Per Anhalter (German Edition)
blutest übrigens“ darauf aufmerksam.
Lasse entfernte die Küchenrolle, zog den blutigen Rotz hoch und wischte sich mit der rechten Hand über die Nase.
„Ich weiß. Das von dir, Mann.“ Aus irgendeinem Grund lief David rot an. Vielleicht, weil er ins Fettnäpfchen getreten war.
Nun hatte ich ihn gerade so weit, dass er wieder mein Kumpel sein will und ich erinnere ihn daran, dass ich ihn vermöbelt habe. Sehr schlau, Herr Gimm. Sehr clever, ehrlich.
David grinste verschmitzt und tat etwas, worüber er sich schon im Vorwege ekelte. Er reichte Lasse die Hand.
„Tut mir Leid. Echt! Wollen wir Kumpel sein?“ Lasse nahm seine Hand und schüttelte sie.
„Wenn du mir nicht noch mal auf die Fresse haust.“,
„Mach ich nicht, versprochen.“ Seine Hand fühlte sich ganz weich und nass an. David hätte am liebsten gekotzt!
„Und noch was, David. Ich werde meine Eltern beide nix davon sagen natüllich, dass du abgehauen bist. Aber wenn die rausfinden, dass du Vivi klauen wolltest… Denn bringt meine Muddä dich um, das schwör ich dir. Also sag nix.“,
„Ist gut. Versprochen. Ich sag kein Wort. Ich schweige wie ein Grab, wirklich. Und… Was sagen wir dazu, dass wir uns geprügelt haben?“,
Lasse zuckte mit den Schultern.
„Ich sag einfach, ich bin aufs Maul gefallen.“,
„Okay. Danke, Mann.“ Lasse nickte. Für die Winzigkeit eines Augenblickes glaubte er, schon wieder Zweifel in seinen Augen erkannt zu haben. Doch dann setzte er sich in Bewegung.
Zunächst marschierten sie nebeneinander her. Lasse war dauernd dabei, sein aus der Nase fließendes Blut hochzuziehen. Die ehemals „große Liebe“ seiner Mutter, Axel, machte das auch ständig. Seine Mutter hatte ihm erzählt, das käme vom vielen Saufen. Leute, die dauernd besoffen waren, bekamen wohl irgendwann so eine Art „Säuferschnupfen“ oder so ähnlich. Jedenfalls war es eklig.
Sie waren also wieder auf dem Rückweg.
David stellte überrascht fest, dass Lasse fast exakt den Weg ging, auf dem er vorhin hierher gekommen war. Praktisch gerade so, als wäre es der einzige Weg hierher. Überhaupt wirkte Lasse sehr viel weniger redselig, als er zunächst befürchtet hatte.
Vielmehr war er konzentriert. Seine komischen Zuckungen, bei denen er auf sehr eigentümliche Weise die Nase in den Wind zu halten schien, als würde er einer Fährte nachgehen, waren fast schon animalischer Natur. Er war froh, wenn er diesen hirnverbrannten, durchtriebenen Mistkerl endlich von der Backe hatte. Es gefiel ihm ganz und gar nicht, dass sie immer weiter in Richtung der Wohnwagen gingen. Und noch etwas anderes gefiel ihm nicht – er glaubte plötzlich, von weitem her ein Motorengeräusch zu hören. Er schluckte und bemerkte erst jetzt, dass er dies die ganze Zeit vollkommen vergessen haben musste, denn seine Mundhöhle war proppenvoll mit Speichel.
„Hörst du das?“ fragte er Lasse, der neben ihm ging. Dieser nickte und blieb stehen. Das Messer befand sich noch immer in seiner Hand.
„Klingt wie ein Motor, oder?“,
„Ja“ meinte Lasse, ging an ihm vorbei und steuerte zielsicher nach rechts, als wüsste er genau, wohin er gehen musste.
„Kommt von da vorne irgendwo“, erklärte er. „Das is bestimmt Mama.“,
„Scheiße!“ stöhnte David und bereute es noch im selben Moment.
„Wieso Scheiße?“,
„Ach, ich… Ich mein nur, weil. Ich hatte eigentlich gehofft, die bekommen es nicht mit. Deine Eltern. Also das ich weg bin.“ Lasse guckte ihn total ausdruckslos an und vergaß dabei, sein Nasenblut hochzuziehen. Aus beiden Löchern floss es gleichzeitig heraus.
Er ist immer noch verunsichert , stellte David fest, während er gleichzeitig bemerkte, dass das Baby auf seinen Armen eingeschlafen war und dass seine Hände zitterten. Klar zitterten sie. Die Zeit wurde knapp.
„Das is Mama. Hunni pro! Verwette ich mein Arsch drauf, Aldä! Kann ich hörn am Motor.“,
„Okay. Und was sagst du zu ihr, wenn sie kommt?“,
„Macker, hab doch keine Angst vor meiner Muddä. Sie will dir auch nix Böses antun. Echt nich!“
Nein, schon klar. Deine Mutter ist wirklich der freundlichste Mensch auf Erden, Lasse. Sie hat mich auch nicht etwa hierher geschleift, mich einsperren lassen und mir irgendwelche dubiosen Medikamente verabreicht, durch die ich, wer weiß wie lange, geschlafen habe. Schon klar, warum sollte ich mir schon Sorgen machen. Pah, ist doch nur deine Mutter. Deine liebe, freundliche Mutter… Die Bankräuberin… Die
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