Per Anhalter (German Edition)

Blut quälen für das, was er ihnen an Stress bereitet hatte.
    Sie werden mich ebenso zu Tode quälen wie den armen Hund. Und ich werde nie mehr frei kommen. Höchstens als Leiche. Und sie werden mich auslachen wenn sie mich verscharren. Auslachen und eine wahnsinnige Freude daran haben.
    „Lasse, das hatte echt nichts mit dir persönlich zu tun. Ich mag dich auch. Aber ihr könnt mich doch nicht einfach gefangen halten.“,
    „Halt deine Fresse“, fiel Lasse ihm ins Wort.
    „Ey, komm, bitte. Ich mach es wieder gut, versprochen.“
    „Was hattest du denn mit Vivi vor, Aldä? Wolltest du ihr ein Keehsebrötchen kaufen? Süüüß!“
    Lasse war wieder extrem dicht vor ihm, das Messer wippte unkontrolliert in seiner Hand.
    Die Art, wie er nach Luft rang, klang alles andere als gesund. Wahrscheinlich hatte er über viele Jahre den Rauch seiner Eltern mit inhaliert, ehe er selbst angefangen hatte zu rauchen. Dazu der fette Wanst… Alt würde er sicher nicht werden. Ich allerdings auch nicht, dachte er. Wenn ich mir nicht langsam etwas einfallen lasse, wird er zustechen.
    „Du kannst nichts dafür, Lasse, aber weißt du... Was deine Mutter und dein Vater da machen... Das ist nicht normal , verstehst du? Du bist doch in Wirklichkeit super nett, oder?“,  
    „Halt die Fresse hab ich doch gesagt.“,
    „Nur ganz kurz, Lasse. Okay? Ich fand dich ehrlich vom ersten Moment an cool. Du warst mega locker drauf und so. Aber ich hatte einfach Schiss wegen... Deiner Mutter und deinem Vater.“,
    „Gibs zu, du wolltest sie vögeln, stimmts? Meine Mutter.“,
    „Eigentlich wollte ich zu meiner Freundin. Mehr wollte ich gar nicht. Ich wollte einfach nur zu meiner Freundin nach Flensburg.“,
    „Aaach, ich denk zu ´nem Freund.“,
    „Ich weiß, ich hätte nicht lügen sollen. Auf jeden Fall... Hätten wir uns irgendwo normal kennengelernt, weißt du... Wir hätten echt Freunde sein können. Wie alt bist du?“,
    „Geht dich ´n Scheiß an.“,
    „Ich bin 16. Ich schätze wir sind ungefähr in einem Alter. Und ich glaub, du bist echt jemand, mit dem man Pferde stehlen kann.“,
    „Hä?“,
    „Na, halt jemand mit dem man Pferde stehlen kann. Das sagt man so, wenn man dem anderen blind vertrauen kann. Ich wette, ich könnte dir meine Geheimnisse erzählen und du würdest sie niemandem weiter sagen, oder?“
    Lasse zuckte mit den Schultern.
    „Kann schon sein.“,
    „Siehste! So jemand bin ich auch! Wenn du mir was erzählst, dann behalte ich es für mich. Von daher passt es doch wunderbar.“ Lasse schwang das Messer in seiner rechten Hand. Wurde er gerade friedlicher? Konnte das sein? Oder war das wieder nur so ein billiger Trick?
    „Und was ist dein Geheimnis?“ David war überrascht. Er wusste nicht, was er darauf antworten sollte, denn ihm fiel in der Tat nichts allzu spektakuläres ein.
    „Verrätst du mir denn auch dein Geheimnis?“,
    „Vielleicht. Kommt ganz drauf an.“,
    „Willst du mich mit dem Messer eigentlich... Töten? Oder?“,
    „Mal sehen, nä.“,
    „Hättest du nicht auch Bock, mit mir befreundet zu sein? Wir könnten echt... Spaß haben, glaub ich. Natürlich nur wenn du möchtest.“,
    „Spaß haben?“,
    „Ja, zum Beispiel, äh, warst du schon mal im Hansa Park? Da gibts total krasse Achterbahnen und so.“,
    „Was ist mit deinem Geheimnis, Mann ?“,
    Okay, er ist nicht friedlicher geworden, alles klar. Nur die Ruhe . Ihm fiel etwas total „Krasses“ ein von dem er hoffte, dass es für Lasse geheimnisvoll genug klang.
    „Ich hab mal geklaut.“,
    „Aha.“,
    „Ja. Da war ich 10 oder 11. Ein Playstation Spiel bei Real. Crash Bandicoot. Kennst du das?“,
    „Nö.“,
    „Ich wollte das unbedingt haben, aber meine Mutter wollte es mir nicht kaufen. Ich glaub, weil es zu teuer war oder so. Jedenfalls hab ich das dann gezockt.“,
    „Und? Weiß deine Mutter davon?“,
    „Nein. Sie ahnt es nicht mal.“,
    „Und das ist alles?“,
    „Wie, das ist alles ? Du meinst, ob ich noch mehr Geheimnisse habe?“,
    „Ja.“,
     „Na ja, schon.“,
    „Krassere vor allem. Wer hat denn bitte noch nicht gezockt?“,
    „Okay, ich mache dir einen Vorschlag. Du erzählst mir jetzt eins von deinen Geheimnissen und ich dir wieder eins von mir. Und bei jedem Mal werden die Geheimnisse spannender.“,
    „Wer sagt denn, dass ich überhaupt n Geheimnis habe?“
    Lasse trat wieder einen Schritt dichter an ihn heran. David fühlte sich wie ein Clown. Hatte er Lasse wirklich so falsch eingeschätzt?