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Pepe Carvalho 01 - Carvalho und die taetowierte Leiche

Pepe Carvalho 01 - Carvalho und die taetowierte Leiche

Titel: Pepe Carvalho 01 - Carvalho und die taetowierte Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Vazquez Montalban
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Carvalho dort hingelegt hatte. Es fiel zwischen den beiden Männern zu Boden. Die Wirtin kam hinter dem Tresen hervor und sammelte es auf, um es Carvalho mit komplizenhaftem Augenzwinkern zurückzugeben. Pepe zuckte die Achseln und ging, das Geld einsteckend, hinaus. Er war schon fast auf den Ramblas, als er hinter sich Schritte hörte, die rasch näher kamen und ihn gleich erreichen würden. Er drehte sich um, und der Professor stand vor ihm.
    »Wußten Sie schon, daß alle Studien über Toponomastik gefälscht sind? Nein, gefälscht ist nicht der richtige Ausdruck. Geklaut! Geklaut, um dem ganzen Volk die Wurzeln seiner Identität zu verheimlichen! Sie wollen, daß wir unsere arabischen Ursprünge vergessen!«
    Als sie am eisernen Zaun der Santa-Monica-Kirche einem Müllhaufen auswichen, verlor Carvalho die Beherrschung und gab dem Professor einen kräftigen Stoß, so daß er stolperte und seitlich auf den Abfallhaufen kippte. Im Davonlaufen drehte sich Carvalho um und sah, wie sich der andere mühsam aufrappelte. Carvalho lief weiter. Vor dem Wachhäuschen der Marinekommandantur verlangsamte er seinen Schritt. Er glaubte, die näherkommenden Schreie des Professors zu hören. Sobald er die beleuchtete Zone hinter sich gelassen hatte, fing er wieder an zu laufen und kehrte in das Viertel zurück, wo er hergekommen war. Sein Auto stand auf dem Parkplatz der Calle Barberá. Er ahnte, daß er dem Betrunkenen noch einmal begegnen würde, und tatsächlich – als er das Tanzlokal
Cádiz
erreichte, sah er den andern, der seine Wegstrecke richtig kalkuliert hatte. Breitbeinig stand er mitten auf der Straße und fuchtelte mit den Armen, als wollte er fünfzehn Mann gleichzeitig fertigmachen.
    »Komm her, du Scheißtyp, und stell dich Mohamed Ali!«
    Kein Mensch war auf der Straße. Die Laternen mit ihren schwindsüchtigen, schmutzigen Birnen schafften es kaum, die Dunkelheit der Gasse zu erhellen. Carvalho griff in die Tasche und holte sein Klappmesser heraus. Er wartete, bis sich der andere auf ihn stürzte, dann ließ er das Messer aufschnalzen und vorschnellen – die Klinge fuhr haarscharf am Gesicht des Professors vorbei. Der eminente Prinz zuckte zurück und blickte Carvalho verdutzt an.
    »Messerstecher, eh?«
    Aber er wich zurück. Carvalho sah rot und griff mit vorgestrecktem Messer an. Der andere wollte rückwärts ausweichen, fiel aber auf den Gehweg. In blinder Wut bearbeitete ihn Carvalho mit den Füßen. Er wollte sein Gesicht treffen, aber der andere bedeckte es mit beiden Armen.
    »He, was ist da los?«
    Ein paar Nachteulen kamen aus dem
Cádiz
, und eine davon fing an zu schreien. Carvalho steckte das Messer ein und ging davon, ohne sich sonderlich zu beeilen. Er fühlte eine Wärme in der Brust wie nach einem französischen Cognac oder einem Whisky Black Label.
    Auf dem Zettel stand: ›Ich möchte mit Ihnen über Julio sprechen, aber allein. Kommen Sie um vier Uhr in die
Luna-Bar
, Rambla Cataluña, Ecke Plaza Cataluña!‹. Fünf Minuten vor vier sah er, wie Queta die Rambla Cataluña überquerte. Sie trug ein ärmelloses Kleid ohne Gürtel, Sandalen und eine rote Handtasche. Carvalho gab zu, daß sie eine sehenswerte Erscheinung war. Die erotische Ausstrahlung ihres unverbrauchten, vollen Körpers stand im krassen Gegensatz zur Welkheit ihres leidenden oder erschrockenen Gesichtsausdrucks. Sie entdeckte Carvalho und blieb an seinem Tisch stehen. Er erhob sich und bot ihr einen Metallstuhl an. Sie wollte nichts trinken, aber Carvalho überredete sie zu einem Kaffee. Ihre Haltung war unnahbar, als wollte sie ihre normalen Kräfte verdoppeln, um ihre Schwäche zu verbergen.
    »Wir trinken etwas und fahren dann mit dem Auto. Es spricht sich besser unter vier Augen.«
    »Ich weiß nicht, worüber wir zu reden hätten. Ich weiß weder, was Sie wollen, noch verstehe ich Ihren Zettel.«
    »Warum sind Sie dann gekommen?«
    Sie gab keine Antwort. Sie hatte wieder Anfälle von Schüchternheit und sah Carvalho nicht einmal an.
    »Hören Sie. Ich weiß Bescheid über Ihr Verhältnis mit Julio Chesma. Ihr Mann gab mir den Auftrag, die Identität eines Ertrunkenen herauszufinden, der vor einigen Wochen am Strand von Vilasar auftauchte. Er hatte kein Gesicht mehr, das hatten die Fische weggefressen, aber auf seinem Rücken stand etwas geschrieben.«
    Er redete nicht weiter. Queta weinte, mit einem Taschentuch in der Hand, und ihr Schluchzen verriet, daß sie kurz vor einem hysterischen Ausbruch stand. Hastig nahm

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