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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wagnis des Herzens
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fort: »Ich dachte ... nun ja, da sie sich für
die amerikanische Geschichte interessiert und das Buch ein paar köstlich
blutrünstige Stellen enthält, die ihr kalte Schauer über den Rücken jagen
werden, dachte ich, es würde ihr gefallen ...« Ihre Hand umklammerte die
Stuhllehne fester. »Ich habe gesagt, sie muß zuerst Sie fragen, bevor sie es
behalten darf.« Sie holte tief Luft und fügte dann schnell hinzu: »Ich hoffe,
Sie haben nichts dagegen.«
    Er wollte
ihr sagen, er wünsche sich nichts sehnlicher, als daß seine Mädchen lesen
lernen und eine Schulbildung bekommen würden. Er wünschte so verzweifelt, sie
aus der Fabrik herauszuholen, daß er dafür das, was von seiner Seele noch übrig
war, verkauft hätte. Doch seine Kehle schien keine Luft und kein Wort
herauszulassen.
    Er legte
das Buch behutsam auf den Tisch zurück, drückte die Hand flach auf die Wachstuchtischdecke
und spreizte die Finger, bis die Adern und Knochen seiner Hand hervortraten.
    Als Shay
schließlich den Kopf hob, stellte er fest, daß sie ebenfalls auf seine Hand
blickte, auf seine große, derbe, vernarbte und schwielige Hand.
    Ihre Blicke trafen sich kurz,
und dann wanderten ihre Augen mit einem Ruck weiter.
    Die Haut
ihrer Stirn war so durchscheinend, daß er die blauen Adern und ihr Pulsieren
sah. Er fragte sich, weshalb sie an diesem Abend in seiner Gegenwart so unruhig
war. Er wußte nie, mit welcher Emma er es zu tun haben würde: mit dem trotzigen
rebellischen Kind, das Bemerkungen machte, die so verblüffend und spitzfindig
waren wie ein irisches Rätsel. Oder der scheuen jungen Dame der Gesellschaft,
die sich benahm, als könne sie nicht einmal Pieps sagen. Dann war da die junge
Frau, die er in den letzten Lebenswochen seiner Frau kennen und mögen gelernt
hatte. Diese Emma war eine großzügige, gute und treue Freundin.
    Die Emma des heutigen Abends
hatte sich an den Herd zurückgezogen. Mit einem rotgestreiften Küchenhandtuch
hob sie den Dekkel des schwarzen Topfs auf
dem Feuer, und der erdige Geruch kochender Kartoffeln erfüllte den Raum. Mit
ihrem Kleid in der Farbe frischer Sahne, das nur aus Spitze und Satinschleifen
zu bestehen schien, bot sie einen seltsamen Anblick in der Küche.
    »Vater
O'Reilly ist vorbeigekommen und zum Tee geblieben«, sagte sie. »Er hat uns die
Geschichten von Bria erzählt, als sie noch ein Mädchen in Gortadoo war. Er
brachte uns damit zum Lachen, und mir scheint, es war gut, daß er den Mädchen
Erinnerungen an ihre Mutter gegeben hat, die sie im Herzen bewahren können ...«
Sie warf ihm über die Schulter einen Blick zu. Das Handtuch in ihren Händen war
zusammengeknüllt. »Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus.«
    »Hören Sie
auf, das zu sagen.«
    Die Worte klangen
unfreundlicher, als er sie gemeint hatte. Er holte tief Luft und räusperte
sich. »Hören Sie auf zu sagen: >Sie hoffen, es macht mir nichts aus<,
denn es macht mir nichts aus.«
    Sie hatte ihm wieder den Rücken
zugekehrt, legte das Handtuch auf den Ausguß und faltete es sorgfältig. »Es ist
nur, daß ich Bria versprochen hatte ...«
    Er stand
auf, und Gorgeous sprang auf den Boden. Der Kater verschwand mit einem
beleidigten, klagenden Miau und zuckendem Schwanz im Schlafzimmer. Emma drehte
sich schnell um. Die schimmernden Augen wirkten groß in ihrem blassen Gesicht.
    »Gütiger Gott, Miss Tremayne«,
sagte er. »Weshalb sollten Sie nicht so oft kommen, wie Sie Lust haben?«
    Sie wich zurück, als erwarte
sie, er werde sie anspringen, obwohl er sich nicht von der Stelle gerührt
hatte.
    »Danke«, erwiderte sie. »Aber
ich ... ich sollte jetzt gehen.« Sie warf einen Blick aus dem Fenster. »Es ist
schon dunkel.«
    Sie hatte
ihren Hut und die Handschuhe auf den kleinen Tisch neben dem Weihwasserkessel
gelegt. Er sah zu, wie sie den Hut aufsetzte und die Handschuhe anzog. Es war
ein weißer Strohhut mit einem breiten gelben Band, das sie unter dem Kinn zu
einer eleganten Schleife band. Die Handschuhe waren aus so zarter Spitze, daß er
darunter die blasse Haut ihrer Hände sah.
    Emma legte
die Hand auf die Klinke und öffnete die Tür, doch bevor sie
ging, drehte sie sich um und sah ihn mit einem liebenswürdigen, aber zitternden
Lächeln an. »Guten Abend, Mr. McKenna.«
    »Guten
Abend, Miss Tremayne«, sagte er. Aber sie war bereits fort. Shay setzte sich
langsam wieder auf den Stuhl. Er griff nach dem Buch, das sie Noreen geschenkt
hatte, legte es aber wieder auf den Tisch. Er dachte daran, aufzustehen und

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