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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wagnis des Herzens
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Unerfahrenheit zurückzuführen sind, keine Ansprüche
geltend zu machen.«
    Ein heftig
Seufzer entrang sich der Brust der Frau. »Ah! Nachlässigkeit, sagen Sie! War
es wirklich Nachlässigkeit, die ihn auf dem schmierigen Boden, der in all den
Jahren, seit Sie Besitzer dieser Spinnerei sind, bestimmt noch nie geputzt
worden ist, den Halt verlieren ließ? War es leichtsinnig von ihm, Stunde um
Stunde ohne Pause und ohne Hoffnung darauf, sich ausruhen zu können, Ihre
Garnrollen zu schleppen, bis seine armen kleinen Beine so erschöpft waren, daß
sie ihn nicht länger aufrecht halten konnten? Vielleicht war es leichtsinnig
von ihm, sein kurzes Leben lang für einen Hungerlohn als Ihr Sklave zu
schuften, um Euch reiches vornehmes Volk noch reicher zu machen, und dann zu
sterben!« Zu Emmas Entsetzen richtete sich der Blick der Frau plötzlich auf
sie. »A mhuire. Sehen Sie sich Ihre feine Dame an, die dort auf dem
hübschen Pferd sitzt. Sie trägt die feinen Sachen, die aus dem Elend und dem
Tod armer kleiner Kinder gewirkt werden, ohne auch nur einen Gedanken daran zu
verschwenden!«
    In den
Augen der Frau, in ihrem ganzen Gesicht lag nichts als Schmerz. Emma senkte
betroffen den Kopf und sah, daß von dem klebrigen Fuchsschweif Blut auf die
glänzende schwarze Spitze ihres Reitstiefels tropfte.
    Die
anderen Reiter der Jagdgesellschaft drängten sich neben dem Walkiefer vor dem
Tor. Sie konnten die Frau nicht ignorieren und einfach weiterreiten. Sie wußten
aber auch nicht, wie sie mit diesem unerfreulichen Zwischenfall umgehen
sollten, der plötzlich ihren vergnüglichen Tag störte. Niemand bewegte sich,
keiner sagte etwas. Sie alle schienen nur darauf zu warten, daß die Frau
verschwand und das tote Kind mit sich nahm.
    Doch diese
stumme Gleichgültigkeit beeindruckte die Frau nicht. Es schien sie eher noch zu
bestärken. Stolz hob sie den Kopf. In ihren Augen glänzten Tränen, aber
zugleich leuchtete in ihnen auch ein inneres Feuer.
    »Er hieß
Padraic«, sagte sie, »falls das jemand von Ihnen wissen möchte.«
    Langsam drehte sie sich um und
ging davon. Sie schwankte unter der Last, und dann stolperte sie, aber sie
stürzte nicht.
    »Schlechtes
Benehmen, ein totes Kind zur Fuchsjagd zu bringen«, sagte Aloysius Carter,
nachdem sie an der nächsten Wegbiegung ihren Blicken entschwunden war. Sein
dicker Bauch wackelte leicht, als er sich im Sattel zur Seite beugte und das
glänzende Messinghorn sorgsam in die Lederhülle schob.
    Stuart Alcott brach in lautes
Gelächter aus. »Richtig, bitte jedesmal nur eine Leiche.«
    »Wie kannst du so etwas sagen,
Stuart!« Sein Bruder schüttelte mißbilligend den Kopf.
    Emma setzte
die Stute in Trab und ritt durch das Tor auf den Vorplatz. Sie schob den Fuß
aus dem Steigbügel und sprang aus dem Sattel, ohne, wie es sich gehörte,
abzuwarten, bis ein hilfreicher Männerarm sie dabei stützte. Sie fror
fürchterlich. Sie mußte so schnell wie möglich ins Haus und an ein Feuer, um
sich zu wärmen. Sie hatte das Gefühl, nie mehr wieder richtig warm werden zu
können.
    Nur die ein
Leben lang verinnerlichte strenge Disziplin sorgte dafür, daß sie nicht über den Platz stürmte. Trotzdem ging sie
so schnell, daß sie den Rock ihres Reitkostüms weit über die Fußknöchel heben
mußte.
    »Miss
Tremayne!«
    Ihre Name,
von der rauhen, heiseren Stimme des Mannes ausgesprochen, überraschte sie so
sehr, daß sie beinahe gestolpert wäre, als sie sich schnell umwandte. Es
verschlug ihr den Atem, als sie sah, was er in der Hand hielt. Als wollte er
ihr ein Geschenk überreichen, so wie die Frau Geoffrey das tote Kind entgegengehalten
hatte.
    Dabei sah
er sie mit ausdruckslosem Gesicht an. Nur die Augen leuchteten in demselben
überraschenden Grün wie schon zuvor bei der ersten Begegnung. Emma war die
bewundernden Blicke der Männer gewöhnt, doch was in den Augen dieses Mannes
lag, hatte sie noch nie gesehen.
    Sie fror inzwischen so sehr,
daß sie anfing zu zittern. Sie mußte die Zähne fest zusammenbeißen.
    »Sie haben die Trophäe
vergessen«, sagte er. Sein Lächeln war bissig, eigentlich überhaupt kein
Lächeln. »Und das nach all der Mühe, die Sie hatten, um sie zu bekommen.«
    Sie
schüttelte abwehrend den Kopf, und ein leises Stöhnen kam unfreiwillig über
ihre Lippen. Sie hatte Geoffrey dazu bringen wollen, das schreckliche Ding an
sich zu nehmen oder wegzuwerfen. Aber sie hatte nicht gewagt, es ihm zu sagen,
denn ... denn in ihrer Welt konnte man diese Ehre, die

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