Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
ihn. Peps Freund Guillermo Amor, der für das spanische Fernsehen kommentierte, war bewegt, als er ihn so sah: »Er lebt wirklich für den Fußball, dafür hat er trainiert«, wiederholte er, und seine Stimme brach. Ibrahimović löste Henry ab und scherzte mit seinem Trainer. Und in diesem Augenblick, in dem die Funktionäre allmählich die Initiative übernahmen, tauchte Pep wieder aus seiner Trance auf: Die Pokalverleihung sollte gleich beginnen.
Auch Peps Schwester Francesca musste weinen, als sie ihn so die Fassung verlieren sah. »Es ist wirklich bewegend, es ergreift einen«, sagte sie, als sie diese Bilder nach einigen Wochen noch einmal betrachtete. Ramón Besa sagt, Pep sei »so transparent, dass er alles auf dem Platz erledigt: Es gibt weder Täuschung noch Tricks. Er ist äußerst feinfühlig.« Sein Freund David Trueba meint, dass ein »Sieg normalerweise ein Ereignis ist, bei dem einiges durcheinandergerät«.
Pep frisst meist alles in sich hinein, behält seine Hochs und Tiefs, seine Geheimnisse, Defizite, Versprechen für sich. Estiarte ermutigt ihn manchmal, aus sich herauszugehen: »Wenn du weinen willst, weine; schlag gegen die Wand, lass deinen Gefühlen freien Lauf.« An jenem Tag hätte Manel es gern gesehen, wenn Pep mehr Zeit zum Weinen gehabt hätte; nach so viel Selbstbeherrschung verdiente er es, mehr zu weinen.
Und dieser Sieg, die letzte Trophäe in jenem Jahr, war das Ereignis, das schließlich einen öffentlichen Gefühlsausbruch auslöste. Die Spannung in der Meisterschaft, der Clásico, Iniestas Tor in London, das Finale der Champions League. Die Erleichterung, die Euphorie, alles gewonnen zu haben, vermischten sich mit der Erfüllung, die darin liegt, eine neue Arbeit begonnen zu haben und zu wissen, dass man in einem sehr kurzen Zeitraum ein Erfolgsniveau erreicht hatte, das bis dahin unvorstellbar war. Und jetzt noch dieser Titel, der in Europa wenig geschätzt wurde, aber in Südamerika als Höhepunkt der Saison galt. In Peps Kopf baute sich eine Reihe von Bildern und Emotionen auf und explodierte förmlich. Plötzlich gab es ein Ventil für all den Druck. Guardiola ließ sich von seinen Gefühlen mitreißen. »Das ist Pep«, sagten viele, als sie ihn so sahen. Oder eher: »Auch das ist Pep.«
Niemand fragte ihn damals nach dem Grund für die Tränen, obwohl er den Erfolg Evarist Murtra widmete, dem ehemaligen Vorstandsmitglied des FC Barcelona, der einst befürwortet hatte, dass Pep die Bar Ç a-Reservemannschaft als Trainer übernahm, anstatt als Koordinator für die Jugendmannschaften zu arbeiten. »Solche Dinge passieren«, sagt er heute. »Mit der Zeit, wenn ich in diesem Bereich weiterarbeite, passieren mir solche Dinge nicht mehr.« Der starke Pep übernimmt wieder.
»Für diejenigen, die jetzt hier sind, und diejenigen, die letztes Jahr hier waren – danke für die wunderbaren vergangenen 18 Monate. Wir haben oft gut gespielt. Wir haben uns Respekt erworben, und das Verdienst gebührt ihnen allen. Sie waren sehr großzügig mit ihren Leistungen«, erklärte er bei der Pressekonferenz nach dem Spiel.
Pep Guardiola griff schon in seinem ersten Jahr als Trainer einer Spitzenmannschaft nach den Sternen. Diese Monate waren unvergesslich gewesen. Die langen Arbeitstage auf dem Trainingsgelände (nach denen ihm weniger Zeit für seine Partnerin Cris blieb), zurückgezogen in seinem Büro, Entscheidungen zu treffen, bei denen er sich auf den gesunden Menschenverstand verließ, sich mit guten Leuten zu umgeben, Tag für Tag viel von den Menschen in seinem Umfeld zu fordern – all das hatte sich gelohnt. Die Tränen gaben der Persönlichkeit und dem Fußball ein menschliches Gesicht.
Guardiolas Barcelona hatte jetzt eine »Herkunftsgarantie«, trug einen Echtheitsstempel und war ein Markenzeichen, das für etwas stand, was die Fußballwelt bis dahin noch nie gesehen hatte – ein Team, das keine Grenzen kannte und das, indem es an den eigenen, persönlichen Stil geglaubt hatte, Größe erlangte. Als die Spieler für die Siegesfeier die Umkleidekabine verließen, trugen sie T-Shirts mit dem Wahlspruch Todo ganado, todo por ganar (»Alles gewonnen, alles zu gewinnen«).
Guardiola hatte Joan Laporta, ja sogar Johan Cruyff als Anführer der Barcelona-Religion abgelöst. Das Motto »Mehr als nur ein Klub« galt nicht nur für die gesamte Institution, sondern auch für dieses Team. Die Barcelona-Spieler zählten jetzt zu den »Unsterblichen«.
Pep verlängerte seinen Vertrag
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