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Pension der Sehnsucht

Pension der Sehnsucht

Titel: Pension der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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möchte, ist ganz einfach. Sie kennen das Personal, die Gäste, die Lieferanten und so weiter. Während dieser Übergangsperiode brauche ich Ihre Unterstützung. Ich möchte von Ihrer Erfahrung profitieren.«
    »Na schön, Mr. Reynolds.« Nelly entspannte sich wieder, als sie merkte, dass ihr Gespräch sich nun auf beruflicher Ebene weiterbewegte. »Aber machen Sie sich darauf gefasst, dass Sie in allem, was darauf hinausläuft, den Charakter des Hauses zu verändern, von mir keine Hilfe erwarten dürfen. Ich sage Ihnen ganz offen, dass ich dann alles tun werde, um Ihnen Sand ins Getriebe zu werfen.«
    »Worauf Sie sich bestimmt sehr gut verstehen«, entgegnete Percy fröhlich. Nelly wusste nicht, ob sein Lächeln gekünstelt oder echt war. »Und jetzt, da wir beide unsere Standpunkte klargelegt haben, Miss Clark, möchte ich mir gern das Hotel ansehen und mir einen Überblick verschaffen, wie der Betrieb läuft. Ich nehme an, dass zwei Wochen genügen, um mich gründlich zu informieren.«
    »In zwei Wochen sind Sie ebenso schlau wie vorher«, schleuderte sie ihm entgegen. »Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, dass vierzehn Tage genügen, um all das zu verstehen, was ich Ihnen vorhin zu erklären versuchte.«
    »Ich begreife schnell, und ich bin ein Mann von raschen Entschlüssen«, erwiderte er. Er lächelte und blickte sie prüfend an. »Wenn mir etwas gehört, dann weiß ich auch, was ich damit anfangen will.« Sein Lächeln wurde breiter, als sie die Stirn runzelte. Dann erhob er sich. »Wenn Sie wollen, dass das Hotel so bleibt, wie es ist, dann behalten Sie Ihren Posten als Managerin und sorgen dafür, dass der Gewinn stimmt.« Er nahm ihren Arm und zog sie vom Stuhl hoch. »Lassen Sie uns jetzt einen Rundgang machen.«
    Freundlich wie ein Regentag führte Nelly Percy durch das Erdgeschoss und beschrieb ihm in allen Einzelheiten Vorratsräume und Wäscheschränke. Die ganze Zeit über hielt er ihren Arm fest, als befürchte er, dass sie fortlief.
    Der ständige körperliche Kontakt verwirrte sie, und sie atmete den herb-männlichen Duft seines Rasierwassers ein. Percy bewegte sich völlig ungezwungen. Trotzdem spürte sie seine Kraft und Energie. Seine Stimme klang tief und melodisch, und manchmal ertappte Nelly sich dabei, dass sie mehr auf den Tonfall achtete als auf das, was er sagte. Wütend auf sich, antwortete sie ihm noch frostiger als zuvor.
    Wenn Percy doch nur klein und glatzköpfig wäre oder einen dicken Bauch und ein Doppelkinn hätte. Aber ein Mann, der so gut aussah wie er, befand sich im Streitfall einer Frau gegenüber immer im Vorteil.
    »Wo sind Sie eigentlich mit Ihren Gedanken, Miss Clark?«
    »Was?«
    Sie gab sich einen Ruck und blickte zu ihm hoch. Im Stillen verwünschte sie ihn, weil er so dunkle, faszinierende Augen hatte. »Ich überlege gerade, ob es nicht Zeit fürs Mittagessen wäre.« Sie beglückwünschte sich zu ihrer Geistesgegenwart.
    »Von mir aus gern, ich habe Hunger.« Er ließ sich von ihr in den Speisesaal führen.
    Der große Raum war in rustikalem Stil eingerichtet. Die Holzbalken der Decke hatten Altersrisse, und die Tapeten waren ein wenig verblichen. Doch der Saal besaß eine gemütliche Atmosphäre. Lampenschirme aus gelbem Glas verbreiteten abends ein anheimelndes Licht, und wo Platz war, standen ausgesuchte Antiquitäten oder Gegenstände aus schwerem alten Silber.
    Die Kaminwand bestand aus einem Gestein, das in der Gegend abgebaut wurde. Schürhaken und Schaufeln aus Messing zierten die leere Feuerstelle. Die Tische waren so angeordnet, dass sich die Gäste miteinander unterhalten konnten. Für die Besucher, die sich gern ein wenig abseits hielten, gab es eigens ruhigere Plätze. Aus dem Raum drangen Stimmenlärm und das Klappern der Bestecke. Der Duft frisch gebackenen Brotes wehte Nelly und Percy entgegen. Auf der Schwelle blieb er mit einem prüfenden Blick stehen. Jede Einzelheit erregte sein Interesse, und schweigend schaute er sich so lange um, als wolle er später aus dem Gedächtnis eine Skizze machen.
    »Sehr hübsch«, stellte er dann nüchtern fest.
    Ein kräftiger, wohlbeleibter Mann näherte sich ihnen. Theatralisch hob er den Kopf. »Wohlan denn, spielt auf, wenn Musik die Nahrung der Liebe ist«, rezitierte er.
    »Gebt mir ein Übermaß davon, damit der Hunger mir vergehe und so schnell nicht wiederkehre«, erwiderte Nelly schlagfertig und strahlte ihn an.
    Der Mann schmunzelte über Nellys Antwort und trabte trotz seines Übergewichts

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