Percy Jackson Bd. 5 Die letzte Göttin
richtigen Moment gewartet, um euch dort herauszuholen.«
»Aber was ist aus unserer Mutter geworden? Warum kann ich
mich nicht an sie erinnern?«
»Spielt keine Rolle«, fauchte Hades.
» Was? Natürlich spielt das eine Rolle. Und wenn du noch andere Kinder hattest – warum hast du nur uns weggeschafft? Und
wer war der Anwalt, der uns aus dem Kasino geholt hat?«
Hades knirschte abermals mit den Zähnen. »Es wäre zu deinem
Besten, mehr zuzuhören und weniger zu reden, Knabe. Und was
den Anwalt angeht …«
Hades schnippte mit den Fingern. Oben auf seinem Thron fing
die Furie Alekto an, sich zu verwandeln, bis sie zu einem Mann mittleren Alters mit Nadelstreifenanzug und Aktentasche geworden war. Sie – der Anwalt – sah seltsam aus, weil er noch immer auf Hades’ Schulter hockte.
»Du!«, sagte Nico.
Die Furie kicherte schrill. »Anwälte und Lehrerinnen sind meine Stärke.«
Nico zitterte. »Aber warum hast du uns aus dem Kasino
befreit?«
»Das ist doch wohl klar«, sagte Hades. »Dieser idiotische
Poseidon-Spross darf ja wohl nicht das Kind aus der Weissagung sein.«
Ich pflückte einen Rubin von der nächsten Pflanze und bewarf
Hades damit. »Ihr solltet dem Olymp helfen!«, sagte ich. »Alle anderen Götter kämpfen gegen Typhon und Ihr hängt nur hier herum und …«
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»Und sitzt alles aus«, beendete Hades meinen Satz. »Ja, das
stimmt. Aber wann hat der Olymp mir denn je geholfen, Halbblut?
Wann wurde je eins von meinen Kindern als Held willkommen geheißen? Pah! Warum sollte ich losstürzen, um ihnen zu helfen? Ich bleibe hier, mit meinem ungeschmälerten Heer.«
»Und wenn Kronos Euch angreift?«
»Soll er es doch versuchen. Er wird geschwächt sein. Und mein
Sohn hier, Nico …« Hades schaute herablassend zu Nico hinüber.
»Na, er macht nicht viel her, das gebe ich ja zu. Es wäre besser, wenn Bianca am Leben geblieben wäre. Aber lass ihn noch vier
Jahre trainieren. So lange können wir sicher durchhalten. Nico wird sechzehn werden, wie es in der Weissagung heißt, und dann wird er den Entschluss treffen, der die Welt rettet. Und ich werde der König der Götter sein.«
»Ihr seid doch verrückt«, sagte ich. »Kronos wird Euch zer-
schmettern, sobald er den Olymp zu Klump gehauen hat.«
Hades machte eine unbestimmte Handbewegung. »Na, du wirst
es ja erleben, Halbblut. Denn du wirst diesen Krieg in meinen
Kerkern aussitzen.«
»Nein!«, rief Nico. »Vater, das hatten wir nicht abgemacht. Und du hast mir noch nicht alles gesagt.«
»Ich habe dir alles gesagt, was du wissen musst«, sagte Hades.
»Und was unsere Abmachung angeht, ich habe mit Jackson ge-
sprochen. Ich habe ihm nichts getan. Du hast deine Information bekommen. Wenn du ein besseres Geschäft gewollt hättest, hättest du mich beim Styx schwören lassen müssen. Und jetzt geh auf dein Zimmer!« Er winkte kurz und Nico war verschwunden.
»Dieser Junge muss mehr essen«, knurrte Demeter. »Er ist zu
mager. Er braucht mehr Müsli.«
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Persephone verdrehte die Augen. »Mutter, hör auf mit deinem
Müsli. Mein Hades, bist du sicher, dass wir diesen kleinen Helden nicht einfach laufen lassen können? Er ist so ungeheuer tapfer.«
»Nein, meine Liebe. Ich habe ihn am Leben gelassen. Das
reicht.«
Ich war sicher, dass sie sich weiter für mich einsetzen würde. Die tapfere schöne Persephone würde mich retten.
Doch sie zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Von mir aus.
Was gibt es zum Frühstück? Ich bin kurz vor dem Verhungern.«
»Müsli«, sagte Demeter.
»Mutter!« Die beiden Frauen verschwanden in einem Wirbel aus
Blumen und Weizen.
»Mach dir nichts draus, Percy Jackson«, sagte Hades. »Meine
Geister halten mich über Kronos’ Pläne auf dem Laufenden. Ich
kann dir versichern, dass du keine Chance gehabt hättest, ihn
rechtzeitig aufzuhalten. Heute Nacht wird es für deinen kostbaren Olymp zu spät sein. Dann wird die Falle zuschnappen.«
»Welche Falle?«, fragte ich. »Wenn Ihr Bescheid wisst, müsst
Ihr etwas unternehmen! Lasst mich wenigstens den anderen Göt-
tern Bescheid sagen!«
Hades lächelte. »Du hast wirklich Mut, das muss ich dir lassen.
Amüsier dich in meinen Kerkern. Wir werden in, sagen wir, fünfzig oder sechzig Jahren nach dir sehen.«
Ich nehme das schlimmste Bad aller
Zeiten
Mein Schwert war wieder in meiner Tasche.
Tolles Timing. Jetzt konnte ich nach Herzenslust die Wände an-
greifen. Meine Zelle hatte keine Gitter, keine
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