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Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)

Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)

Titel: Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillem Balagué
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es würde Lionel Messi sein, der diese Gruppe auf ein höheres Niveau führte. Indem Pep alle anderen Egos einem Individuum unterordnete und einen einzigen Spieler zur Schlüsselfigur eines Teams machte, das sich ansonsten als echtes Kollektiv verstand, verlangte er etwas, dem nur die Spieler zustimmen konnten, die mit Messi in La Masía zusammengewohnt, sich gemeinsam mit ihm entwickelt hatten und deshalb besser als alle anderen wussten, dass dies nicht einfach eine Marotte eines vom Starruhm geblendeten Trainers war. Es war eine Entscheidung, die auf dem gesicherten Wissen beruhte, dass der Star dieser Mannschaft sich wirklich als Spieler der absoluten Extraklasse erweisen würde.
    Also ergriff Pep eine andere Maßnahme, über die Messi sich freute: Zwar sollte er derjenige sein, der fußballerisch den Ton angab, aber die Führungsrolle in anderen Bereichen sollte nicht ihm aufgebürdet werden. Mit seinen gerade mal 21 Jahren wäre die Last der Verantwortung für ihn zu groß gewesen. Die Kapitänsrolle sollte sich deshalb die Kerngruppe der Eigengewächse in der Mannschaft teilen. Pep wollte den Spielern aus den eigenen Jugendmannschaften nicht nur die Chance bieten, in die erste Mannschaft aufzurücken, ihnen sollte auch die Gelegenheit offenstehen, zum Kapitän und Vorbild zu werden und den FC Barcelona in aller Öffentlichkeit zu vertreten. Diese Verantwortung teilten sich Puyol und manchmal Xavi, Valdés oder auch Iniesta. Sie sollten die Kapitänsrolle einnehmen, und Messi würde für den Wind in ihren Segeln sorgen.
    Das war ein starker Kontrast zu Messis Rolle in der argentinischen Nationalmannschaft: Dort wurde nicht nur erwartet, dass er spielerisch die Richtung wies und auf dem Platz Entscheidungen traf, er sollte auch noch Kapitän sein. Die Armbinde war eine Last für Messi, der einfach nur Fußball spielen wollte. Er wollte nicht zugunsten seiner Mannschaftskameraden mit dem Schiedsrichter debattieren, wollte auch niemandes Vorbild sein oder gar mitreißende Reden halten.
    Der Trainer verstand – nach einigem Nachdenken – allmählich, was Messi antrieb, und war außerdem überzeugt davon, dass sein Schlüsselspieler alles verstehen würde, was er von ihm verlangte – und wenn nicht, würde er ihn so weit bringen, dass er es verstand. Pep wusste jedoch, dass es irgendeiner Sache bedurfte, durch die er den Spieler uneingeschränkt für sich gewinnen konnte. Und der Trainerneuling fand sie, obwohl er den Klub erst noch überzeugen musste, dass es richtig war, so zu handeln.
    Bei Peps ersten Trainingseinheiten mit der Mannschaft in Schottland kam es zwischen ihm und Messi zu zwei öffentlichen Konfrontationen.
    Beim ersten Mal hatte Messi auf ein Tackling von Rafa Márquez wütend reagiert. Die Spieler standen sich gegenüber, und Pep eilte hinzu und wies sie zurecht. Messi wollte ihm aus dem Weg gehen, aber der Coach nahm ihn beiseite. Der Argentinier starrte zu Boden und wich vor Pep zurück.
    Zwei Tage später kam es zu einer ähnlichen Szene. Guardiola ging auf Messi zu und bat ihn, sein indifferentes Verhalten im Training zu erklären. Er sagte Messi, wenn es ein Problem gebe, solle er ihm das ins Gesicht sagen, aber der Trainer wusste genau, was los war: Messi schmollte, weil er bei den Olympischen Spielen in Peking für Argentinien spielen wollte – aber Barcelona wollte ihn nicht freistellen, weil die Olympiatermine sich mit dem Hinspiel der Champions-League-Qualifikation gegen Wisła Krakau überschnitten. Die Angelegenheit war vor einem Sportgericht verhandelt worden, das entschieden hatte, der Klub verweigere die Freigabe zu Recht – trotz gegenteiliger Aufforderungen vonseiten der FIFA .
    Während der Klub und der argentinische Fußballverband sich stritten, fühlte sich der Spieler in einer Auseinandersetzung, die ihn wenig interessierte, wie eine Schachfigur hin- und hergeschoben. Er wusste nur, dass er bei den Olympischen Spielen für sein Land spielen wollte – und Barcelona verweigerte ihm die Gelegenheit dazu.
    Das gab Pep die Chance, auf die er gewartet hatte.
    Der Coach setzte sich mit Präsident Laporta, Beguiristain und Estiarte in der Suite des Hotels zusammen, in dem das Team bei einer USA -Tournee während der Saisonvorbereitung wohnte. Er erklärte, wenn der Klub das Urteil ignorierte und Messi zu den Olympischen Spielen fliegen ließe, sei der langfristige Nutzen größer als der kurzfristige Nachteil: Das würde ihm ermöglichen, das Beste aus Messi herauszuholen.

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