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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wagnis des Herzens
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von Grund auf haßt. Und
ich weiß, alle meine Kinder haben mich gehaßt. Dein Vater hat uns verlassen,
weil er so viel Haß in seiner Familie einfach nicht mehr ertragen konnte.«
    Emma
berührte mit zitternder Hand ihre Wange.
    »Mama ...,
bitte hör auf, dich selbst zu belügen. Und versuch nicht länger, uns zu
belügen. Die Sache mit Willie hat Papa aus dem Haus getrieben, und das ... was
wir getan haben.«
    Bethel
hielt sich beide Ohren zu.
    »Sei
still! Ich kann es nicht ertragen, wenn du von dieser Sache sprichst. Das weißt
du ganz genau. Wenn du seinen Namen aussprichst, ist das wie ein Messerstich
mitten ins Herz. Und ich wiederhole: Wir haben nichts getan. Nichts! Willie
war schuld. Er hat Schande über sich und Schande über die Familie gebracht.«
    Sie packte
ihre Tochter an beiden Armen und schüttelte sie.
    »Sieh mich
nicht so an! Untersteh dich! Du glaubst, ich leide nicht unter seinem Tod. Aber
du irrst dich. Ich weine mich jeden Abend in den Schlaf, wenn ich an meinen
armen kleinen Jungen denke und an das, was ich verloren habe.«
    Emmas Gesicht war blaß, nur die
Fingerabdrücke von der Ohrfeige glühten rot.
    »Ich denke
auch an ihn«, murmelte sie gequält. »Ich denke daran, was wir an jenem Abend
getan haben, wie wir ihn verraten haben, und ich kann es kaum ertragen. Wenn man
nicht mehr Mut haben müßte zu sterben, als zu leben, dann denke ich manchmal
...«
    Sie schwieg, aber der nicht
beendete Satz lag unheilvoll in der Luft. Vorwürfe und Beschuldigungen lasteten
ebenso schwer auf ihnen wie das dunkle Geheimnis, das sie beide teilten.
    Bethel rang sichtlich um
Fassung. Sie hatte sich gehenlassen, und das widersprach ihren Grundsätzen.
    Es müssen die Anspannungen der
bevorstehenden Hochzeit sein, dachte Bethel und biß sich auf die Lippen. Sie
haben dazu geführt, daß die Erinnerungen an die schreckliche Nacht plötzlich
wieder aufleben ... Sie sprachen selten davon. Seit Jahren hatten sie diese
Sache nicht mehr erwähnt.
    Und das hatte man davon, wenn man Dinge, die besser in der
Dunkelheit des Schweigens belassen wurden, laut aussprach. »Wir wollen nicht
mehr darüber reden«, erklärte Bethel schließlich energisch.
    Emma
blickte sie mit ihren rätselhaften Augen an, in denen ihre Mutter nie etwas
lesen konnte, und murmelte: »Ja, Mama.« Bethel seufzte. So machte man das in
ihrer Welt, so beseitigte man unlösbare Probleme. Dieses Wissen tröstete
Bethel. So sollte es auch sein. Man ignorierte das Unerfreuliche und wandte
sich von allem Lästigen ab. Auf diese Weise konnte man weiterleben, als sei
nichts geschehen.
    »Wir werden nie wieder darüber
sprechen«, wiederholte sie. »Ja, Mama.«
    Bethel
blickte umständlich auf ihre Uhr, die sie an einer Kette um den Hals trug. »Um
Himmels willen! Weißt du, wie spät es ist? Wir erwarten Gäste, und du siehst
aus, als seist du im Wald bei den Wilden groß geworden. So geht das nicht,
Emma! Du wirst auf der Stelle ins Haus gehen und dich umziehen. Ich finde, das
hellbeige Samtkleid ist zum Tee das richtige.«
    Emma stand auf. Bethel konnte
den stummen Stoßseufzer ihrer Tochter sehen.
    »Ja, Mama«, erwiderte sie, aber
anstatt zu gehorchen, ging sie zu dem großen Specksteinbecken an der anderen
Seite und betätigte den Pumpelschwengel.
    »Ich habe sofort gesagt, Emma.«
    Die Pumpe quietschte, und Wasser platschte in das Becken.
    »Ja, Mama. Ich muß nur meine
Arbeit in ein feuchtes Tuch hüllen, sonst trocknet der Ton zu schnell.«
    Gegen
ihren Willen richtete sich Bethels Blick wieder auf die Statue ... auf den
nackten Mann. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Nein, so etwas würde sie
auf keinen Fall in ihrem Haus dulden. Bethel beschloß, am Abend, wenn Emma im
Bett lag, in die Orangerie zu gehen und das abscheuliche Ding mit einem der
kleinen
    Fäustel in so viele Stücke zu
schlagen, daß ihre Tochter es nicht wieder zusammensetzen konnte.
    Bethel war mit dem Geruch von stechendem Schweiß auf der Haut
aufgewachsen. Das war an einem gottverlassenen Ort in Georgia gewesen, wo die
Sonne unbarmherzig am knochenbleichen Himmel glühte und es weit und breit nur
roten Staub und gelbe Baumwolle gab. Sie lebten in einer Hütte mit zwei Zimmern
und einer wakkeligen Veranda davor.
    Bei
Ausbruch des Kriegs wurden alle Männer eingezogen. Dann nahm ihnen der Krieg
auch noch das Maultier, das den Pflug zog. Damals hielt Bethels Mutter ihr
einen Blechteller vor das Gesicht und sagte: »Du bist hübscher als der junge
Frühling, Kleines. Du

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