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Pepe Carvalho 01 - Carvalho und die taetowierte Leiche

Pepe Carvalho 01 - Carvalho und die taetowierte Leiche

Titel: Pepe Carvalho 01 - Carvalho und die taetowierte Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Vazquez Montalban
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Mitteilung für ihn habe. Ich komme gerade aus Amsterdam und muß mit ihm sprechen. Es gibt Schwierigkeiten. Sie wissen, was ich meine.«
    »Was meinen Sie denn?«
    »Wissen Sie nicht, was Julio treibt?«
    »Er importiert Käseklöten.«
    Ihre Interpretation der Edamerkugeln hatte Carvalho wie ein Schlag in die seelische Magengrube getroffen. Er mußte sich zusammennehmen, um nicht laut aufzulachen. Dadurch nahm sein Gesichtsausdruck eine verdächtige Zweideutigkeit an. Teresa Marsé studierte diesen Gesichtsausdruck genau und interpretierte seine Uneindeutigkeit als Vorboten schlechter Nachrichten.
    »Julio ist etwas zugestoßen«, sagte sie.
    Carvalho entschied sich für eine begrenzte Offenheit.
    »Ich glaube, Sie können mir helfen, wenn Sie Bescheid wissen. Aber vielleicht ist hier nicht der richtige Ort. Essen wir zusammen?«
    »Ich habe zwar schon einen Termin, aber das kann ich regeln. Es sollte irgendwo hier in der Nähe sein, denn ich muß noch ein paar Kleider anprobieren, bevor ich die Boutique nach der Siesta wieder aufmache, und um sechs Uhr muß ich zu Hause sein. Ein Lokal, wo wir irgendwas essen können.«
    Das war genau das, was Carvalho niemals essen wollte. Er heuchelte jedoch Einverständnis, und sie vereinbarten, sich in zwei Stunden vor dem
Café Bocaccio
in der Calle Muntaner zu treffen. Carvalho nahm sich vor, das Beste daraus zu machen. Gegenüber gab es ein vorbildliches italienisches Feinkostgeschäft. Dort konnte er sich ein großartiges Abendessen zusammenstellen, um sich für das ›Irgendwas‹ zu entschädigen. Er ging hin und betrachtete zunächst mit kundigem Blick die frischen Teigwaren im Schaufenster. Er wußte nicht, ob er lieber Fettuccine oder Cappelletti kaufen sollte. Drinnen überließ er es ein paar Frauen, die offensichtlich in Eile waren, sich um die Reihenfolge zu streiten, und studierte indessen die Weinregale auf der Suche nach einem Marcelli. Nachdem er ihn gefunden hatte, vertiefte er sich in den Anblick der weichen Hügelchen der Cappelletti. Die Entscheidung war gefallen. Als er noch den Parmaschinken, den Mozzarella und die Tontöpfe mit den Saucen begutachtet hatte, wußte er genau, was er brauchte, und nannte mit völliger Sicherheit seine Wünsche.
    Der Gedanke an das geplante Abendessen tröstete ihn in den nächsten Stunden über vieles hinweg. Es zeigte sich, daß Teresa Marsé in Fragen des Essens genau seinen Erwartungen entsprach. Sie gehörte zu der sozialen Klasse, die
Canard à l’ Orange
schon mit zehn Jahren nicht mehr sehen kann und, sobald sie sich einmal mit einem guten Wein bekleckert hat, gelangweilt ist und einen Billigwein gleichsetzt mit einem 1948er Château Laffitte, denn ihr Gaumen ist sowieso voller Überdruß angesichts der Tatsache, daß das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Aus diesem Geist heraus ist es möglich, in einem Café über ein Essen herzufallen, das aus Dosenartischocken, einem halben Brathähnchen und Pommes frites besteht. Carvalho versuchte vergeblich, durch gutes Beispiel zu überzeugen, indem er ganz einfache Eier mit Speck bestellte, »aber richtig in der Pfanne gebraten, bloß nicht vom Bratblech«, warnte er den Kellner. »Ich würde sofort einen Sicherheitshelm für Kellner daraus machen.« Er bestand außerdem darauf, daß der gewöhnliche Wein durch eine Flasche 1928er Paternina ersetzt wurde, dem einzigen Jahrgang dieses Weines, der eine gewisse Erschwinglichkeit mit den richtigen chemischen Grenzwerten verbindet.
    Teresa belächelte seine Sorge um das Essen mit aufreizender Überlegenheit. Sie hatte nicht einmal Appetit. Sie ließ die Hälfte ihres Plastikhähnchens auf dem Teller liegen, die Pommes frites hatte sie überhaupt nicht angerührt.
    »Halten Sie Diät?«
    »Nein. Manchmal schlage ich mir den Bauch voll wie ein Tier. Ich kaufe mir zwei Kilo Pfirsiche und höre nicht eher auf, bis alle weg sind.«
    »Gesunde Kost, wie ich sehe.«
    Bei einem doppelten Espresso, den sie genau wie Carvalho ohne Zucker nahm, kam Teresa zum Thema. Sie habe schon immer vermutet, daß sich Julio noch mit anderen Dingen beschäftige, allein schon wegen der Tatsache, daß er sich Post an ihre Anschrift schicken ließ. Carvalho erklärte ihr, mit welchen Dingen er sich beschäftigt hatte.
    »Warum hat er mir nichts davon gesagt? Mir wäre das doch egal gewesen. Das verstehe ich überhaupt nicht. Sonst wissen Sie wirklich nichts? Ist ihm etwas zugestoßen?«
    »Kann sein, daß ihm etwas zustößt. Man muß ihn so schnell

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