Per Saldo Mord
erwarte einen Freund, Mr. George Biggs Gridley. Es wäre mir lieb, wenn er ein Zimmer in meiner Nähe bekommen könnte. Ich bezahle es gleich mit, und Sie geben mir den Schlüssel. Sollten wir uns entschließen, länger zu bleiben, dann werden wir uns mit Ihnen über eine Wochenpauschale einigen.«
Als ich meine Brieftasche zückte, lächelte der Empfangschef wie ein Honigkuchenpferd und gab mir zwei nebeneinanderliegende Zimmer.
Dann schlug ich im Fernsprechbuch die Adresse einer Selbstfahrerzentrale nach, lieh mir einen Kombiwagen, fuhr zum Bahnhof, wies meinen Gepäckschein vor und löste meinen Koffer aus. Das Ding war verdammt schwer, und etwas daran kam mir merkwürdig vor. Das Gewicht war schlecht verteilt. Da, wo sich der Kofferboden befand, war es am schwersten. Ich stellte mein Vehikel auf dem Hotelparkplatz ab und ließ den Koffer in das Zimmer befördern, das ich für meinen Freund George Biggs Gridley genommen hatte.
Ich klingelte nach dem Captain der Boys und setzte ihm meine Lage auseinander. »Ich bin in einer verteufelten Klemme«, erklärte ich ihm. »Ich hab’ meinen Kofferschlüssel verloren. Gibt es hier jemand, der mir das verdammte Ding auf machen kann?«
»Sicher, der Hausdiener. Er hat immer eine ganze Kollektion von Schlüsseln bei sich. Ich schicke ihn rauf. Er kann Ihnen bestimmt helfen.«
Ungefähr fünf Minuten später kam der Hausdiener angetrabt und schwenkte diensteifrig seinen Schlüsselring. Ich zeigte ihm den Koffer, und in dreißig Sekunden hatte er den passenden Schlüssel gefunden und das Schloß geöffnet. Als ich ihm zwei Dollar in die Hand drückte, grinste er. »Es war weiter nichts dabei, Sir. Diese Schlösser sind meistens ganz unkompliziert. Es kommt nur darauf an, einen einigermaßen passenden Schlüssel zu erwischen. Bei manchen genügt schon eine Haarnadel.«
Sobald er wieder abgezogen war, klappte ich den Deckel zurück. Der Koffer war bis zum Rand mit Wolldecken vollgestopft. Als ich sie herausgezerrt hatte, stieß ich auf eine Lage Bücher und Karten, die mit Zahlen vollgekritzelt waren. Ich setzte mich auf den Fußboden und nahm meinen Fund in Augenschein, aber ich kam einfach nicht hinter den Sinn dieser kabbalistischen Krakeleien. Mir schwante, daß es sich um hohe Geldbeträge handelte, denen irgendein mir unbegreifliches System zugrunde lag. Die Zahlenkombinationen in der rechten Spalte beispielsweise lauteten folgendermaßen: 20-50-1C- 2C-5C-7C-2G-1G-. Das C bedeutete offenbar jeweils hundert Dollar, das G tausend. Als Arbeitshypothese mochte diese Erklärung angehen; aber weiter brachte sie mich auch nicht. Dann wandte ich mich den Karten zu. In der linken oberen Ecke stand jeweils eine Zahl, wie etwa: 0051 364, und darunter eine Reihe von Zahlen, die durch ein Minuszeichen voneinander getrennt waren, zum Beispiel: 4—5—59—10—1—; 8—5—59—4—1+.
Auf fast allen Karten, die ich wahllos herausgriff, endete die Nummer links oben mit der Zahlengruppe 364, während die Zahlenreihe darunter manchmal mit einem Plus und manchmal mit einem Minus aufhörte. Ich schrieb ein paar von den Zahlenkombinationen in mein Notizbuch und konzentrierte mich danach auf den Koffer. Obwohl ich sicher war, daß er ein Geheimfach hatte, und ich ihn von allen Seiten untersuchte und Millimeter für Millimeter abtastete und ab- klopfte, dauerte es beinahe zehn Minuten, bis ich dem Dreh auf die Spur kam. Die winzigen Schrauben, mit denen der doppelte Boden befestigt war, waren so raffiniert getarnt, daß man sie mit bloßem Auge nicht sehen konnte. Ich nahm mein Taschenmesser zu Hilfe, und sobald sie herausgeschraubt waren, ließ sich der Kofferboden ohne Schwierigkeiten entfernen. Das Geheimfach darunter war bis zum Rand mit Tausenddollarscheinen gefüllt.
Es handelte sich um eine Summe von 52 000 Dollar. Ich zählte sie zweimal hintereinander, um ganz sicherzugehen, verstaute fünfzig Tausenddollarnoten in meiner Rocktasche, legte die restlichen zwei in das Fach zurück, paßte den doppelten Boden ein und schraubte ihn fest. Dann stopfte ich die Wolldecken in den Koffer, klappte ihn zu, wischte meine Fingerabdrücke ab und ließ ihn mitten im Zimmer stehen.
Ich fuhr im Lift in die Halle hinunter, begab mich ins Büro und sagte zur Kassiererin: »Mein Name ist Lam, Donald Lam. Ich muß sofort abreisen. Meine Rechnung ist bereits bezahlt.«
Sie suchte sie heraus. »Aber Sie sind ja gerade erst eingezogen, Mr. Lam.«
»Tja, ich weiß. Tut mir leid, aber ich mußte
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