Per Anhalter (German Edition)
der Nähe, ja.“
David hob interessiert den Kopf. Doch sie sagte nichts mehr. Dann nickte er und schaute aus dem Fenster. Mit seiner Vermutung, dass sie Prince Denmark rauchte, lag er indes völlig richtig. Eine Packung lag oberhalb des Armaturenbrettes. Sie nahm sie und zündete sich eine an. Dass ein kleines Kind mit im Auto saß schien sie gar nicht weiter zu kümmern.
Sie kurbelte noch nicht mal das Fenster herunter. Stattdessen fragte die Wurst im Speckmantel von hinten, ob er sich eine Kippe bei ihr schnorren durfte. David hätte ebenfalls gerne eine geraucht, doch er musste erstens sparsam sein und zweitens wäre ihm im Traum nicht eingefallen, hier im Auto eine zu rauchen, wo ein Baby mit an Bord war. „Hast du keine eigenen?“ fragte Britta genervt. „Nö“ entgegnete ihr Lasse. „Bin ich Krösus? Wächst mir Gras aus den Taschen?“ Sie warf ihm die Packung auf den Rücksitz.
„Feuer?“ fragte er dreist und sie warf das Feuerzeug vom Armaturenbrett ebenfalls nach hinten. Es war ein bizarres, ekelhaftes, beinahe perverses Schauspiel das David da beobachtete. Lasse reichte die Schachtel ohne ein Wort zu sagen durch und klopfte damit auf die Schulter seiner Mutter. Anstatt dass er sich bedankt und sagt ´hier hast du sie wieder`. Was für ein Pfosten, ey! David nahm die Packung entgegen, lächelte Lasse an und war gerade im Begriff, sie aufs Armaturenbrett zurück zu legen, als Britta fragte, ob er auch rauchte. Um der Gesundheit des Babys Willen, wäre eine Lüge in diesem Fall angebrachter gewesen, doch er beantwortete ihre Frage wahrheitsgemäß mit einem ja . „Nimm ruhig wenn du willst.“ Ein kurzer Gewissenskonflikt. Soll ich? Soll ich nicht? Da sitzt ein Baby auf dem Rücksitz… Ach, scheiß drauf! „Gerne. Vielen Dank!“ sagte er und nahm sich eine aus der Packung. Britta reichte ihm das Feuerzeug. Eine gigantische Wolke aus toxischem blauem Dunst schwebte durch den Innenraum. „Was iss`n das für `n Kumpel den du besuchst?“
„Wie meinst du das?“
„Na, woher kennt ihr euch? Aus der Schule? Oder was?“
„Jaa, könnte man so sagen.“
„Kommst du denn normalerweise aus Flensburg?“
„Ne-ne, ich wohn in Rendsburg. Schon immer.“
„Und er?“
Eine Falle, pass auf! Sag ihr, dass er noch nicht lange in Flensburg wohnt, immerhin seid ihr zusammen zur Schule gegangen, richtig?
„Er wohnt da noch nicht so lange. Ein, zwei Jahre jetzt vielleicht.“
„Okay. Und warum fährst du per Anhalter?“ Er zuckte mit den Schultern. In der Tat gab es keine logische Begründung dafür, die eine erwachsene Person ohne weitere bohrende Fragen akzeptiert hätte. „Ich wollte eigentlich mit dem Fahrrad da hin fahren. Aber ich konnte dann nicht mehr. Ist so derbe heiß heute.“
„Mit dem Fahrrad?“
„Ja, warum?“
„Ich mein nur… Mit`m Fahrrad von Rendsburg nach Flensburg? “
„Ja, klar, warum nicht? Dachte ich wenigstens, aber das ist schon bisschen krass.“
„Allerdings! Was sagen deine Eltern denn dazu?“
„Ach, die wissen das.“
„So?“
„Ja!“
„Dass du mit dem Fahrrad über die Autobahn wolltest, das wissen die also?“
„ Nein , das natürlich nicht. Aber dass ich mit dem Fahrrad nach Flensburg wollte, schon.“
„Ach komm“ sagte Britta und „verschluckte“ sich hustender Weise an ihrem Rauch, „Du wusstest doch von vornherein, dass du per Anhalter fahren wirst. Erzähl mir nicht, dass du den Weg nach Flensburg über Fahrradwege kennst.“
Schamesröte stieg ihm ins Gesicht. Sie hatte ihn schon wieder entlarvt. Sie glaubte ihm kein Wort, und sie hatte verdammt Recht damit. Woran merkten Erwachsene das bloß immer? Er schnaufte und sie sahen sich wieder an. Ein Grinsen ging über ihr Gesicht und David erwiderte dieses. Er suchte einen Aschenbecher, um abzuaschen, aber da war keiner. Dafür war die Fußmatte übervoll mit regelrechten Tonnen von Dreck, unter den sich unter anderem auch Zigarettenasche mischte. Dies galt sowohl für seine Seite, als auch für die Seite auf der Britta saß, und er beobachtete live und in Farbe, wie die Asche zu Boden fiel. Sie zog an ihrer Zigarette, die Asche fiel auf den Sitz und zerfetzte in abertausende feinstaubartige Körnchen und segelte auf die Fußmatte hinab. Etwas vergleichbar Gewissenloses und Gleichgültiges wie diese Frau, hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Er musste still lachen als er selbst seine Asche mit dem Zeigefinger abklopfte und sie auf den Boden fiel. Ganz leise, damit
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