Per Anhalter (German Edition)
Richtung. Er musste herausfinden, ob er mit seiner Vermutung richtig lag.
Wenn ja… Wenn ja, dann gehe ich ins Wasser und lasse mich treiben. Dann bring ich mich selber um, ist mir dann auch egal. Wieder kreischte es erbärmlich laut in seinem Kopf. Die Erinnerung an das Geräusch der Heckenschere kam zurück. Und immer noch war seine Mutter da. Sie drang noch nicht ganz zu ihm durch, aber sie war da . Genauso, wie seine Beine da waren und doch nicht…
„Ich bin auf einer Insel! ICH BIN AUF EINER INSÄÄÄL!“ Wie auf der Flucht und zudem völlig unkontrolliert schleuderte er seinen missgestalteten, weitwunden Körper voran. Je weiter er sich vom Wasser entfernte, desto intensiver war die Hitze. Er hatte das Gefühl, als quoll sie bereits aus seinen Ohren heraus. Und es wurde von Minute zu Minute schlimmer. Das Kreischen war jetzt gänzlich zu einer Heckenschere geworden. Einer Heckenschere, die von Tante Inge betrieben wurde. Irgendwo… ganz in der Nähe (… in seinem Kopf) und doch viel zu weit entfernt. Er suchte systematisch die Umgebung ab. Er wusste, dass irgendwer hier war. Nur wer genau , das wusste er nicht. Aber einer von ihnen würde da sein. Entweder Lasse, oder Britta… Vielleicht sogar seine Mutter. Sie war eine hinterhältige Schlampe geworden. Eine richtig hinterhältige Schlampe, denn jetzt wusste er sie schallend lachen, während sie bestätigend mit dem Kopf nickte wenn er sagte, dass er auf einer Insel war. Sie hatte es doch von Anfang an gewusst.
„Mich stördas nich!“ keifte er. „Ihr könnmich allemal! ALLÄÄ!“
Und alle fingen an zu lachen! Die Heckenschere wurde wieder zu einem Kreischen… Zu Fingern auf einer Tafel…
„Wenn ich euch kriege ma i euch PLATT! PLAAAATT!!!“ Vielleicht war es eine falsche Bewegung, vielleicht lag es am endgültigen Schwinden seiner Kräfte, jedenfalls landete er mit dem Gesicht auf dem Boden. Ein Stich schoss quer durch ihn hindurch. In seinem Rücken ergoss sich Soße. Zumindest sah er es so. Ein großer Topf voller Soße floss durch ihn hindurch… Angefangen am Rücken… Doch er ließ sich nicht davon unterkriegen. Seine Arme waren gebeugt.
Vorwärts bewegte er sich jetzt nur noch, indem er die Ellenbogen auflegte, sich mit letzter Kraft nach vorne zog, liegen blieb und anschließend den nächsten Arm benutzte. Inzwischen sah er seine Mutter in einem alten hölzernen Schaukelstuhl sitzen. Sie war eine riesenhafte Gestalt. Vielleicht kam es ihm auch nur so vor, weil er ja jetzt keine Beine mehr hatte und gezwungen war, über den Boden zu robben. Er lag ihr also quasi zu Füßen. In ihrer einen Hand hielt sie eine Zigarette. Er konnte ihre Zähne sehen und ihren verstohlenen, abschätzigen Blick, seitlich zu ihm herab. Sie wippte… und wippte… und wippte.
„Was wissu von mir!“ pflaumte er sie an. Doch sie wippte nur weiter… und nach einer Weile aschte sie ab und schüttelte langsam den Kopf. Oh, er konnte sie jetzt unglaublich klar vor sich sehen. So klar, dass er nur noch mit dem Kopf nach vorne schnellen musste, um ihr in den Fuß zu beißen. Und er hatte nicht übel Lust, genau das zu tun.
„Kannst mir ma antworten jetzt?“ Sie zog an ihrer Zigarette. Dabei ähnelte sie Britta. Ein riesiger Ballon aus blauem Dunst quoll aus ihrem Mund. Kurz hatte sie vergessen zu wippen, aber das setzte sie nun fort. Dann grunzte sie – und fing an zu lachen.
„Antworte MI-HIIR!“,
„Britta hatte Recht. Du bist echt undankbar. Ein undankbares Stück! Mir brauchst du nix vorzujammern, David. Gar nix! Vergiss es!“ ,
„Du bist meine Mutter!“,
„Deine Muddä, David“ , sie lachte wieder, „Deine Muddä. Deine Muddä do, die macht sich ´n schön Tach mit ihrer Tochter!“ ,
„Du bis ne Schlampenmutter!“ Und sie wippte… Und wippte…
„Mutter hörst du? Ich mach Euch alle platt hier. Alle! Ihr verarscht mich nur! NICHT MEHR MIT MIR! ICH FICK EUCH ALLE IN EUREN ARSCH AUCH DICH LENA UND NADDEL-NADJA UND BRIDDA DU HÄSSLICHE SCHEISSE!!! ICH FICK EUCH! ICH FICKE EUCH!!! ICH FICKÄÄÄ! ICH MACH EUCH PLAAAAAATT!“
David schlug mit dem Kopf auf die Erde und biss in sie hinein. In den Fuß seiner Mutter. Aber sie lachte weiter.
Und immer noch war da diese Hitze… Diese grässliche, barbarische Hitze… Die Sonne stand direkt über ihm. Und sie quoll tatsächlich schon aus ihm heraus… Das spürte er haargenau. Die Suppe lief weiter durch seinen Rücken…
„ICH FICK EUCH!“
Er bemerkte nicht, was er da
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