Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
Lehrer immer größten Respekt und zeigt höchste Bescheidenheit. Wenn dann die anfänglichen Formalitäten und der Small Talk erledigt sind, springt plötzlich ein Funke über, und sie fangen an, über Fußball zu reden. Es wird heftig gestikuliert, die Argumente werden mit Leidenschaft vorgetragen, die Ideen sind klar. Sie sprechen und handeln von Herzen, und ab da dreht sich alles nur noch um Fußball, Fußball und nochmals Fußball. Dabei würde man niemals zu hören bekommen, dass Pep offen widerspricht, etwa zu Cruyff sagt: »Sie liegen falsch.« Niemals. Aber sie werden stundenlang diskutieren und debattieren und sich gegenseitig von den eigenen Ansichten zu überzeugen suchen. Wenn es um Fußball geht, sprechen beide dieselbe Sprache. Und wenn Fußball eine Religion ist, praktizieren sie beide im selben Schrein.
Bei dieser einen Gelegenheit jedoch, nach dem Unentschieden gegen Racing Santander, traf sich der Schüler mit dem Meister in erster Linie, um Sorgen anzusprechen und den Antworten zuzuhören. Cruyff hatte Guardiola bereits im Sommer einige Ratschläge gegeben, die sich der junge Trainer zu Herzen genommen hatte: »Du solltest wissen, wie man Probleme vermeidet, mit Journalisten umgeht, mit Gerüchten, auch mit Nachrichten, die nichts mit Fußball zu tun haben. Du musst wissen, wie man riskante Entscheidungen auch unter Zeitdruck trifft. Während deiner Karriere hast du viele Einflüsse erfahren, entwickle jetzt deinen eigenen Stil. Du brauchst sehr viele Augen, gute Helfer, gute Spieler, gib den Weg vor, und merke dir diejenigen, die ihm nicht folgen.
Jeder Spieler muss der Überzeugung sein, dass das, was er tut, für ihn selbst, seine Teamkollegen und das große Ganze das Beste ist. Das Ziel besteht darin, jedem Spieler das ABC des Fußballs zu vermitteln. Wenn du zum Beispiel im Innensturm spielst, musst du dies tun und nicht das – und nichts anderes. Sobald du gelernt hast, was ein Innenstürmer tun muss, kannst du an Varianten denken. Und wenn das nicht funktioniert, musst du zum ABC zurückkehren. Die Hauptsache ist, dass man Regeln hat. Man kann von einem Spieler nur das verlangen, was er kennt, und nichts anderes. Erinnere ihn an seine Qualitäten. Ein Fußballer sollte Vertrauen haben zu dem, was er tut. Für einen Spieler ist es besser, den Ball beim Dribbling zu verlieren, wenn er sich allzu viel zutraut, als wegen eines groben Fehlers, den er in der Angst begeht, etwas falsch zu machen.
Das gesamte Team – Trainerstab und Spieler – sollte sich an derselben Idee orientieren. Und vergiss die Autorität nicht. Wenn du nicht scheitern willst wie andere Trainer, musst du deine Spieler im Griff haben. Für einen Trainer des FC Barcelona ist es wichtiger, wenn er weiß, wie er mit einer Gruppe von Stars umgehen muss, als wenn er einen Fehler korrigieren kann, der auf dem Platz begangen wird. Man muss Einfluss auf die Gruppe haben, muss sie mitreißen und überzeugen können. Du musst dir das Bild vom Idol zunutze machen, das die Spieler von dir als ihrem Trainer haben.«
Das Anforderungsniveau, erinnerte ihn Cruyff, sollte den Möglichkeiten der Spieler entsprechen – technisch, sportlich und wirtschaftlich. Cruyff verlangte niemals das Unmögliche, aber er war imstande, sich jeden der Stars des Teams vorzunehmen, vor der ganzen Mannschaft, und ihm Dinge zu sagen wie: »Deine Leistung entspricht nicht deinem Gehalt, was du tust, ist nicht genug. Du musst mehr geben.« Cruyff wusste, wie er mit den Spielern umgehen musste – jedenfalls mit den meisten von ihnen –, wie er die Aufgeregtheit der Stammspieler dämpfen und wie er sich um das Ego derjenigen kümmern musste, die öfters auf der Bank saßen. Aber er hatte einen Blick, der töten konnte, und einige seiner Posen konnten die Spieler wochenlang aus dem Gleichgewicht bringen. »Cruyff ist der Trainer, der mir am meisten beigebracht hat, da gibt es keinen Zweifel«, sagt Guardiola. »Aber Cruyff ist auch der Trainer, bei dem ich am meisten gelitten habe. Ein Blick genügte, und es gefror einem das Blut in den Adern.«
Pep sagte seinem Mentor, dass es eine Sache gab, die Johan Cruyff tun konnte, aber es wäre ein Fehler, wenn er selbst das zu imitieren versuchte. »Johan, Sie bezeichneten manche Spieler als ›Idioten‹. Das kann ich nicht. Sie können das, aber ich nicht. Dabei leide ich zu sehr. Ich kann das nicht zu ihnen sagen.«
Pep erinnert sich daran, wie Cruyff einmal Beguiristain und Bakero beleidigte, zwei seiner
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