Per Saldo Mord
übertölpeln lassen.
6
Die Düsenmaschine landete um halb acht Uhr abends in San Francisco. Das Dinner und einige Gläser Champagner waren im Flugpreis inbegriffen. Gesättigt und gut gelaunt schnappte ich mir ein Taxi und ließ mich vor dem Palasthotel absetzen. Von da aus stiefelte ich zu Fuß um ein paar Ecken, um zu sehen, ob man mich beschattete. Mir fiel nichts Verdächtiges auf. Daraufhin begab ich mich zum Hotel >Caltonia<, gondelte im Lift zum Zimmer Nummer 751 hinauf, ohne mich anzumelden, und klopfte.
Nach einem Moment hörte ich, daß sich drinnen etwas bewegte. Es raschelte dicht hinter der Tür, und dann fragte eine weibliche Stimme vorsichtig: »Wer ist da?«
»Machen Sie auf!« knurrte ich.
»Wer ist das? Was wollen Sie?« Diesmal klang die Stimme ziemlich erschrocken.
»Hol’s der Teufel! Inzwischen sollten Sie meine Stimme von Rechts wegen kennen, öffnen Sie die Tür!«
Der Riegel wurde zurückgeschoben, und die Tür ging auf. »Entschuldigen Sie, Inspektor, ich hab’ Ihre Stimme nicht gleich erkannt. Ich...«
Als sie mich erblickte, fuhr sie zurück und wollte mir die Tür vor der Nase zuschlagen. Aber ich hatte meinen Fuß dazwischen gestellt, stemmte sie mit der Schulter auf und schob mich ins Zimmer.
»Sie — wer sind Sie?«
»Mein Name ist Lam. Ich bin Privatdetektiv.«
»Ach, du liebe Güte! Dann sind Sie also der Mann, dessen Koffer...«
»Stimmt. Und ich möchte wissen, wie Downer zu meinem Koffer kam.«
Sie trug einen Pyjama aus weicher, buntgeblümter Seide. Die Jacke stand bis zum dritten Knopf von oben offen, und die Hose war so geschnitten, daß sie ihre vollen Formen betonte. Die Fotos hatten nicht zuviel versprochen. Sie war eine Augenweide, und sie hatte geweint.
»Tut mir leid; aber Sie haben sich umsonst hierher bemüht. Die Polizei hat Ihren Koffer mitgenommen. Ich kann leider nichts für Sie tun.«
»Wo hat sich das Ganze abgespielt?« erkundigte ich mich.
»In der zehnten Etage.«
»Und wann?«
»Es muß gleich nach seiner Ankunft passiert sein. Er hatte sich das Apartment reservieren lassen und...«
»Apartment?« wiederholte ich.
»Ganz recht.«
»Wozu das? Warum nicht einfach ein Zimmer?«
»Woher soll ich das wissen? Das müßten Sie ihn schon selbst fragen, und dazu dürfte es wohl zu spät sein.«
»Scheint mir auch so.«
»Setzen Sie sich doch«, sagte sie einladend. Sie drapierte sich auf der Couch und sah mit großen, klaren Augen zu mir auf. Ihre Augen waren tiefblau, und sie versuchte ihnen einen seelenvollen, bekümmerten, unschuldigen Ausdruck zu geben. Aber ihre gespielte Naivität überzeugte mich nicht. Mir schwante, daß sie verdammt unangenehm werden konnte.
»Wenn mich nicht alles täuscht, sind Sie der Detektiv, der Standley aufspüren sollte«, bemerkte sie nach einer kurzen Pause.
»Möglich. Wissen Sie vielleicht auch in wessen Auftrag?«
»Allerdings. Im Auftrag von Hazel Clune. Sie nannte sich Hazel Downer. «
»Sie mögen sie anscheinend nicht, wie?« fragte ich.
»Und das wundert Sie? Sie ist doch eine richtige — eine Kreatur.«
»Das sind wir alle.«
»Mag sein. Aber sie ist eine Goldgräberin und hat sich nur deshalb an Standley gehängt, weil er Geld hatte.«
»Und bekam sie Geld von ihm?«
»Natürlich. Sie hat ihren regulären Freund kaltschnäuzig abserviert und sich an Standley rangemacht. Und den hat sie bis zum letzten Cent ausgequetscht.«
»Und was hat sie mit dem Geld gemacht?«
Ihre Augen funkelten vor Wut. »Das wissen Sie doch ganz genau«, fauchte sie. »Sie hat sich mit Schmuck und Kleidern eingedeckt, und als nichts mehr da war, hat sie die Koffer vertauscht und ihm noch zusätzlich 50 000 Dollar geklaut. Und als der arme Standley auszahlen sollte und nicht konnte, weil er den falschen Koffer hatte, da haben die anderen ihn um die Ecke gebracht.«
»Jetzt fangen Sie allmählich an, mich zu interessieren.«
»Danke«, antwortete sie sarkastisch. »Das ist riesig schmeichelhaft, vor allem, wenn das Kompliment von einem so großen, kräftigen, handfesten Mann wie Ihnen kommt.« Sie gähnte ostentativ.
»In seinem Koffer hatte er also 50 000 Dollar?«
»Allerdings.«
»Und wo ist der Koffer jetzt?«
»Keine Ahnung. Hazel hat ihn vermutlich irgendwo versteckt. Sie hat Standley auf dem Gewissen. Wenn sie ihm das Geld nicht gestohlen hätte, dann wäre er jetzt noch am Leben.«
»Wie meinen Sie das?«
»Na, ich hab’s Ihnen doch schon gesagt. Den Leuten, mit denen er
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