Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
Italien, jenes explosive 4:0, mit dem die meisten Debatten schlagartig ein Ende fanden.
Ein interessantes Rätsel sollte sich im Zusammenhang mit der Frage ergeben, was wohl passieren würde, wenn Guardiola die Gelegenheit erhielte, del Bosques Nachfolger zu werden. Als Spieler wurde er einmal gefragt, für welches Nationalteam er sich entscheiden würde, wenn er zwischen Spanien und Katalonien wählen könnte. »Ich spielte für Spanien, weil es damals keine Möglichkeit gab, für Katalonien zu spielen, und weil ich sehr gerne für Spanien antrat und so gut spielte, wie ich konnte, als Profi, der ich war. Mit Begeisterung war ich bei Welt- und Europameisterschaften dabei, und ich wünschte, ich wäre zu mehr Länderspielen gekommen. Aber ich wurde in Katalonien geboren, und wenn es möglich gewesen wäre, wäre ich für Katalonien angetreten. Die Frage beantwortet sich von selbst.« Bekäme er die Gelegenheit, die spanische Nationalmannschaft zu trainieren, würde er das wohl mit derselben Leidenschaft tun, mit der er auch Argentinien oder Katar betreuen würde. Der Unterschied bestünde darin, dass einige der Spieler unter seiner Obhut ebenfalls Katalanen wären oder vom FC Barcelona kommen würden.
Guardiola wurde 2011 von der FIFA zum Welttrainer des Jahres gewählt. »Aber lasst euch von ihm nicht täuschen, er hätte nie gedacht, dass all dies so plötzlich und so schnell eintreten würde«, scherzt sein Freund Estiarte. Als Pep die Trophäe in Empfang nahm, wollte er sie mit den beiden anderen Kandidaten teilen, mit Alex Ferguson und José Mourinho. »Es ist eine Ehre, euer Kollege zu sein«, sagte er. Es war der Tag, an dem Ferguson gefragt wurde, ob Guardiola bei Manchester United sein Nachfolger werden könnte: »Warum? Wenn ich an seiner Stelle wäre, würde ich bei Barcelona bleiben.«
Die Trophäe war eine Anerkennung für die Titel, ließ aber auch eine Frage unbeantwortet: War das, was er in seinem Klub getan hatte, eine Revolution oder eine Evolution? Eine Antwort zu ändern ist eine Evolution. Die Frage neu zu stellen ist eine Revolution. Guardiola fing nicht ganz von vorne an, entwickelte aber den Stil weiter, indem er die Spielidee stärkte und feine und nicht ganz so feine Varianten einführte. Und er tat das inmitten einer Erfolgsphase, was mutig ist. »Er gab der Mannschaft einen Hauch mehr Intensität, Wirkung, Effektivität. Und er setzte eine großartige Spielergeneration außerordentlich gut ein«, fügt Rafael Benítez hinzu.
Aber Guardiola stellte auch die Frage neu, mit einem Anflug von Kühnheit und Vorstellungskraft – keine Sturmspitze mehr, manchmal zwei Verteidiger, keine Hotelaufenthalte vor Spielen, der Umzug auf das neue Trainingsgelände, Training hinter verschlossenen Türen, Anreisen erst am Spieltag, Analysen zur Ernährung der Spieler, Umstellung der Essenszeiten und -orte und vieles andere mehr.
Wie Jorge Valdano sagt: Nie zuvor hatten die Ideen einer einzelnen Person so viel Einfluss beim FC Barcelona. Pep bewegte mehr als Messi, mehr als der Präsident. Die Aufgabe für den katalanischen Klub war immer gewesen, seinen unsystematischen Zugang zum Erfolg in eine Methode umzumünzen, die Kontinuität garantierte. Damit war nicht nur anhaltender Erfolg gemeint – der oft von Dingen abhängen kann, die sich unserer Kontrolle entziehen –, sondern vor allem das vollständige Funktionieren des Klubs.
Und mit Guardiola wurde der Klub stärker. Er verwandelte eine Idee in eine Methode und ein Planungskonzept, immer mit einer flexiblen Sichtweise und immer auf der Grundlage der zentralen Philosophie: »Wenn wir Zweifel haben, greifen wir an, wir holen uns den Ball und greifen an.« Er wusste besser als jeder andere, dass ihm keineswegs alles über den modernen Fußball geläufig war. Also führte er vor, dass es einen Bedarf für eine schlagkräftige Truppe von Spezialisten gibt, die bei der Entschlüsselung des komplizierten Puzzles dieses Spiels mit dem Trainer zusammenarbeiten. Ein weiteres Vermächtnis: die vielen Augenpaare.
Unter Peps Leitung wurde Fußball auch für die Spieler unterhaltsam. Jede Arbeit verliert, sobald sie professionalisiert wird, das Gefühl des Amateurhaften, den Sinn fürs Spielerische und Verspielte, der eigentlich zu jedem Beruf gehören sollte. Peps Fußballer jedoch genossen das Spiel so wie einst als Kinder. Pep erinnerte sie daran, dass der Mensch, der denkt: »Ich gehe jetzt ein paar Stunden trainieren, und das war’s dann«, sehr viel
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