Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
Eckfahne mit einem Foul an Iniesta. Diese ersten Spielzüge waren eine Absichtserklärung. Das Team setzte seine Schläge gegen Sporting wie ein Boxer: zwei Eckbälle nacheinander, zwei Bälle, die nahe am gegnerischen Strafraum zurückgeholt wurden, ein Torschuss von Xavi. Es waren erst vier Minuten gespielt.
Das Team nutzte den Raum klug und geduldig, Xavi fand viele Passwege, der Ball zirkulierte in hohem Tempo, jede Ballberührung war schnell und positiv. Henry war krank, Iniesta spielte für ihn auf der linken Seite. Eto’o begann als Mittelstürmer, tauchte aber oft auf dem rechten Flügel auf, was Messi die Möglichkeit gab, nach Belieben in die Mitte zu ziehen. Diese Taktik sollte im Saisonverlauf noch öfter wiederholt werden.
Sporting glaubte, mit konsequenten Zweikämpfen gegen ein schwächelndes Barcelona-Team eine Chance zu haben, aber nach dem ersten Tor gab es kein Halten mehr.
Als das Team in der Halbzeit, bereits 2:0 in Führung liegend, in die Kabine kam, bat Pep um einen Augenblick der Aufmerksamkeit. Er musste nur eine Anweisung geben, eine schlichte Erinnerung, die aber von entscheidender Bedeutung war: »Wir spielen weiter ein frühes Pressing«, sagte er. Die Anweisung wurde befolgt. In der zweiten Halbzeit fand sich Sporting in der Situation, dass Barcelonas Spielhälfte viel weiter weg war – außerhalb der eigenen Reichweite –, als das bloße Auge glauben mochte.
Barcelona besiegte Sporting mit 6:1.
»Ihr habt uns überflügelt«, räumte Manuel Preciado ein, als er Guardiola nach dem Spielende auf dem Weg in die Kabine begegnete. »Wir haben einen Schritt nach vorn gemacht«, antwortete Pep.
Am nächsten Tag gab einer der Assistenten Pep auf dem Trainingsplatz eine Fotokopie mit einigen statistischen Angaben zum Spiel. Pep war von dem, was er da las, überaus angetan. Alle Stürmer hatten, bis auf Messi, der zwei Tore schoss, sich den Ball nach Verlust irgendwann zurückgeholt und Sporting förmlich eingeschnürt. Bar Ç a hatte 22 Torschüsse zu verzeichnen (neun davon kamen aufs Tor) und 14 Eckbälle herausgeholt, im Vergleich zu fünf Torschüssen der Gastgeber. Aber noch etwas anderes erfreute Pep: Der junge Busquets, aus dem B-Team geholt, war der beste Defensivspieler auf dem Platz gewesen. Er hatte zehn Bälle zurückerobert. Und 48 seiner 50 Pässe waren beim vorgesehenen Adressaten angekommen.
In Henrys Abwesenheit hatten sieben Spieler auf dem Platz gestanden, die aus der Jugendakademie kamen (Valdés, Puyol, Xavi, Iniesta, Busquets, Messi, Krkić), zwei weniger als beim vorhergehenden Spiel gegen Racing Santander. Xavi war an allen Toren beteiligt gewesen.
Es war das dritte Saisonspiel, und Bar Ç a war jetzt schon die Mannschaft, die am häufigsten auf das gegnerische Tor geschossen und selbst die wenigsten Torschüsse zugelassen hatte.
Das Spielergebnis bedeutete für das Team mehr als nur die dringend benötigten drei Punkte. Es zeigte auch, dass Guardiola recht hatte. Es zeigte, dass sie noch mehr Zeit brauchten, dass es eine Taktik und Regeln gab, die zu befolgen waren, eine Philosophie, die zum Erfolg führen konnte.
»Wo wären wir jetzt, wenn wir Sporting nicht besiegt hätten?«, fragt Iniesta heute. Der Sieg erwies sich als Vorzeichen für das, was noch kommen sollte.
2 Das außergewöhnliche 6:2 im Bernabéu-Stadion
»Trainer zu sein ist etwas Faszinierendes. Deshalb fällt es einigen so schwer, diesen Beruf aufzugeben. Es ist ein angenehmes, konstantes Gefühl der Erregung, der Kopf ist ständig mit 160 Sachen unterwegs.«
– Pep Guardiola, 2008
Pep sah in der Anfangszeit seiner Trainerlaufbahn nur die positiven Seiten, nutzte den Augenblick; immer war da die innere Stimme, die ihn daran erinnerte, dass dies nur für kurze Zeit war. Pep, ein leidenschaftlicher Methodiker, genoss es, zu organisieren, Entscheidungen zu treffen, Erfahrungen auszutauschen und das anzuwenden, was er im Lauf der Jahre gelernt hatte. Sein Leben kreiste um das Ziel, seine Arbeit so gut wie nur möglich zu tun, und Geschichten von seiner Hingabe an die Arbeit und seiner Detailversessenheit machten in Barcelona allmählich die Runde.
Er hatte bereits gezeigt, dass sich sein Verständnis von den Aufgaben des Trainers nicht darauf begrenzte, einer Gruppe von Spielern auf dem Platz Anweisungen zu erteilen. Wiederholt hatte er sein Einfühlungsvermögen und seine Fähigkeit, die Bedürfnisse der Menschen in seinem Umfeld zu verstehen, unter Beweis gestellt. Es gehörte zur
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