Per Anhalter (German Edition)
Hier sagten sich, wie es so schön heißt, Fuchs und Hase „Gute Nacht“, und ausgerechnet hier, wo sonst nicht einmal auf den Hauptverkehrsstraßen von Schweden in der Nacht mehr los war als in irgendwelchen deutschen Hinterwäldlerkaffs, kam jetzt ein Auto? Oder ein Traktor? Oder was auch immer…
„Scheißdreck!“ fluchte er lautstark. Dabei kam nur ein Auto. Keine große Sache. Normalerweise. Doch Mario hatte auf einmal die wildesten Theorien im Kopf. Angefangen mit einem Sensor oder einer Wanze, die unter seinem Auto versteckt war und die es Britta ermöglichte, ihn zu finden, bis hin zur Polizei, die ihn und Sonja bereits die ganze Zeit über beobachtet hatte und jetzt zugreifen wollte. Was sollte er nun tun?
Britta wird doch wohl kaum in der kurzen Zeit eine Wanze unter das Auto geklebt haben… Unter das Auto nicht, nein. Aber was ist mit der Geldkassette? Hab ich da rein geguckt? Oder was ist, nur mal angenommen – und Britta traue ich das durchaus zu – sie hat mir mal so ein Ding eingepflanzt. Als ich gerade völlig breit war zum Beispiel… Und wenn nicht mir, was ist mit Sonja? Sie sucht mich! Ich hätte es wissen müssen!!! Es lag meilenweit außerhalb seiner Vorstellungskraft, dass es sich bei dem Fahrzeug, welches sich ihnen näherte, um einen zufällig vorbei fahrendes handeln konnte. Nein, irgendetwas war falsch daran. Er überlegte, was er nun tun sollte. Er konnte ohne Licht weiterfahren und sich irgendwo verstecken. Aber das war sehr riskant, da er hier absolut nichts sah und gerade neben den unbefestigten Straßen Schwedens manchmal riesige Seen oder Tümpel waren, die weder umzäunt noch sonst irgendwie abgetrennt waren. Licht gab es hier draußen ebenfalls nicht. Außerdem konnte es neben der Spur matschig sein, selbst wenn kein See oder Tümpel da war, und dann saß er womöglich ohne Auto fest.
Und er wollte gleich am nächsten Morgen zumindest bis nach Nordschweden weiterfahren. Andererseits – wenn er zu Fuß floh, musste er Sonja mobilisieren und ebenso nach rechts oder links in den Wald fliehen. Dabei konnte er auch in irgendetwas sehr unangenehmes hineinrennen, während das Auto jedoch stehen blieb. Da aber war das ganze Geld, seine Zigaretten, die Papiere und das Bier drinnen. Sein gesamtes Leben wenn man so will.
Das Auto würde so oder so die Aufmerksamkeit auf sich lenken, ob er nun damit fuhr oder ob er es stehen ließ. Es sei denn, er fuhr ohne Licht, aber dazu war es viel zu dunkel, obwohl die schwedischen Nächte, verglichen mit denen in Deutschland, wirklich hell sind. Sonjas Gezeter hinderte ihn daran, einen klaren Gedanken zu fassen. Wenn sie nicht gleich ihr bescheuertes Maul hielt, würde er ihr noch eine donnern. Sein Kopf zuckte hastig vom Rückspiegel, zur Heckscheibe, in Richtung Wald und auf Sonja. Immer hin und her. Wie viel Zeit blieb ihm wohl noch? Die Scheinwerfer wippten auf und ab. Wer immer das war (und er rechnete am ehesten mit Britta), war nicht besonders schnell unterwegs. Er bedachte, dass es in der Einheit der Rückleuchten immer Reflektoren gab. Im Umkehrschluss hieß das nichts anderes, als dass er längst angeleuchtet und gesehen worden war. Der saure Geruch nach Kotze entfaltete sich. Wie so oft im Leben, hatte Mario auch hier wieder nicht nachgedacht. Deepthroat hin oder her – so klasse er das auch fand, aber wenn er mit dem Auto bis nach Nordschweden weiterfahren wollte, dann war der Geruch von Kotze in den Sitzpolstern alles andere als erquickend. Man war viele Stunden unterwegs und das bei der Hitze…
„Sonja du hältst jetzt dein Maul. Klar?“ Sie war augenblicklich still.
„Papa muss wirklich nachdenken , verstehst du das? Kennst du sowas überhaupt? Nachdenken ? Das muss man manchmal tun, bevor man den nächsten Schritt macht. Kapierst du das? Und ich kann nicht nachdenken, wenn du mir die Ohren voll jaulst!“,
„Wezu Mamaaa“,
„Vergiss deine Mamaaa . Die wirst du nie mehr wieder sehen, klar? Oooh, oder doch, wenn ich dich hier raus lasse. Dann kannst du sie wieder sehen. Dann kannst du sie ja zu Fuß suchen gehen.“
Da riss dieses kleine Biest doch tatsächlich die Tür auf. Er riss an ihren Haaren und zog sie zurück. „Du SPINNST wohl!“ Er beugte sich über sie hinweg und schloss die Tür, dann packte er sie am Kragen und kniff zu.
„Mein liebes Fräulein. Das machst du nicht noch mal, kapiert?“,
„Aaaa-haaaaaaaaa!“,
„WAS?“,
„JAAA!“ Er gab ihr eine Kopfnuss und sie sackte sofort benommen in
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