Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
Januar 2009 umgezogen war, wurde Tag für Tag streng von Presse und Öffentlichkeit abgeschirmt. Das war eine derart revolutionäre Maßnahme, dass die Presse von »La Ciudad Prohibida« sprach, von der »Verbotenen Stadt«.
Marcelo Bielsa hatte Pep bei ihrem elfstündigen Gespräch im argentinischen Rosario seine Ansichten über die Medien mitgeteilt – und auch über alle anderen anfallenden Themen – und betont, es sei falsch, einen großen Fernsehsender bei den Zugangsrechten gegenüber einer kleinen Zeitung zu bevorzugen. Pep orientierte sich daran und führte in Barcelona eine neue Regel ein: Er verweigerte Einzelinterviews, weil er Günstlingswirtschaft vermeiden und auch nicht in die Medienpolitik hineingezogen werden wollte. Pep entschied gleich zu Beginn, dass er mit der Presse sprechen werde, aber nur im Rahmen von Pressekonferenzen. Er nahm keine Anrufe von Lokaljournalisten mehr entgegen und ging privaten Treffen mit ihnen aus dem Weg.
Er brach auch mit der spanischen Tradition, das Team am Tag vor einem Spiel in einem Hotel zu versammeln. Guardiola erklärte damals: »Die Leute verbringen den Tag, bevor sie zur Arbeit gehen, auch nicht eingesperrt in einem Hotel. Wir versuchen nur, für die Spieler gleiche Bedingungen zu schaffen. Wenn sie sich nicht ausruhen, bedeutet das, dass sie nicht auf sich achten, schlechter spielen und ihre Arbeitsplätze verlieren werden. Ich beurteile meine Spieler nach dem, was sie leisten, nicht nach ihrem Privatleben. Ich bin kein Polizist. Ich bin um zehn Uhr im Bett und verspüre nicht den Drang, loszuziehen und meine Spieler zu kontrollieren. Deshalb will ich sie lieber zu Hause sehen und nicht in einem Hotel zusammengepfercht, wo es für sie nichts zu tun gibt. Wir versuchen nur, den gesunden Menschenverstand walten zu lassen.«
Peps Denkweise entsprang eindeutig den Erfahrungen eines früheren Spitzenspielers bei einem der größten Klubs der Welt, der sich jetzt, als Trainer, in die modernen Stars einfühlen konnte. So lautet jedenfalls Xavis Einschätzung: »Die beiden wichtigsten Neuigkeiten waren für mich der Umzug auf das Trainingsgelände und die Abschaffung der Hotelaufenthalte. Die Arbeit auf dem Trainingsgelände verschaffte uns sehr viel Ruhe und mehr Miteinander. Es half uns auch, dass er dafür sorgte, dass wir nach dem Training miteinander aßen. Noch wichtiger ist, wie wir auf unsere Ernährung achten. Ich weiß noch, dass mir das anfangs etwas zusetzte, weil ich nichts planen konnte, aber du gewöhnst dich schnell daran und begreifst, dass es dir nützt. Mit den Hotelaufenthalten war es genauso. Ich war es nicht gewohnt, wenige Stunden vor dem Spiel noch zu Hause zu sein, und anfangs kam mir das sehr seltsam vor. Ich fühlte mich nicht gut vorbereitet, hatte das Gefühl, ich hätte zu sehr abgeschaltet. Ich dachte sogar, das Schicksal würde mich mit einem schlechten Spiel bestrafen, weil ich ihm vorab nicht 100 Prozent meiner Zeit gewidmet hatte. Aber ich begriff schnell, dass ich von diesen neuen Regeln auch profitieren würde. Wenn man zu viel nachdenkt, kann das auch in zu viel Druck umschlagen; das zehrt an den Nerven, und ich habe gelernt zu analysieren, was wirklich wichtig ist. Wir haben ganzjährig weniger Stress, wenn die Hotelaufenthalte minimiert werden.«
»Ich kann keine Titel versprechen, aber ich bin überzeugt, dass die Fans stolz auf uns sein werden«, so Pep am 17. Juni 2008 bei der Pressekonferenz, bei der er als neuer Trainer des FC Barcelona vorgestellt wurde. »Ich gebe euch mein Wort, dass wir uns anstrengen werden. Ich weiß nicht, ob wir gewinnen, aber wir werden dranbleiben. Schnallt euch an, die Fahrt wird euch gefallen«, sagte er am 16. August 2008 bei seiner Vorstellung im Camp Nou in einem Stadion voller Fans.
Guardiolas erstes Pflichtspiel als Trainer der ersten Mannschaft des FC Barcelona stand bevor. Das Saisoneröffnungsspiel fiel auf die dritte Qualifikationsrunde für die Champions League, weil man die letzte Saison auf dem dritten Platz der Meisterschaftsrunde beendet hatte. Bar Ç a besiegte den polnischen Klub Wisła Krakau zu Hause mühelos mit 4:0. Das Auswärtsspiel in Krakau ging dann mit 0:1 verloren, aber das Gesamtergebnis von 4:1 bedeutete die Qualifikation für die Champions League. Die Ära Pep hatte mit einem Erfolgserlebnis begonnen.
»Bei meinem Einstieg war ich eine unbekannte Größe, und das Erste, um das ich das Team bat, war, mir zu vertrauen«, erinnert sich Pep. »Ich sagte ihnen,
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