Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
nächsten Tag zwar ein Spiel zu bestreiten, aber der Trainer stellte die gesamte Planung für die Spielvorbereitung auf den Kopf und fuhr mit der Mannschaft ins 350 Kilometer entfernte Orkoien nach Navarra, um dort an der Beerdigung teilzunehmen.
Die Saison lief gut. Abgesehen von drei mageren Unentschieden nacheinander im März (gegen Betis Sevilla, Lyon und Mallorca) und zwei Niederlagen (gegen Espanyol und Atlético Madrid), die für einige reaktionäre Kritik aus bestimmten Kreisen sorgten, war Euphorie die vorherrschende Grundstimmung unter den Fans. Es gab da ein Gefühl, dass sich unter Pep Guardiolas Leitung im Camp Nou etwas ganz Besonderes entwickelte.
Bar Ç as Fußball schien die Gegner zu dominieren, mit einem hohen Anteil an Ballbesitz und effektivem Pressing in einem sehr frühen Stadium. Xavi, Iniesta, Eto’o und Henry spielten ganz anders auf als noch in der Vorsaison, und die Neuzugänge im Team waren ein Gewinn. »Ich fühle mich stark und bin optimistisch«, beschrieb Pep zu jener Zeit seine Gefühlslage. Bar Ç a überwand die Minikrise jenes Frühjahrs mit einer Serie von neun aufeinanderfolgenden Siegen. Es folgten zwei Unentschieden – gegen Valencia (2:2) in der Primera División und gegen Chelsea (0:0) im Hinspiel des Champions-League-Halbfinales –, die den Schlussspurt in dieser Saison zu einer spannenden und unvergesslichen Angelegenheit machten.
Der Clásico im Bernabéu-Stadion sollte in diesem Mai die Entscheidung bringen. Barcelona war vor dem Spiel Tabellenführer, fünf Begegnungen standen noch aus, die Erzrivalen lagen vier Punkte auseinander, und ein Sieg von Guardiolas Elf würde praktisch den Titelgewinn bedeuten.
Pep ging das Spiel gegen Real Madrid wie ein Pokalfinale an und verlangte ein mutiges Auftreten, so wie er das von seiner Mannschaft die ganze Saison über gesehen hatte. »Wir wollen Meister werden, nicht wahr?«, fragte er seine Spieler in den Tagen vor dem Auftritt in Madrid. »Jetzt ist die Zeit reif dafür. Ich verlange nur, dass wir erhobenen Hauptes da rausgehen, weil uns diese Spiele prägen, bei solchen Gelegenheiten können wir zeigen, was wir draufhaben.«
Guardiola erwog, Messi bei einem Schlüsselspiel dieser Art erstmals die enorme Verantwortung zu übertragen, die mit der Rolle der »hängenden Spitze« verbunden war. Er hatte das Vertrauen des kleinen Argentiniers bereits gewonnen und in jener Phase damit begonnen, das Spiel der Mannschaft auf ihn zuzuschneiden. Aber die Beziehung zwischen Trainer und Spieler war nicht immer so einfach gewesen.
Pep war anfangs besorgt. Er wollte Messi auf seine Seite bringen, weil er das Gefühl hatte, dass der damals erst 21 Jahre alte Bursche ein Rohdiamant war. Er sah kommen, dass das Bar Ç a-Spiel von ihm abhängen würde, und fürchtete, ihn zu verlieren. Also musste er im Umgang mit Messi eine bestimmte Dynamik entwickeln, eine Beziehung, die auf einer gemeinsamen Grundlage stand, bevor sie zusammenarbeiten konnten. Der Trainer musste dafür seine Vorstellung von einer Mannschaft auf einen außerordentlich begabten und erfolgshungrigen Solisten abstimmen und diesen Spieler – einen schüchternen, stillen, jenseits des Rasens eher zurückhaltend wirkenden Menschen – davon überzeugen, dass er die Führungsrolle des Trainers zu akzeptieren hatte.
Messi war durch einen Legendenstatus oder das Ansehen, das eine außergewöhnlich verlaufene Fußballerkarriere ehemaligen Spielern verleiht, nicht zu beeindrucken. In seinen Augen war Guardiola wenig mehr als einfach nur ein weiterer Trainer. Zur Zeit von Peps Ernennung versank Messi in Melancholie, die letzten Monate des undisziplinierten Rijkaard-Regimes hatten ihn zunehmend desillusioniert.
Der Beginn von Peps Amtszeit war für den jungen Messi eine Zeit der Ungewissheit. Bei allen Fehlern des früheren Trainers darf man nicht vergessen, dass Rijkaard Messi hatte debütieren lassen und der Argentinier sich von ihm geschützt fühlte. Dann kam Pep, ein neuer Chef, ein neues Regime, und der Neue schob sofort Ronaldinho ab, Messis Freund, Mentor und Nachbar (er wohnte nur drei Häuser weiter) in Castelldefels. Messi verstand die Gründe für diese Maßnahmen und hatte in jüngster Zeit engere Kontakte zu Puyol und Xavi geknüpft, weil ihm nicht entgangen war, wie Ronaldinho sich selbst schadete. Dennoch war dies eine Zeit der Umstellungen im Leben des jungen Mannes, und er musste erst noch die richtige Verbindung zum neuen Cheftrainer herstellen.
Pep wollte
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