Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
verschiedenen Klubs und Nationalmannschaften, die in den folgenden Monaten auf ihn zukamen, wussten nichts davon.
Aber ab diesem Zeitpunkt hatte er sich entschieden. Die Besucher hatten ihm, um eine gängige Fußballmetapher zu bemühen, den Ball perfekt zum Torschuss aufgelegt. Er musste ihn nur noch verwandeln.
Den Gedanken, Teil einer fußballhistorischen Institution, des FC Bayern München, zu werden, musste man einfach attraktiv finden. Für den Herbst vereinbarte man ein weiteres Treffen zwischen Pep und dem Bayern-Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge, und bei diesem Termin wurde deutlich, dass das Werben des deutschen Klubs um Guardiola erfolgreich gewesen war.
An jenem Nachmittag wurde eine grundsätzliche Übereinstimmung zu einem Vertrag erzielt.
Raúl hatte mehrmals mit Pep gesprochen und ihm dabei die Vorzüge der Bundesliga angepriesen: volle Stadien, eine großartige Atmosphäre und eine spannende Liga. Ein Juwel für alle Menschen, die den Fußball lieben. Aber der FC Bayern war viel mehr als eine Ansammlung von Statistiken, die die Fußball-Geschichtsbücher füllten – bis dahin 22 Meistertitel, 15 Pokalsiege, Sieger in allen drei europäischen Pokalwettbewerben, darunter allein viermaliger Sieger im Europapokal der Landesmeister und in der Champions League. Er war außerdem ein Klub mit einem Profil, das dem des FC Barcelona glich. Beide Klubs sind (weitgehend) im Besitz der Mitglieder, beide verfügen über eine unverwechselbare Identität und eine klar definierte Struktur, und beide investieren viel in ihr Fußballinternat, aus dem neue Spieler für die eigene Mannschaft hervorgehen sollen.
Das Team war sieggewohnt, blieb in Wettbewerben zumindest bis zum Schluss am Ball, und aus diesem Grund war der Klub auch Favorit für den deutschen Meistertitel in der Saison 2012/13, den er sich diesmal, auch das ein neuer Rekord, bereits am siebtletzten Spieltag sicherte. Vor dieser erfolgreichen Saison war die Mannschaft zu den Champions-League-Endspielen 2010 und 2012 mit unterschiedlichen Trainern angetreten: 2010 mit van Gaal und 2012 mit Heynckes, ein Zeichen für die Qualität der Mannschaft, auch wenn beide Endspiele verloren gingen. Van Gaals Bayern unterlagen im Bernabéu-Stadion dem von Mourinho betreuten Team von Inter Mailand mit Diego Milito, und zwei Jahre später musste Heynckes’ Team im eigenen Stadion di Matteos und Drogbas Chelsea den Vortritt lassen.
Bayern München musste damals in der Mannschaft keine drastischen Veränderungen vornehmen, und das war ein weiterer Faktor, der den Klub zu einer attraktiven sportlichen Option machte.
Mit rund 190 000 Mitgliedern ist der FC Bayern einer der Klubs mit den weltweit größten Mitgliedszahlen, selbst wenn man in Betracht zieht, dass er nicht über die finanzielle Schlagkraft verfügt, die Neuverpflichtungen zu solch gewaltigen Transfersummen ermöglicht, wie das bei Paris Saint-Germain, Manchester City oder Chelsea der Fall ist. Die eigene Finanzkraft garantiert dem Klub dennoch eine gesicherte Zukunft. Die Konten sind gut gefüllt, trotz der 340 Millionen Euro, die in den Neubau der Allianz Arena geflossen sind. Er ist deshalb vor den gierigen Vorstößen des neuen Geldes geschützt, das auf raschen, kurzfristigen Erfolg aus ist. So erklärte Rummenigge Pep, wie die Bayern organisiert sind. Und Pep bewunderte diese Organisation dafür, dass sie imstande war, während der Saison die Rekordsumme von 40 Millionen Euro für Javi Martínez auszugeben, und dennoch die wirtschaftliche Unabhängigkeit wahrte. Das ist ein entscheidendes Element für jemanden, der sich am Aufbau langfristiger Projekte orientiert.
Ramón Besa kommentiert das so: »Guardiola, der ironischerweise einige Zeit in Katar zugebracht hatte, empfand das, was mit dem Fußball in England passierte – wo Klubs in die Hände von Ölscheichs, russischen Oligarchen und amerikanischen Millionären fielen –, als beunruhigend. Der Fußball erlebt einen sichtbaren Niedergang, und es entsteht der Eindruck, dass man mit dem üppig sprudelnden Geld Mannschaften aufbauen kann.«
Die Anziehungskraft des bayerischen Klubs war offensichtlich, außerdem war es so etwas wie eine sichere Wette auf die Zukunft. Zudem bot sich dort die Chance, vom ersten Tag an um bedeutende Erfolge zu kämpfen. Auch verband sich damit die Gelegenheit, eine neue Liga kennenzulernen, eine neue Sprache, einen neuen Klub und eine neue Organisation, kurz gesagt: eine ganze Menge Dinge, die Pep auch
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