Per Anhalter (German Edition)
ja wohl MICH angegrabbelt.“,
„Ja, jedenfalls will er dir aufs Maul hauen, nä.“,
„WA?“,
„Ja, wir haben dich hierhin gebracht, weil du hier sicher bist.“
Das musste David jetzt erst mal sacken lassen. Brittas Freund wollte ihm aufs Maul hauen, obwohl sie ihn angemacht hatte. Entweder verarschte ihn die fette Bazille oder diese Geschichte war nur ein weiteres Geflecht in diesem ellenlangen Rattenschwanz der Absurditäten. Die Frage musste raus: „Was seid ihr eigentlich für Leute , Mann?“ Lasse gluckste, den Blick zu Boden gerichtet, noch immer mit dem Fuß spielend. Seine Hände befanden sich auf dem Rücken – er sah wieder aus wie ein Kind, das ausgeschimpft wurde und sich nicht mehr zu helfen weiß.
„HEY! Kannst du mich jetzt mal anschauen wenn ich mit dir rede?“, er lachte verlegen, „Wieso?“,
„Wiesooo? Weil es sich so gehört, Mann! Kapiert? Ich komm mir hier echt vor wie bei so ´ner primitiven Affenbande. Ihr lebt hier in solchen Baracken, irgendwo hinterm Wald, schleppt mich da hin wie so ´n totes Tier und könnt mir auch nicht sagen, was das alles hier soll. Jetzt erzählst du mir, dass der Freund von deiner Mutter mir aufs Maul hauen will…“ Lasse grunzte vor Lachen. Es klang obszön, widerlich, genau wie bei Uwe. Genau genommen kam es so originalgetreu daher, als hätten sie stundenlang vor einem Schwein gehockt und es sich angeeignet. Zu beiden passte schweinisches grunzen wie die Faust aufs Auge. Beide waren wie Schweine – tierisch, ordinär, verdreckt und fett . Letzteres traf besonders auf Lasse zu.
Während seiner Schulzeit hatte David so einige dicke Kinder miterlebt – keines war so fett wie Lasse, doch jedes davon wurde irgendwann einmal auf dem Pausenhof gejagt, geschlagen, gehänselt oder einfach beleidigt wenn es moppelig war.
Er sehnte sich die Leute herbei, die so etwas taten. Es war sicher ein genüsslicher Anblick, diese hässliche fette Drecksau am Boden liegend flennen zu sehen. Er war an sich kein gehässiger Mensch – aber diese Wuchtbrumme hier hatte es verdient, mal so richtig dran zu kommen.
Von den richtigen Leuten, die wussten, was man zu fettleibigen Hoschis wie dem da sagen musste… Die da standen und wie 12-Jährige Kinder lachten, die kurz zuvor dabei erwischt wurden, wie sie Scheiße gebaut hatten. David war wieder im Begriff, Lasse anzupacken – er wollte ihn an sich heran zerren und ihm direkt ins Gesicht schreien. Doch eine unsichtbare Kraft hielt ihn davon ab. Vielleicht die natürliche Abscheu. Er konnte sich nichts Unappetitlicheres vorstellen, als das schweißdurchtränkte T-Shirt von dieser Ekelbacke anzufassen. „Hier bist du jedenfalls sicher“ gackerte er. Er sprach, als ob seine Zähne zusammenklebten und er sie nicht mehr auseinander bekam.
„Was?“ jetzt tat David es doch – er stieß mit beiden Händen gegen seine Brust – „Guck mich an. Was?“, „
Der ist echt voll brutal, Alter.“ Und wieder kicherte Lasse.
„Alter, ich hau dir gleich was aufs Maul, wenn du nicht aufhörst so bescheuert zu lachen!“, „Das mach du man. Aber dann musst du erst an mir vorbei.“ Im ersten Moment dachte David, Lasse hätte das eben gesagt. Wie ein Bauchredner oder so. Aber die Stimme kam definitiv aus der anderen Richtung. Sie war hinter ihm. Sie war tief und männlich.
„Hast du gehört?“
Ach. Du. Scheiße. schoss es David durch den Kopf. Langsam drehte er sich um. Und was er da vor sich sah, hätte er lieber nicht gesehen!
***
Elisabeth -Elli- Wagner und ihr Mann Reinhard lebten in dem kleinen Dorf Mohrbüll in einem schmucken Anwesen am Waldesrand. Seit über 30 Jahren schon.
Ziemlich einsame Gegend. Doch die beiden liebten es hier.
Er war Offizier beim Bund und ihm fehlten nur noch gut drei Jahre bis zum Ruhestand.
Mit 56 Jahren war er diesbezüglich für Bundeswehrverhältnisse spät dran. Elli war Hausfrau, und das aus Leidenschaft. Alles rund um Haus und Garten, das war ihr Ding. Und deshalb sah das Anwesen auch so aus, wie es aussah - top gepflegt.
Selbst von den Garagenfliesen konnte man bedenkenlos essen wenn man wollte. Sie hielt alles in Schuss und der wehrte Gatte brachte das Geld nach Hause.
Biedere Romantik an einem Flecken Erde, an dem Zeit keine Rolle zu spielen schien.
Gerade goss Elli ihre Geranien - Blumen gießen war wichtig bei der Hitze - und beobachtete eine Bachstelze dabei, wie sie durch ihren Vorgarten hüpfte, und in dem stets etwas schattigen Plätzchen
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