Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
und die Anspannung erlebt hatte, die am Vorabend großer Spiele immer stärker wurden. Deshalb wusste er, wie wichtig es für die Spieler war, sich zu entspannen. Wenn die Anwesenheit ihrer Lieben ihnen half, mit dieser Anspannung fertigzuwerden, und sie sogar ablenkte, hieß das, dass sie in der Nacht vor dem Spiel besser schlafen würden. Der Grad des Einfühlungsvermögens für diejenigen, die unter seiner Leitung stehen, entwickelte sich zu einem weiteren dieser Details, für die ihm seine Spieler dankbar sind.
Als in Peps Hotelzimmer schließlich das Licht erlosch, ging im Olympiastadion von Rom auch die für den allerletzten möglichen Zeitpunkt angesetzte Generalprobe für die Siegerehrung der Champions League ihrem Ende entgegen.
Tag des Finales. Eine Überraschung vor dem Anstoß
Andrés Iniesta: »Die Minuten unmittelbar vor einem Finale der Champions League sind auch nicht anders als die Minuten vor jedem anderen Spiel. Wirklich. Ich will nicht wie ein Langweiler dastehen und der Fußballwelt auch nichts von ihrem Glanz wegnehmen, aber so ist es nun einmal. Und es ist gut, dass es so ist. Dieselben Gespräche, dieselben Gewohnheiten.«
Ihr Ablaufplan vor dem Endspiel am 27. Mai 2009 in Rom sollte allerdings etwas anders aussehen als sonst.
Zwei Stunden vor dem Spiel trafen die Mannschaften im Stadion ein. Pep überlässt seine Schützlinge in der Regel weitgehend sich selbst und vermeidet es bewusst, die Umkleidekabine der Spieler zu betreten, bis dann der richtige Zeitpunkt gekommen ist und er fünf bis zehn Minuten Aufmerksamkeit für sich beansprucht. Aber an jenem Abend hatte er für die Spieler noch eine Überraschung parat.
Guardiola verfügt über eine enorme emotionale Intelligenz und braucht und will den Rapport mit seinen Spielern. Er kann auf verschiedene Art mit ihnen kommunizieren, erreicht sie mit einem Wort, einer Geste, einem Blick, einer Umarmung. Ein offenes Herz ist mit Anweisungen und Forderungen leichter zu erreichen, auch der Beruf bereitet mehr Freude, wenn die zwischenmenschlichen Beziehungen auf Vertrauen und – ja, warum nicht? – Liebe beruhen.
Die ganze Saison über hatten seine Ansprachen vor den Spielen die Mannschaft auf der emotionalen Ebene erreicht, aber für diesen Anlass hatte er etwas anderes vorbereitet, etwas, das keiner zusätzlichen Worte bedurfte.
Pep Guardiola: »Was ich im Lauf der Jahre gelernt habe: Mir ist bewusst, dass Taktik etwas sehr Wichtiges ist, aber die wirklich großen Trainer sind die Trainer von Menschen, und diese menschliche Qualität macht sie besser als die anderen. Die richtigen Leute auszusuchen, an denen man sich orientieren kann, und ihnen die Autorität in der Mannschaft zu übertragen ist einer der vielen Auswahlprozesse, die ein Trainer bewältigen muss.«
Sir Alex Ferguson: »Ich sehe mir Messi an und sage mir: Nichts wird ihn davon abhalten, einer der ganz Großen zu werden. Wenn er mal 34, 35 Jahre alt sein wird, werden die meisten Verteidiger sagen: ›Gott sei Dank, er ist weg.‹ Wissen Sie, was ich meine? Für mich ist er eine Ausnahmeerscheinung. Ebenso wie Xavi, und auf dieselbe Art würde ich Scholes und Giggs beschreiben. […] Wissen Sie, man sieht, wie Giggs und Scholes trainieren, wie sie ihr Leben in die Hand nehmen, und das ist ein fantastisches Beispiel für andere Leute in der Mannschaft. Ich glaube, ich habe ein paar Spieler, die diesem Beispiel folgen werden, und ich wäre überrascht, wenn zum Beispiel Puyols Verhalten für die Männer in Barcelonas Kabine nicht als eine Art persönliche Motivation dienen würde.«
Vielleicht brauchte Barcelona, wie Sir Alex hier andeutet, keine weitere Motivation als das Gewinnen, und sie wollten das Beste für ihren Trainer geben und sicherstellen, dass sie Puyol oder Xavi nicht enttäuschten. Aber Pep hatte das Gefühl, bei dieser Gelegenheit sei etwas Außergewöhnliches angebracht, um die Mannschaft einzustimmen. Er brachte diesen Plan bereits einige Wochen vor dem Endspiel mit einer SMS an Santi Padró auf den Weg, einen Produzenten des katalanischen Fernsehsenders TV3: »Hallo, Santi. Wir müssen uns treffen. Du musst mir helfen, die Champions League zu gewinnen.«
Als Santi dann einige Tage später lieferte, sah Pep sich das Endergebnis auf seinem Laptop an, und der Film, den der Produzent zusammengestellt hatte, trieb ihm die Tränen in die Augen. Santi war sofort klar, dass er Peps Wunsch ganz genau getroffen hatte. Pep rief Estiarte sofort zu sich und sagte
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