Pepe Carvalho 01 - Carvalho und die taetowierte Leiche
bleibt, verdoppele ich die Summe!«
Carvalho merkte, daß der Zeitpunkt gekommen war, um von der Bühne abzutreten. Aber er war müde, und es wäre ihm lieber gewesen, wenn Señor Ramón gegangen wäre. Er wartete vergebens, mit dem unklaren Wunsch, im Sessel sitzenzubleiben und zu schlafen, bis der Friseursalon sich leerte und er seinen Heimweg wiederfand. Er hörte die letzten bittenden Worte des Alten nicht mehr, der ihm weiterhin die schäbige Grausamkeit des Ausgangs dieser Geschichte aufdrängte. Carvalho erhob sich. Wandte Señor Ramón den Rücken zu. Stieg die Treppe hinab und durchschritt den Salon wie einen menschenleeren Tunnel. Auf den Ramblas blieb er wie gelähmt auf dem Mittelstreifen stehen, bis er eine südliche Richtung einschlug und fast wie ein Schlafwandler am Fuß der Treppe landete, die zum öligen Wasser der Anlegestelle der ›Golondrinas‹ hinabführte. Er löste eine Karte und bestieg die Barkasse, die durch den Hafen zum Wellenbrecher hinüberfuhr. Dort ging er auf der Mauer entlang und betrachtete die gemächliche Ruhe der alten Angler, die wegen der drückenden Hitze nur halb und mit zweckmäßiger Nachlässigkeit bekleidet waren. Das Bild schien ihm vertraut. Eine Szene aus seiner Jugend drängte sich ihm auf: die nachdenkliche Betrachtung des Wassers an der Mole der
musclaires
, mit Häusern auf Pfählen und gebrauchten Präservativen, die im Wasser trieben. Es waren Sünden. Pro Präservativ eine Sünde. »Werden die aus den Schiffen geworfen?« fragte einer seiner Freunde, der noch nicht so verdorben war.
»Die kommen aus den Abwasserrohren.«
Der Duft von geschmorten Zwiebeln und Tomaten machte ihm die Welt wieder erträglich. Er erreichte ein Ausflugslokal, zu dem eine zwischen die Quader des Wellenbrechers gebaute Betontreppe hinabführte. Er sah dampfende Töpfe mit Miesmuscheln in Weißweinsauce. Es war die richtige Zeit und ein herrlicher Ort, um seinen Bauch von Schmerzen zu befreien.
Es half alles nichts, er mußte sich die Zeitung kaufen. Charo hatte ihm schon am Telefon von der Neuigkeit berichtet. Er fuhr extra zur Druckerei von Vallvidrera hinab, wo auch Zeitungen verkauft wurden. Im
Tele/eXpres
brachte Fernando Casado den ersten Bericht und eine anschauliche Zeichnung voll morbider Dramatik. Don Ramón Freixas war in seinem eigenen Geschäft, einem Friseursalon des V. Distrikts, tot aufgefunden worden. Die Tür des Geschäfts stand frühmorgens offen, als die beiden Schwestern zur Arbeit kamen. Man hatte Don Ramón eine Schere in den Hals gerammt. Die Polizei fahndete nach Enriqueta Sánchez Cámara, einer Frau, die mit dem Eigentümer in wilder Ehe lebte, seit dieser vor Jahren seine Familie verlassen hatte. Carvalho nahm irgendwelche Trampelpfade und ließ seinen Körper der Laune der Füße folgen, durch Kiefernwäldchen und Macchia, deren Harz in der drükkenden Hitze duftete. Plötzlich erinnerte er sich an das Ende des Chansons:
Hör zu, Seemann, und sag:
Was weißt du von ihm?
Er war stattlich und stolz
,
und blonder als Honig
.
Sieh seinen fremden Namen
trage ich hier auf der Haut
.
Und, Seemann, wenn du ihn triffst
,
sag ihm, ich sterbe für ihn
.
Manuel Vázquez Montalbán bei Wagenbach
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