Penelope Williamson
es sogar so.
Sie zog
die Knie an und schlang die Arme um ihre Beine. Sie schloß die Augen und preßte
den Kopf an die Knie und rollte sich zusammen. Doch ihr Herz schlug schnell und
angstvoll. Sie war wie eine vor dem Wind liegende Schaluppe, die auf einem
weiten Meer dahinjagte, ohne daß die Küste in Sicht gewesen wäre, ohne
Hoffnung, daß jemals Land auftauchen werde.
Emma
segelte in eine Welt der unbegrenzten Möglichkeiten.
Sechsundzwanzigstes Kapitel
Die Sterne
verblaßten und verschwanden, und obwohl die Sonne noch nicht aufgegangen war,
brach ein neuer Tag an.
Shay genoß
den frühen Morgen, während er das Boot für einen Tag auf der Bucht
vorbereitete. Er hatte die Eimer mit Ködern gefüllt, und unten in der kleinen
Kombüse stand eine Kanne mit frisch gebrühtem Kaffee. Er hatte die
Steuerbordschot am Klüver verknotet und griff gerade nach der Leine, um
abzulegen, als er hörte, wie der Bootssteg knarrte und schwankte. Vor ihm auf
den grauen verwitterten Bohlen tauchten zwei elegante braune, geknöpfte
Glacéstiefeletten auf.
»Miss Tremayne ...«, brummte
er. »Wäre es eine zu große Mühe für Sie, mir zu sagen, was Sie zum Teufel hier
suchen?«
Emma kam
noch einen Schritt näher und blickte unter dem Rand eines ihrer vielen entzückenden
kleinen Hüte auf ihn hinunter. Diesmal war der Hut aus dunkelblauem Stroh und
mit einer Reiherfeder besetzt, die beschwingt himmelwärts wies. »Ich bin gekommen,
um den Tag mit dir zu verbringen.«
»Dhia! Den Tag ... hat sie gesagt.« Er blickte sich prüfend um,
doch zu dieser frühen Morgenstunde waren nur die Fischadler und Möwen da, um
sie zu beobachten. »Was hast du dir dabei gedacht, mein Kind?«
Ihr Kinn hob sich trotzig, und
die Augen verengten sich. »Sag nicht Kind zu mir.«
Er sah sie mit dem Blick an,
mit dem er Noreen bedachte, wenn sie schwierig war. »Und ich nehme an, dein
kleiner schwarzer Wagen steht vor meinem Haus, damit alle Welt erfährt, daß
Miss Emma Tremayne einen irischen Geliebten hat.«
Ihr Kinn hob sich noch höher.
»Natürlich nicht! Ich bin zu Fuß gekommen.«
»Großartig.
Ich nehme an, du bist mitten über die Hope Street gegangen.«
Er streckte ihr die Hand
entgegen, damit sie an Bord kommen konnte, bevor jemand sie in dieser Frühe
unbekümmert auf seinem Bootssteg stehen sah.
Sein großes
breites Boot war mit einem Netz ausgestattet, das zusammengerollt in zwei
Bottichen lag. Außerdem hatte er Hummerreusen, Angelleinen und Köder für
Klippenbarsche und Schellfisch an Bord. Er wusch das Deck jeden Abend, doch es
stank trotzdem nach Fisch und gehörte kaum in die Welt ihrer eleganten kleinen
Schaluppe.
Das Boot
schaukelte auf den Wellen, aber Emma stand, wie immer, wenn sie sich auf dem
Wasser befand, mit sportlicher Anmut an Deck. Seine Hand lag leicht auf ihrem
Rücken, um sie zu stützen, aber er ließ sie noch einen Augenblick länger dort.
Sein Mund näherte sich ihrem Ohr, aber nur, damit er in den Genuß kam, ihr Haar
zu riechen.
»Vielleicht solltest du nach
unten gehen, bis wir aus dem Hafen heraus sind«, schlug er mit belegter Stimme
vor.
Emma drehte
den Kopf, damit sie in den Genuß kommen konnte, seine Lippen auf ihrer Wange zu
spüren. Dann lächelte sie ihn mit ihren dunklen Augen an und verschwand
offenbar zufrieden nach unten. Und sie kann sehr wohl, dachte er mit gemischten
Gefühlen, mit sich zufrieden sein, denn sie hat gerade ihren verflucht
gefährlichen Willen durchgesetzt.
An einem
Septembermorgen konnte das Wasser im Hafen von Bristol so glatt wie in einem
Teich sein. Shay setzte die Segel, und sie trieben eine Weile dahin, bevor sie
sich endlich blähten.
Die Sonne
ging wie ein Feuerball auf und riß rote Schlitze in das nickelgraue Meer. Shay
mühte sich mit der Klüverschot ab, die in den Wind luvte, als sie heraufkam.
Emma trug seine kurze Matrosenjacke und seinen Schlapphut – vermutlich Miss
Emma Tremaynes Vorstellung von Verkleidung.
Hm ...
Und vielleicht gab es ja tatsächlich auf einem anderen Planeten ein Augenpaar,
das sie so für einen Fischer aus Bristol hält, dachte er kopfschüttelnd.
Wie auch immer, die Essenz des
Damenhaften umgab sie wie eine Wolke von Parfüm.
Emma
blickte sich nachdenklich um. Sie orientierte sich und prüfte, auf welchem Kurs
sie sich befanden. Dann sah sie ihn an, und er entdeckte in ihren Augen beinahe
so etwas wie Verzweiflung. »Bring mich nicht nach Hause.«
Er
runzelte die Stirn, denn genau das hatte er vorgehabt. Er wollte
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