Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
jetzt, es reicht mir.« Die Krise wurde am folgenden Morgen abgewendet, aber Pep wiederholte immer wieder für sich selbst, dass er nicht mehr lange für Barcelona arbeiten werde.
Wenn Pep über Mourinho spricht, ragt plötzlich eine unsichtbare Mauer auf. Seine Nackenmuskeln straffen sich, die Schultern werden hochgezogen, und er sieht dem Gesprächspartner nicht mehr in die Augen. Er fühlt sich bei dieser Art von Unterhaltung sichtlich unwohl, und es wird deutlich, dass er gerne zu einem anderen Thema übergehen würde. Er hat das Gefühl, persönlich angegriffen worden zu sein. Er denkt, dass sein Klub und dessen Werte attackiert und seine Spieler in einen Hinterhalt gelockt wurden. Und er ist sich nicht sicher, warum das geschah. Er versteht einfach nicht, warum es nicht möglich war, die Rivalität ausschließlich auf die sportliche Ebene zu beschränken, auf das Geschehen auf dem Rasen.
Pep mag eines Tages vielleicht imstande sein – und es kann durchaus sehr lange dauern, bis er das so sieht –, diese Clásicos gegen Mourinho rückblickend so zu deuten, dass sie ihn zu einem besseren Trainer gemacht haben, weil sie ihn als Mensch und als Trainer an seine Grenzen gebracht haben.
Alle Trophäen, der Ertrag einer ganzen Saison, standen im Wettkampf gegen den ewigen Rivalen in einem Zeitraum von nur 18 Tagen auf dem Spiel.
Pep musste in dieser Zeit unglaublicher Anspannung, die keine drei Wochen dauerte, für einen täglichen Ablauf, eine Alltagsroutine sorgen, die es ihm und den Spielern ermöglichte, vor und nach diesen Begegnungen jeweils in enger Verbindung zueinander zu stehen und dann wieder loszulassen.
Er hielt an den Vorbereitungsritualen fest, Zeitplan und Training änderten sich nicht, aber er versuchte, den Spielern jeden Clásico als einen neuen Film zu verkaufen. Er verlangte einen Sieg im Punktspiel und gab nach dem Pokalspiel einen Tag frei. Und nach dem Rückschlag für die Moral der Spieler, der sich mit der Niederlage verband, brauchte er für die Champions League eine neue Strategie.
Den ganzen Tag saß er in seinem Büro, dachte nach und tüftelte an der Spielvorbereitung herum. Manel Estiarte sagte zu ihm: »Lass uns rausgehen, wir essen heute nicht hier und gehen woandershin, damit wir nicht den ganzen Tag hier verbringen.« Aber bei diesem Essen außerhalb der Klubgeländes, das unter normalen Umständen eineinhalb Stunden gedauert hätte, sah Estiarte schon nach 40 Minuten, dass Pep mit seinen Gedanken woanders war: Er mochte ihn vielleicht anschauen, hörte aber nicht zu. Also gab Estiarte auf, zahlte, und es ging zum Klubgelände zurück.
Am Tag vor dem Hinspiel im Champions-League-Halbfinale verschaffte José Mourinho Pep unabsichtlich den psychologischen Vorteil, nach dem dieser gesucht hatte.
Mourinho stürmte an jenem Nachmittag wie ein Wirbelwind in den Presseraum des Valdebebas-Trainingsgeländes von Real Madrid.
Seine Miene sagte alles, er strahlte übers ganze Gesicht. Hier kam der Mann, der seine Mannschaft eben erst zum Sieg über den Erzrivalen geführt hatte, er hatte Guardiola eins ausgewischt, und er würde Real am nächsten Tag in das erste Champions-League-Halbfinale seit acht Jahren führen.
Mourinho bezeichnete den katalanischen Gegner bei dieser Pressekonferenz zum ersten Mal seit seinem Dienstantritt in Madrid als »Bar Ç a« – zuvor hatte er es meist bei einem »sie« belassen. Und noch eine Premiere: Er bezog sich direkt auf Guardiola, sprach ihn als Einzelperson an und nannte ihn Pep.
Und dann zog er vom Leder. Jemand befragte ihn zur Nominierung des erfahrenen deutschen Schiedsrichters Wolfgang Stark für dieses Halbfinalspiel. Bevor Starks Name fiel, hatte Guardiola gesagt, Mourinho wäre wohl »überglücklich«, wenn die Wahl auf den Portugiesen Pedro Proen Ç a fiele. Bei der Antwort auf die Schiedsrichterfrage zeigte sich Mourinho jetzt von seiner provokativsten Seite: »Abgesehen von der Nennung des Schiedsrichternamens und vom Druck, den sie ausübten, damit Proen Ç a nicht nominiert wird, ist das Wichtigste jetzt, dass wir in ein neues Zeitalter eingetreten sind. Bisher gab es zwei Gruppen von Trainern: eine sehr kleine Gruppe von Trainern, die sich nicht über Schiedsrichter äußern, und eine große Gruppe, zu der ich selbst gehöre, die Schiedsrichter kritisiert, wenn sie Fehler begangen haben – Leute wie mich, die ihre Frustration nicht zurückhalten, aber eine großartige Schiedsrichterleistung auch gerne anerkennen.«
Und dann
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