Penelope Williamson
noch bei dem Mann mit den Chourice stand, sah zu ihm
herüber, und Shay deutete auf ein rot und weiß gestreiftes Zelt, in dem Bier in
Krügen verkauft wurde. Er fragte Emma spöttisch: »Der gute Vater hat doch nicht
versucht, Sie zu bekehren?«
Sie
lächelte verlegen und schüttelte den Kopf. »Er ist ein stiller, besonnener
Mensch, wenn er nicht gerade die Spieler anfeuert.« Shays Augen wurden groß.
Sie waren tiefgrün wie das Wasser der Marschen im Sonnenlicht. »Still, sagen
Sie? Ich habe schon oft erlebt, daß es einer Frau in Donaghs Anwesenheit die
Sprache verschlägt, aber noch nie umgekehrt. Allerdings kommt es auch selten vor, daß
er jemanden trifft, der hübscher ist als er.«
Als Kompliment fand sie das
nicht besonders gelungen. Doch Emma spürte, wie sie errötete, als habe er ihr
gerade gesagt, sie sei das schönste Geschöpf des Universums.
Es
entstand ein Schweigen. Auf dem Spielfeld rückten die Mutuals vor, und die
Menge jubelte, doch Emma achtete nicht darauf. In der Ferne grollte der Donner,
und der Himmel hatte sich dramatisch verdunkelt. Aber all das, was um sie herum
geschah, war plötzlich nicht mehr von Bedeutung. Sie stellte sich vor, Shay
könne ihren Herzschlag hören, und das machte sie noch befangener. Sie wollte
deshalb unbedingt das Schweigen brechen.
»Wollten
Sie wirklich Priester werden?«
»Das hat
Bria Ihnen auch gesagt, nicht wahr?« Seine Ellbogen lagen auf den Knien, und
die Hände hingen locker zwischen den Beinen. Er beugte sich vor, zupfte einen
Grashalm ab und drehte ihn zwischen den Fingern. »Als Junge liebte ich die
Messe mit ihren heiligen Mysterien und Zeremonien. Eine Zeitlang fand ich darin
den Sinn meines Lebens. Und dann ...« Er zuckte die Schultern. »Dann nicht
mehr.«
Dann hast du den Sinn deines
Lebens in Bria gefunden, dachte Emma. Und nun hast du auch sie verloren.
An jenem
denkwürdigen Tag am Strand, als sie ihn in den Armen gehalten hatte, war ihr
nichts eingefallen, was sie ihm zum Trost hätte sagen können. Deshalb hatte sie
ihn nur stumm an sich gedrückt. Doch jetzt ...
»Mr.
McKenna?« Er drehte den Kopf und blickte zu ihr auf, doch sie konnte seine
Gedanken nicht erraten. Sie hoffte inbrünstig, daß er nicht in ihrem Gesicht
wie in einem aufgeschlagenen Buch las. »Es gibt etwas, das ich Ihnen schon seit
einiger Zeit sagen will. Und da ich nicht weiß, ob sich mir dazu eine andere
Gelegenheit bieten wird ...« Sie räusperte sich. »Sie sollten wissen, ganz
gleich, was für den Rest meines Lebens geschieht ..., ich weiß, ich werde ein
anderer, ein besserer Mensch sein, weil ich Ihre Frau kennenlernen
durfte. Durch Bria habe ich begriffen, was es heißt, eine Freundin zu sein und
eine Freundin zu haben ...« Sie dachte nach und fügte dann etwas leiser hinzu:
»Und was es bedeutet, ohne Wenn und Aber zu leben und zu lieben.«
Er sah sie
nicht mehr an, doch sein Kehlkopf bewegte sich, als schlucke er schwer. Er
beobachtete Brias Bruder, der mit zwei Krügen Bier in einer Hand und Schnüren
mit Chourice in der anderen aus dem Zelt kam. Der Priester blieb stehen
und sprach mit einem Mann in einem zerknitterten Leinenanzug, der einen
Strohhut trug.
Was Emma
als nächstes sagte, hatte sie nicht geplant. Es entfuhr ihr einfach, bevor sie
es verhindern konnte. »Manchmal ... manchmal denke ich, ich sollte Mr. Alcott
nicht heiraten, denn ich bezweifle, daß er und ich jemals das erreichen können,
was Sie und Bria verwirklicht haben.«
Es verging ein Moment, in dem
sie dachte, er werde darauf nichts erwidern.
»Eine Ehe
wird nicht mit dem Heiratsantrag gemacht«, sagte er schließlich. »Sie entsteht
dadurch, daß man jeden Tag aufs neue zusammenlebt. Dazu gehören wunderbare
Tage, an denen man zum Beispiel sieht, wie die geliebte Frau das Erstgeborene
an die Brust legt. Aber es gibt auch Tage, an denen man dem störrischen Esel,
den man geheiratet hat, lieber einen Tritt geben möchte, als ruhig und geduldig
zu bleiben.« Er lächelte sie plötzlich und überraschend offen an. »Und ganz
einfache Tage wie heute, wenn man sich zusammen ein Baseballspiel ansieht und
nicht weiß, ob es anfängt zu regnen und man naß sein wird, bevor der redselige
Dummkopf von einem Schwager mit dem Bier zurückkommt.«
Sie erwiderte sein Lächeln,
doch sie wollte ihm sagen, daß sie bereits wußte, solche Tage würde sie mit
Geoffrey und vielleicht ihren Kindern niemals erleben.
Vielleicht las er ihre Gedanken
in ihrem Gesicht, denn er lachte leise. »Ihr
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