Per Saldo Mord
großzügig auf einen Trauschein und sonstige Formalitäten verzichtete. Dann ließ sie sich hinter Downers Rücken mit Herb Baxley ein. Vielleicht war’s auch eins von diesen Dreiecksverhältnissen, wo jeder mal ein Auge zudrückt. Die zwei Männer kannten sich allerdings vom Zuchthaus her. Folglich könnte es sich auch nur um eine reine Geschäftsbeziehung gehandelt haben. Ist auch egal. Aber wenn wir davon ausgehen, daß sich die beiden kannten, den Überfall gemeinsam ausknobelten und daß Downer seinen Anteil an der Beute gleich einsteckte, dann rundet sich das Bild. Als Baxley merkte, daß wir hinter ihm her waren, und es mit der Angst zu tun kriegte, sauste er zur nächsten Telefonzelle. Wir nahmen an, er hätte Hazel angerufen. Aber jetzt neigen wir mehr zu der Ansicht, daß er Standley einen Wink gab, worauf der sich schleunigst aus dem Staub machte.
Im Moment sind wir einer vielversprechenden Sache auf der Spur. Ein gerissenes kleines Flittchen namens Evelyn Ellis scheint Hazel ihren vielgeliebten Pseudogatten ausgespannt zu haben. Die zwei Rivalinnen gerieten sich in die Haare. Sowie ich einen Bericht darüber habe, erfahre ich vielleicht auch, bei welcher Gelegenheit sich Donald Standley Downers Koffer unter den Nagel gerissen hat.«
»Was? Donald hat einen Koffer geklaut?« rief Bertha ungläubig.
»Stimmt. Dieser Schlaumeier hat es irgendwie fertiggebracht. Downer einen falschen Koffer unterzuschieben.«
Bertha drehte sich um und starrte mich mit ihren gierigen, kleinen grauen Augen an. Ihr Gesicht sah noch ein wenig blühender aus als sonst; aber ihre Miene war völlig ausdruckslos. »Der Teufel soll mich holen, wenn ich ein Wort von dieser verdammten Koffergeschichte begreife! Was war eigentlich los, Donald?«
Ich hatte ohnehin nicht die Absicht, mich zu diesem Thema zu äußern, auch wenn Sellers mich hätte zu Worte kommen lassen. Aber er hakte sofort wieder ein. »Donald ging gestern nachmittag in seine Wohnung, Bertha, und er hatte es verdammt eilig. Er warf ein paar Sachen in einen Koffer und verduftete. Ein Mann, der Donalds Personenbeschreibung entspricht, kaufte gegen Abend eine Fahrkarte für den >Silberpfeil< nach San Francisco und gab einen Koffer auf. Und jetzt brauchen Sie nur noch zwei und zwei zusammenzuzählen.«
Bertha dachte nach. »Und warum beschuldigt man ihn des Mordes?«
Sellers zuckte mit den Schultern. »Warum nicht? Standley Downer verduftete von hier nach San Francisco. Erst wollte er sich vermutlich seine finanziellen Verbindlichkeiten vom Halse schaffen und danach den Rest der 50 000 Piepen mit Evelyn Ellis auf den Kopf hauen. Er nahm ein Apartment im Hotel >Caltonia<. Evelyn wohnte unter dem Namen Beverly Kettle im gleichen Hotel. Downer erwartete offenbar eine ganze Menge Besucher, Geschäftsfreunde, Gläubiger und dergleichen, sonst hätte er einfach ein Zimmer verlangt. Tatsächlich hatte er das Apartment telegrafisch im voraus bestellt.
Als Standley den Koffer aufmachte, um den Zaster rauszuholen, merkte er, daß er den falschen erwischt hatte. Die Leute, die bei ihm einkassieren wollten, schluckten seine Erklärung nicht. Sie dachten wohl, er wolle sie übers Ohr hauen. Vermutlich kam es zu einem Streit. Jedenfalls sah das Zimmer wüst aus, als man den Mord entdeckte. Der Koffer war ausgeleert, das Futter herausgerissen, der Inhalt auf dem Fußboden verstreut. Standley hatte eine Stichwunde im Rücken. Die Mordwaffe, ein Messer mit ungewöhnlich schmaler, dünner Klinge, wurde allerdings bisher nicht gefunden. Höchstwahrscheinlich hat sie der Mörder wieder mitgenommen.
Und nun zu Donald. Er ist ein kluges Kerlchen, ein verdammt raffinierter kleiner Bastard. Natürlich möchte er nicht mit 50 000 Dollar in der Tasche geschnappt und gefilzt werden. Nun haben unsere Ermittlungen ergeben, daß er sich aus San Francisco per Luftpost ein Päckchen mit Fotozubehör ins Büro schicken ließ. Wir hängten uns an die Strippe, zogen in dem Fotoatelier ein paar Erkundigungen ein, und was, glauben Sie, stellte sich dabei heraus? Ein Bursche, auf den Donalds Personenbeschreibung haargenau zutrifft, kaufte heute morgen in dem Laden eine gebrauchte Kamera inklusive eines Futterals, gab dem Geschäftsführer seine Karte und bestand darauf, daß das Paket sofort zum Flughafen befördert würde.
Wissen Sie, was wir jetzt machen, Bertha? Wir fahren zur Agentur und warten dort, bis das Päckchen abgeliefert wird. Und dann wird sich ja zeigen, wer...«
»Kurz bevor Sie
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