Per Anhalter (German Edition)
Kindesentführerin… Die Mörderin? „Aaah“ flötete Lasse, „Da vorne ist sie. Ich kann sie sehen. Huhuuu! Muddi. Hier!“,
„HÖR AUF!“ brüllte er ihn an.
„Bitte! Ich will echt keinen Stress. Lass uns lieber zurück zu den Wohnwagen. Bitte, Lasse. Das… ist echt alles was ich will. Ich bleib auch bei euch und ich tu was immer du willst. Aber hol sie bitte nicht hierher.“,
„Sie findet uns eh. Wetten? Sie findet ein erngwie immer. Sie weiß das so… vom Kopf her, weißt du?“
Ja, nee… schon klar…
Wieder schluckte er einen dicken Batzen Speichel herunter. Er musste jetzt etwas unternehmen. Sofort! Wenn Britta erst kam, war alles vorbei. Er kniete sich hin und legte die kleine Vivi ins Gras. Dies blieb von Lasse leider nicht unbemerkt.
„Hä? Wieso legst sie jetzt hin?“ David stand auf, während Lasse auf ihn zuwankte.
„Nur so“, erklärte er. „Wird schwer.“,
„Vivi? Vivi wird dir zu schwer?“ In der Tat, ja, die kleine war auf Dauer echt ´ne Last. Aber das war nicht das Hauptproblem. Das Hauptproblem lag in der mangelnden Bewegungsfreiheit, und die zumindest war nun wieder erlangt. Lasse stoppte. Jetzt schien er wirklich misstrauisch zu sein. David konnte es ihm nicht verübeln, denn der Fettsack hatte allen Grund dazu.
„Zeig mal deine Hände!“ forderte er ihn auf. David zeigte sie ihm. Sie waren leer. Lasse nickte zufrieden, aber noch immer zeichnete bleiches Misstrauen seine Miene. Er hob den Kopf wieder so wie vorhin, als er aussah, als hätte er verstanden, obwohl er in Wahrheit gar nichts verstanden hatte.
„Du willst mich doch nicht reinlegen, oder David?“,
„Wieso? Wie kommst du jetzt darauf?“,
„Ne-ne, ich mein ja nur.“,
„Wir haben doch abgemacht, dass wir Kumpels sind, oder?“,
„Ja. Schon. Und warum pisst dich so an wegen meiner Muddä?“,
„Mann, Lasse… Weil… Na, weil ich keinen Stress mit ihr will. Mit ihr nicht, mit deinem Vater nicht und auch nicht mit dem anderen. Wie heißt er noch mal?“,
„Uwe meinst du?“,
„Ja, genau. Wenn ich dein Kumpel sein soll und wir uns verstehen wollen, dann dürfen die davon nix mitkriegen, was hier gelaufen ist. Verstehst du?“,
„Kapier ich nich! Aber egal. Wenn du meinst.“,
„Ja, lass uns jetzt mal nach dem Hund gucken, okay?“,
„Ah. Und Vivi bleibt da liegen im Rasen oder was?“
David ging auf Lasse zu, dessen Blick abwechselnd auf ihn und auf das am Boden liegende Baby hin und her schwenkte.
„Ja, ich glaub, das muss sie nicht sehen, oder?“
Das Motorengeräusch war inzwischen so laut, dass David fast panisch wurde.
„Komm, lass uns.“,
„Ja, und Vivi?“ David sprang los, versteckte sich hinter einer der Tannen. Er musste sich nur merken, wo genau er das Baby abgelegt hatte und hoffen, dass Britta es nicht fand. Vor allem aber musste dieser bescheuerte Fettsack ihm folgen. Lauf, Dicker! LAUF verdammt. Renn mir schon hinterher. Doch was tat Lasse? Er guckte nur stockverwirrt und schien gar nicht mehr zu wissen, wo vorne und wo hinten war.
„Nu komm!“,
„Nein, Mann. Ich lass doch meine eigne Schwester hier nich liegen. Dann killt mein Muddä uns.“
Mein Muddä… Aaargh, das ist nicht auszuhalten mit diesem Vollpfosten.
„Ich will nicht dass sie uns sieht. Hab echt keinen Bock auf Ärger, okay? Wir holen sie doch gleich wieder ab.“ Lasse wirkte hin- und hergerissen. David musste sich allmählich eingestehen, dass er ihn für weitaus blöder gehalten hatte, als er tatsächlich war. Jedenfalls ließ er sich nicht so leicht lumpen wie gedacht.
„Du verarscht mich schon wieder, oder? Du denkst echt, ich bin total bescheuert. Was hast du vor ?“
Scheiße, das ist nicht gut.
„Lasse, ich verspreche dir, ich verarsch dich nicht. Aber hast du dir mal überlegt, was deine Mutter mit mir macht, wenn sie heraus findet, dass ich abgehauen bin? Sie wird uns doch niemals abnehmen, dass wir die dicksten Kumpel sind und uns nur ein bisschen hier umsehen. Sie sucht uns doch.“,
„Ich frag mich echt, für wie bescheuert du mich hältst, David. Wenn wir echt Freunde sind, dann musst du wiesowieso wieder zu meine Muddä!“
Wiesowieso???
„Also? Was hast du vor?“ Er drehte seinen Kopf zur Seite. „Da vorne iss sie eh schon. Und wette dass sie uns schon gesehn hat? Wette? “
Davids verletzter Fuß machte sich auf einmal wieder bemerkbar. Es war, als hätte er nur einen Teil der Scherbe heraus geholt, während der Rest davon voll auf seine Nerven drückte.
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