Per Saldo Mord
Papierkorb durchwühlt und ihren Fund auf dem Schreibtisch deponiert. Es war ein zerknülltes Blatt aus einem Notizbuch. »Was steht drauf?« fragte ich und setzte die Reisetasche ab.
»Nur ein paar Telefonnummern«, antwortete sie. »Ich glaube, die eine stammt aus San Francisco.«
»Fein.« Ich notierte mir die Nummern. »Sonst noch was?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nichts außer vergammelten kosmetischen Artikeln, Lippenstiftstummeln und dergleichen.«
»Okay. Mrs. Charlotte hat das Zimmermädchen benachrichtigt. Es kommt noch vor heute abend her und macht sauber. Bestellen Sie sich ein Taxi, fahren Sie in Ihre Wohnung und packen Sie einen Koffer für ungefähr zwei Tage. Und beeilen Sie sich.«
Sie wollte etwas erwidern, überlegte es sich anders, ging zum Schrank und nahm ihren Mantel vom Bügel.
»Lassen Sie mir den Wohnungsschlüssel da«, sagte ich. »Sie können die Tür hinter sich zuschlagen. Sollte ich Weggehen, bevor Sie zurück sind, dann hinterlege ich ihn unten am Empfang. Warten Sie, ich bin gleich wieder zurück.«
Ich gondelte im Lift nach unten, stieg in den Wagen, steuerte ihn vor die Garageneinfahrt, machte das Tor auf und verstaute den Koffer in einem dunklen Winkel. Dann fuhr ich den Wagen rückwärts in die Garage, hievte meinen Koffer heraus und stellte ihn dahin, wo eben noch sein Gegenstück gestanden hatte. Ich hängte das neue Schloß vor, parkte meinen Wagen wieder vor dem Hotel und sauste in die Wohnung hinauf.
»Okay, Elsie, Sie können gehen.«
»Ich werde irgendwo haltmachen und ein paar Lebensmittel einkaufen müssen«, meinte sie.
»Sicher. Legen Sie sich ruhig ein paar Vorräte hin; Kaffee, Milch, Zucker, Eier, Salz, Brot, Speck und so was. Die Managerin könnte auf die Idee kommen, hier herumzuschnüffeln. Der Taxifahrer kann Ihnen das Zeug bis zum Lift tragen. Wenn ich noch da bin, helfe ich Ihnen; andernfalls müssen Sie es allein hereinschleppen.«
»Aber Sie lassen doch von sich hören, damit ich weiß, wo Sie sind?«
Ich notierte mir die Telefonnummer. »Natürlich, Elsie. Ich bleibe mit Ihnen in Verbindung. Und jetzt machen Sie, daß Sie fort- kommen.«
Die Managerin rief an und sagte, das Taxi sei da.
»Na schön«, murmelte Elsie. »Ich bin eine folgsame Ehefrau und höre und gehorche. Aber ich muß gestehen, ich hatte mir eine Ehe mit Ihnen anders vorgestellt, Donald.«
Nachdem Elsie verschwunden war, sah ich mich in meinem Reich um. Hoffentlich läutete das Telefon nicht. Falls jemand anrief, mußte ich es läuten lassen, denn eine männliche Stimme würde natürlich Verdacht erregen und das Wild verscheuchen. Ich schob mir einen Stuhl ans Fenster, setzte mich und deponierte meine Füße auf einem zweiten Stuhl. Das Telefon riß mich aus meinen Gedanken. Ich rührte mich nicht. Nach einer Ewigkeit hatte der unbekannte Teilnehmer anscheinend die Nase voll und legte auf. Das Läuten hatte mich nervös gemacht. Ich stand auf, wanderte im Zimmer auf und ab und sagte mir, daß ich Elsie nicht hätte wegschicken sollen. Zwanzig Minuten später läutete das Telefon wieder, und diesmal hörte es überhaupt nicht mehr auf. Schließlich hielt ich es nicht länger aus, ging hinüber, nahm den Hörer ab und fragte: »Welche Nummer haben Sie gewählt, bitte?«
»Du liebe Güte, wo haben Sie denn nur gesteckt?« rief Mrs. Charlotte. »Ich wußte, daß Sie oben sind und...«
»Ich war im Bad. Tut mir leid. Was gibt’s denn?«
»Hier ist ein Mann, der in die Garage hinein möchte. Er soll einen Koffer abholen.«
»Hat er eine schriftliche Bestätigung, einen Brief oder so was?«
»Nein, aber er hat den Garagenschlüssel — ich meine, den Schlüssel zu dem alten Schloß. Als er ihn ausprobierte, stellte er fest, daß er nicht mehr paßte. Sie sagten mir zwar, daß Sie ein neues Schloß kaufen würden; aber daß Sie es bereits ausgetauscht haben, sagten Sie mir nicht. Und einen neuen Schlüssel haben Sie mir auch nicht gegeben.«
»Entschuldigen Sie bitte, das hab’ ich verschwitzt. Ich komme sofort runter und lasse den Boten in die Garage.«
»Das ist nicht nötig. Ich kann auch raufkommen und mir den Schlüssel holen.«
»Oh, sicher. Das ist sehr freundlich von Ihnen.«
Ich sauste zum Lift und wartete auf Mrs. Charlotte. »Tut mir leid, daß ich Ihnen so viel Mühe gemacht habe. Ich hätte Ihnen den Schlüssel gleich geben müssen.«
»Nun ja, es war in der Tat etwas peinlich für mich, daß...«
»Sie sagten, der Mann wolle einen Koffer abholen?«
»Ja.
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