Obwohl ich glaube, daß er sich deshalb manchmal selbst
verabscheut. Er kennt meine Gefühle und weiß, daß ich ihn wirklich liebe.
Deshalb hat er Schuldgefühle ...«
    »Dazu hat
er auch allen Grund!«
    Mit Tränen in den Augen erwiderte sie: »Nein,
Sie verstehen das nicht. Er hat mich mit seinen heilenden Händen berührt, und
ich habe mich in ihn verliebt. Es war so selbstverständlich wie ... wie
Einatmen und Ausatmen. Er kann nichts dafür. Wenn ich Nat heirate, dann muß
Tyl meinetwegen keine Schuldgefühle mehr haben ... ich meine, weil ich ihn
liebe.« Ihre Lippen zuckten, und mit einem wehmütigen Lächeln fügte sie hinzu:
»Und wenn Tyl einmal heiratet, werde ich froh sein, denn dann ist er endlich
glücklich. Jetzt ist er unglücklich, einsam und traurig.«
    »Du liebe Zeit«, murmelte Anne. »Das soll Liebe sein? Tyler
Savitch hat doch nicht den Verstand verloren. Wenn das Liebe sein soll, dann
ist es kein Wunder, daß er Angst vor der Liebe hat.«
    Anne legte plötzlich die Hand über die Augen, denn am Kai glaubte
sie eine bekannte Gestalt zu sehen. »Wenn man vom Teufel spricht ...«, sagte
sie kopfschüttelnd. Delia preßte die Hand auf das stürmisch klopfende Herz,
denn ihr Instinkt hatte ihr bereits seine Nähe verraten.
    Anne griff schweigend nach dem Zinnbecher und verließ die Veranda.
Warum, dachte sie, bringt uns das Leben soviel Schmerz? Warum nur verlieren wir
immer das, was wir am meisten lieben?
    Delia stand an der offenen Verandatür. Bei ihrem Anblick lief er
schneller. Aber als es ihm bewußt wurde, verlangsamte er seine Schritte.
    Trotzdem sprang er die Stufen hinauf und hätte sie beinahe in die
Arme genommen. Im letzten Augenblick zwang er sich dazu, es nicht zu tun. Sie
sahen sich an, und ihm stockte der Atem. Er hatte vergessen, daß sie so
unbeschreiblich schön war.
    Aber Delia schien irgendwie verändert. Das
gefiel ihm keineswegs. Die schwarzen Locken verschwanden sittsam unter einer
weißen Haube. Das Mieder hatte lange Ärmel mit gestärkten Stulpen, die ihre
schlanken Handgelenke verbargen. Der weite Rock reichte bis zu den Schuhen. Sie
wirkte so sauber, rein und unschuldig wie der erste Schnee. Das sittsame
Mädchen, das so schüchtern vor ihm stand, gefiel ihm im Grunde sehr viel
weniger als die Widerspenstige aus der Hafenkneipe.
    »Wie geht es dir, Delia?«
    »Ach, es geht«, erwiderte sie so ungezwungen wie möglich und
lächelte ihn strahlend an. Die Liebe in ihren Augen ließ ihn auf der Stelle
alles andere vergessen. Zu seiner Schande mußte er sich eingestehen, daß er
sich nach diesem Blick gesehnt hatte.
    Er griff nach ihrer Hand. Sie zuckte zusammen
und versuchte, sie zurückzuziehen, aber er ließ sie nicht los. Er knöpfte das
Bündchen auf.
    »Was machst du denn?« rief sie verwirrt, und ihre tiefe Stimme
klang atemlos. Die grünen Pupillen mit den gelben Pünktchen wurden groß und
dunkel. Er schien darin zu versinken. Als seine Finger ihre Haut berührten,
zuckte er zusammen.
    Er sah, wie sich ihre Lippen bewegten, und hörte ihre Stimme aus
weiter Ferne. »Tyl ... bitte laß mich los.«
    Er ließ den Kopf sinken, aber er spürte,

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