Per Saldo Mord
Kuckuck, bist du nicht in einen Laden gegangen mit amerikanischen Verkäufern und einem amerikanischen Manager? Diese Orientalen kannst du nicht hinters Licht führen. Sie dienern und schwänzeln grinsend um dich herum und haben dabei ihre listigen kleinen schwarzen Augen überall. Angewohnheiten, die unsereiner überhaupt nicht bemerkt, sagen ihnen alles über dich. Glaub mir, die lesen in dir wie in einem Buch.«
»Du bist provinziell, Bertha. Jedes Volk hat seine Konventionen und seine typische Verhaltensweise. Die Japaner sind vermutlich der Meinung, daß wir Amerikaner einander in die Augen schauen, die Hände schütteln, auf den Rücken klopfen und uns dabei gegenseitig die Hucke voll lügen. Die Verbeugungen und das stereotype Lächeln sind bei den Japanern die gebräuchliche Form der Begrüßung, mehr nicht. Du mißtraust ihnen, weil du ihre Intelligenz fürchtest.«
Bertha funkelte mich ärgerlich an. »Geh zur Hölle! Dieser verdammte Hundesohn hat ja nicht mich übers Ohr gehauen, sondern dich.«
»Okay, okay. Du hast das Paket gesehen, als es abgeliefert wurde. War die Verpackung beschädigt?«
»Nein, Es war ordentlich verschnürt und völlig intakt. Weil ich wissen wollte, was drin war, machte ich es auf. Aber ich kam nicht weit, weil Frank Sellers anrief und mich rüberzitierte. Ich sah nur den Fotoapparat, und das genügte mir. Es ist unerhört, wie du mit dem Geld herumschmeißt, Donald!«
»Das sieht dir ähnlich, um ein paar Kröten zu jammern, wo es um 50 000 Dollar geht. Wir sitzen verdammt in der Klemme.«
»Klemme!« kreischte Bertha. »Das Wasser steht uns bis zum Hals! Die Agentur geht vor die Hunde, wenn nicht bald was geschieht. Du mußt beobachtet worden sein, Donald. Wenn dieser verflixte Japs nichts damit zu tun hat, muß jemand anders der Dieb sein. Vielleicht ist dir jemand bis zu dem Laden gefolgt und hat später das Päckchen irgendwie abgefangen und...« Sie unterbrach sich und starrte mich an. »Was gibt’s, Donald?«
»Du hast recht. Jetzt fällt’s mir wieder ein. Direkt nach mir betrat eine bildhübsche Puppe den Laden und verlangte eine Kamera. Ich stand ziemlich weit hinten an dem Tisch für Gebrauchtwaren,«
»Wie sah sie aus?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung.«
Bertha schnaubte verächtlich. »Erzähl mir nicht, daß du sie nicht genau unter die Lupe genommen hast. Ich kenne dich doch. So ein Flittchen braucht nur in der Nähe aufzutauchen, und schon starrst du es an, als müßtest du seinen Steckbrief entwerfen.«
»Diesmal nicht. Ich war zu sehr damit beschäftigt, die Moneten in dem Karton zu verstauen, und ich hatte nicht viel Zeit.«
»Na schön«, sagte Bertha nach einer Weile. »Noch eins. Was hast du mit Downers Koffer gemacht, nachdem du das Geld rausgeholt hattest?«
»Ich hatte im Golden-Gateway-Hotel zwei Zimmer gemietet, eins auf meinen Namen und eins auf den Namen George Biggs Gridley. Downers Koffer hab ich in Gridleys Zimmer stehenlassen. Außerdem hatte ich in meinem Koffer einen Brief hinterlegt, den Downer finden mußte. Aus ihm ging hervor, daß der Eigentümer des Koffers Gridley hieß und im Golden-Gateway-Hotel abgestiegen war.«
»Warum hast du das getan?«
»Um irgendwie an Downer ranzukommen, falls das Geld nicht im Koffer steckte. Ich hoffte, daß er an eine Verwechslung glauben und sich mit Gridley in Verbindung setzen würde. Ich hatte die Sache so arrangiert, daß ich den Anruf entgegennehmen oder mich still und heimlich aus dem Staub machen konnte.«
»Hat Downer angerufen?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Weil er tot war.«
Bertha dachte darüber nach. »Wieso hat dann die Polizei den Brief nicht gefunden und sich auf schnellstem Weg ins Hotel begeben, um Gridley auf den Zahn zu fühlen?«
»Weil der Brief nicht mehr da war. Der Mörder hatte ihn wohlweislich an sich genommen.«
»Also, das schlägt dem Faß den Boden aus! Die Polizei ist wegen des Mordes hinter dir her, und der oder die Mörder sind wegen der 50 000 Piepen hinter dir her... und irgend so eine miese Zicke hat sich den Zaster inzwischen unter den Nagel gerissen und lacht sich ins Fäustchen!«
Ich nickte. »So sieht’s wenigstens aus.«
»Mich laust der Affe!«
Bertha saß ein paar Minuten lang stumm da. Aber der Gedanke an die Riesensumme, die uns durch die Finger geschlüpft war, ließ sie nicht zur Ruhe kommen. »50 000 Dollar! Du hattest das Geld in der Tasche, Donald. Wir hätten eine Belohnung von 15 000 Dollar einkassieren können.
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