People Always Leave
alles“, versprach ich.
„Gut. Das sollte dann für heute auch reichen. Wir sehen uns morgen wieder.“ Sie begleitete mich zur Tür. „Morgen um die gleiche Zeit?“, fragte sie.
Mit einem gespielten Lächeln verabschiedete ich mich und ging davon. Und kaum war ich um die Ecke, konnte ich nicht anders. Das Gebrüll, das mit einem Satz aus mir schoss, konnte wohl jeder hören, doch ich konnte es einfach nicht zurückhalten. Es ging einfach nicht. Später erzählte ich Jan davon, und auch er musste sich einen ablachen. Als mich der Cos am Abend besuchte, fragte er mich natürlich, wie es denn gewesen sei. Offenherzig musste ich Dampf ablassen und beschwerte mich.
„Bin ich behindert?!“, wütete ich. „Ich bin doch nicht behindert. Mandalas ausmalen ist ja auch die Herausforderung!“
Verstehen konnte er mich natürlich nicht. „Ihr Langzeit-EKG war so weit ganz in Ordnung. Morgen früh kommen Sie bitte ins Erdgeschoss zum Belastungs-EKG. Ich lasse Ihre Akte vorne am Empfang und sie nehmen sie dann bitte mit.“
„Ja, ist gut.“
„Dann … bis morgen“, grübelte er und verschwand.
Am nächsten Morgen ging ich dann zum Belastungs-EKG, und es war im wahrsten Sinne des Wortes belastend. Kaum saß ich auf diesem Fahrrad, lag mein Puls schon bei hundertacht. Dabei hatte ich noch nicht einmal begonnen zu strampeln. Vier Ärzte saßen neben mir und beobachteten die Kurven auf dem Monitor. Auch Cos war anwesend.
„Dann fang mal an“, befahl diese Brünette frech. Ich kam der Aufforderung nach und strampelte um mein Leben. Das Piepen wurde immer schneller, und das Treten immer schwerer.
„Ja, sehr gut“, hörte ich andauernd. „Weiter so, ja!“
Wie mich das anpisste. Nach knapp fünfzehn Minuten konnte ich nicht mehr, dennoch sollte ich weiterfahren. „Los! Das schaffst du noch!“
Lang hielt ich es aber nicht mehr durch und stoppte. „Langsam weitermachen!“, warnte die Ärztin mich unfreundlich. Mit einem kurzen Blick zum Monitor machte ich große Augen. Mein Puls lag bei hundertzweiundneunzig. Betablocker hatte ich ja zuvor nicht einnehmen dürfen. Später, als ich auf dem Rückweg in mein Zimmer war, nahm ich eine, denn mein Puls blieb konstant auf über einhundert.
Am Nachmittag durfte ich wieder zu der netten Frau Archim. Als Erstes mäkelte sie wegen meiner Beschwerde. Doch dann lächelte sie wieder und fragte mich weiter aus. Viele Informationen gab ich ihr allerdings nicht.
So gegen Abend, als ich auf der Terrasse saß und gemütlich eine rauchte, gesellte sich plötzlich Cos dazu.
„Nathan“, sagte er.
„Ja?“
„Ein Mensch, wie du es bist, ist mir zuvor noch nie begegnet.“
Wäre ja auch eine Schande, wenn es mich zweimal geben würde. „Aha.“
„Ich meine, deine Blutwerte sind völlig in Ordnung. Alle bisher durchgeführten Untersuchungen ebenfalls. Dennoch schlägt dein gesundes Herz ziemlich schnell. Weißt du, an was mich das erinnert oder was ich daraus schließe?“
„Ich nehme an, dass Sie es mir gleich sagen werden.“
„Schizophrenie“, tönte es mit einem Mal aus ihm.
„Halluzinationen? Stimmen hören?“, witzelte ich und schüttelte den Kopf.
„Es gibt eine Menge Varianten der Schizophrenie“, erklärte er. „Ich habe hier ein paar Broschüren, die ich dir gerne dalassen würde. Du kannst ja mal reingucken und mir morgen sagen, was du davon hältst.“
„Klar, sicher“, gab ich mit einem Blick auf die Flyer vor mir zurück.
„Die Einrichtung ist auch gleich nebenan. Du kannst es dir also in Ruhe überlegen“, endete er und verschwand wieder.
Ts, Spinner, fluchte ich und rauchte gleich noch eine.
Ungewollt begann Nathan zu gähnen.
„Bist du müde?“, wollte Dean wissen.
„Ja, ein wenig.“
„Dann lass uns schlafen gehen. Du kannst mir den Rest ja morgen erzählen.“
„Dean?“
„Ja?“
„Ich hab dich irgendwie lieb“, flüsterte Nathan und kuschelte sich wohlig an ihn.
„Nur irgendwie?“, hakte Dean nach.
„Besser als gar nichts“, gab Nathan frech zurück.
„Ich mag dich auch, Kleiner … ich dich auch“, hauchte Dean ihm hoffnungsvoll zu und gab ihm einen kurzen Kuss auf den Kopf.
Mit einem Lächeln auf seinen Lippen schlief Nathan behaglich ein.
14. KAPITEL
R elaxed lag Dean zusammen mit Nathan unter der Decke und schlief, bis sich ein Kribbeln durch seine Nase zog. Er runzelte sie und nieste so laut, dass er davon wach wurde. Müde blickte er auf die Wanduhr, die er im Schlaftaumel nur
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