Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
dass Silvinho, der in dieser Saison nur wenige Einsätze gehabt hatte und sein letztes Spiel für Barça absolvieren würde, als linker Verteidiger auflaufen sollte (und Carles Puyol auf der rechten Abwehrseite).
»Ich weiß nicht, ob wir United schlagen, aber ich weiß ganz bestimmt, dass uns kein Team überlegen war, wenn es um Ballbesitz oder um Mut ging. Wir werden versuchen, ihnen die Angst einzuflößen, die man spürt, wenn man ständig angegriffen wird«, sagte Pep am Tag vor dem Endspiel vor Journalisten und übersetzte diese Vorhersage selbst in vier Sprachen. »Ich werde den Spielern sagen, dass sie den besten Eindruck vermitteln sollen, weil die ganze Welt sie im Fernsehen sehen wird. Oh, und ich glaube, dass es regnen wird. Wenn nicht, sollte der Rasen bewässert werden. Das sollte Vorschrift sein, damit ein Spektakel garantiert ist. Wir spielen dieses Spiel schließlich, um den Fans eine Freude zu bereiten.«
Die britische Presse erklärte den Champions-League-Titelverteidiger Manchester United zum klaren Favoriten für die Begegnung in Rom. Fergusons Mannschaft, die sich kurz zuvor den elften Titel in der Premier League geholt hatte, strotzte vor Zuversicht und Glauben an sich selbst, und dieselbe Stimmung herrschte im ganzen Land. Fans und Fußballkenner sagten einhellig voraus, die Roten Teufel würden zu stark sein für die kleinen Katalanen.
In Katalonien war die Stimmung sehr viel mehr von Vorsicht geprägt: Manchester United gebührte großer Respekt.
Guardiola stand unmittelbar vor einem möglichen dritten Titel in seiner unglaublich kurzen Trainerlaufbahn, vor einem historischen Dreifacherfolg – dem ersten in der Geschichte des FC Barcelona –, der größten Leistung eines Trainerneulings in der Fußballgeschichte. »Und wenn ich diesen dritten Titel gewinne, die Champions League, könnte ich nach Hause gehen«, scherzte Pep, »könnte es gut sein lassen und meine Karriere dort beenden.« Er wurde gefragt: »Was würde Sir Alex davon halten?«
»Ich bin mir sicher, er würde denken: ›Sieh an, da geht schon wieder einer, der diesen Beruf vor mir aufgibt.‹«
Wieder im Hotel, nach der letzten Pressekonferenz am Vorabend des Spiels, rief Pep all seine im Hintergrund wirkenden Mitarbeiter zusammen und schenkte ihnen ein wenige Tage zuvor aufgenommenes Foto, auf dem alle gemeinsam zu sehen waren, mit der Widmung: »Danke für alles. Pep.« Die Beschenkten applaudierten, und in dem ganzen Lärm konnte man Guardiola rufen hören: »Ihr seid erstaunlich, genauso gut wie die Spieler seid ihr!«
Auf dem Weg zu seinem Zimmer blieb Pep eine kostbare Minute des Nachdenkens. Er wollte sicherstellen, dass alles nach Plan organisiert worden war. Wie vor jedem Endspiel waren gewaltige Informationsmengen zu verarbeiten und Dinge abzuwägen, die nicht nur mit Taktik zu tun hatten – zum Beispiel die Aufstellung, der Zustand des Rasens, logistische Fragen, ja sogar private und persönliche Angelegenheiten, um die es sich zu kümmern galt. Pep hatte das als Spieler oft erlebt und wusste, wie schnell die Ereignisse über einen hereinbrachen, wenn in der Vorbereitungsphase die Zeit wie im Flug verging. Also begann er mehrere Wochen vor dem Termin damit.
Carlo Mazzone, der in Brescia Guardiolas Trainer gewesen war, hatte vor dem Spiel einen Anruf erhalten. Er dachte zuerst, jemand wolle ihn zum Besten halten. »Carletto, hier spricht Pep … Pep Guardiola. Ich möchte, dass du zum Spiel kommst und den FC Barcelona siehst.« Pep war es wichtig, diejenigen Leute aus der Vergangenheit einzuladen, die ihn auf seinem Weg begleitet hatten, Menschen wie den 72 Jahre alten italienischen Trainer und frühere Mannschaftskollegen aus Brescia, ja sogar aus seiner kurzen Zeit beim AS Rom.
Zu einem späteren Zeitpunkt erfuhr Pep, dass Angel Mur, der inzwischen pensionierte Masseur, der 33 Jahre für den Verein gearbeitet hatte und in Peps aktiver Zeit als Spieler einer seiner Lieblingsbetreuer gewesen war, keine Eintrittskarten hatte, also reiste er als persönlicher Gast des Trainers an.
Alles schien jetzt in Ordnung zu sein, aber am Vorabend des Endspiels, gegen Mitternacht, lag Pep im Bett, starrte an die Decke, versuchte abzuschalten und Schlaf zu finden.
Die Spieler hatten am Abend vor dem Endspiel Besuch von ihren Partnerinnen erhalten – der herkömmlichen Ansicht zum Trotz, dass Spieler durch die Anwesenheit von Ehefrauen oder Freundinnen abgelenkt werden –, weil Pep selbst den außerordentlichen Druck
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