People Always Leave
anderen Seite war er verwirrt. Wieso zeichnet er denn mich?
„Wow“, staunte er. Alexander erschrak und hielt panisch seine Hände vor das Bild.
„Nein, nein“, lächelte Nathan sanft und nahm neben ihm Platz. „Das sieht wirklich gut aus. Hast du das ganz allein gemalt?“ Er bekam keine Antwort. Stattdessen warf Alexander ihm nur einen flüchtigen Blick zu.
„Was ist?“, wollte Nathan freundlich wissen. „Darf ich es noch einmal sehen?“ Er versuchte nach dem Bild zu greifen, doch Alexander drückte es schlagartig gegen seine Brust, sah ihn völlig verstört an und suchte dann abrupt das Weite. Total zerstreut blickte Nathan ihm nach, bevor er lautlos auflachte. Er schüttelte den Kopf und stand auf.
„Wie ich schon sagte“, nuschelte er strapaziert, „nur Verrückte.“ Gerade als er aus dem Raum gehen wollte, rief jemand seinen Namen. Die Stimme kam ihm bekannt vor. Etwas durcheinander schaute er sich um, doch er erkannte nur Patienten.
„Hier bin ich“, rief die Stimme freundlich.
„Was? Wer? Wo?“, stutzte Nathan leise und drehte sich suchend im Kreis.
„Hier“, winkte Dean ihn zu sich.
Urplötzlich verspürte Nathan ein leichtes Kribbeln in seinem Bauch. „Dean“, wisperte er.
Dean, der gerade dabei war, einen seiner Patienten zu füttern, musterte ihn mit diesem verlockenden Grinsen. Nathan war froh, dass er anwesend war. Endlich mal kein Verrückter, dachte er und ging zu ihm.
„Hey“, grüßte er leicht verlegen.
„Na, Nathan. Wie geht es dir?“ Mühevoll versuchte er einen Löffel mit Suppe in den Mund der Frau zu bekommen.
„Gut“, murmelte er und sah auf die Patientin. Irgendwie kam sie ihm bekannt vor. „Wieso isst sie denn nicht allein?“
Dean legte den Löffel zur Seite, stand auf und streckte sich kurz. Dass sich dabei sein weißes Shirt nach oben schob und ein Stück seines Bauches zu sehen war, bemerkte er nicht. Nur Nathan – es machte ihn total verlegen.
„Das ist Bärbel“, meinte Dean.
Nathan erinnerte sich an sie. Jennifer hatte von ihr erzählt.
„Die Bärbel, die von den Außerirdischen entführt worden ist?“, stichelte er. Böse sah Bärbel zu ihm auf.
„Genau die“, bestätige Dean mit gedämpfter Stimme. Nathan musste sich ein Schmunzeln verkneifen und wandte sich um.
„Ich komme gleich wieder“, sagte Dean zu Bärbel. „Nicht weglaufen, ja?“
Bärbel antwortete nicht, sondern saß einfach nur regungslos da.
„Was hat sie?“, wollte Nathan neugierig wissen.
„Lass uns ein Stückchen gehen“, gab Dean fordernd zurück.
„Klar, immer doch.“
„Sie steht unter dem Einfluss von Medikamenten“, erklärte Dean und blieb einige Meter entfernt wieder stehen.
„Wieso?“
„Wie du schon sagtest.“
„Hä?“
„Bärbel leidet unter Wahnvorstellungen.“
„Das habe ich schon mitbekommen.“
„Und wenn wir ihr am Morgen keine Medikamente verabreichen, dann dreht die durch.“
„Die?“
„Sie“, korrigierte Dean sich rasch. „Ich meinte sie – sie dreht dann durch.“
„Und du musst sie füttern, ja?“
„Wenn ich es nicht mache, dann macht es jemand anderes.“
„Verstehe“, schmunzelte Nathan.
„Ich finde das nicht lustig“, warf Dean ein.
Vorbei war es mit Nathans einigermaßen guter Laune. „Entschuldige“, brummte er und blickte verlegen zu Boden.
„Und?“, sagte Dean nach kurzer Betrachtung.
„Hm?“
„Wie geht es dir heute?“
Über sein Wohlbefinden wollte er nun wirklich nicht reden. Stattdessen sagte er: „Alexander.“
„Alexander?“, sinnierte Dean.
„Er saß vorhin hier und hat ein Bild gezeichnet.“
Dean rollte mit den Augen und fragte sich, wieso Nathan sich nach Alexander erkundigte. „Ja, der …“, flüsterte er angestrengt.
„Was?“, fragte Nathan konfus.
„Alexander ist Autist.“
„Ja, das weiß ich … glaube ich zumindest. Jennifer hat es mir erzählt. Wieso eigentlich?“
Nun musste Dean grienen.
„Wieso grinst du?“
„Das wäre genau das Gleiche, als ob ich dich jetzt fragen würde wieso.“
„Wieso?“
„Wieso du dir dein Leben nehmen wolltest oder immer noch willst?“, fragte er mit hochgezogener Augenbraue.
Nathan ging nicht darauf ein – wozu auch? Es hatte doch sowieso keinen Sinn.
„Okay“, meinte Dean. Er musste einfach das Thema wechseln und klatschte auf einmal in seine Hände. „Hast du Hunger?“
„Irgendwie schon“, gestand Nathan.
„Gut … dann werde ich dir etwas holen. Was möchtest du denn
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