Percy Jackson Bd. 5 Die letzte Göttin
»Viel-
leicht kann ich Maria nicht zurückbringen. Und ich kann dir auch keinen frühen Tod bescheren. Aber deine Seele ist sterblich und ich kann dich verfluchen.«
Die Augen des Mädchens weiteten sich. »Du würdest doch
nicht …«
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»Ich schwöre«, sagte Hades. »Solange meine Kinder aus-
gestoßen sind und solange ich unter dem Fluch deiner Großen
Weissagung leide, wird das Orakel von Delphi kein anderes sterbliches Medium finden. Du wirst niemals in Frieden ruhen. Keine andere wird deinen Platz einnehmen. Dein Leib wird verwelken
und sterben, und noch immer wird der Geist des Orakels in dir
eingeschlossen sein. Du wirst deine bitteren Weissagungen
machen, bis du zu nichts zerfällst. Das Orakel wird mit dir
vergehen!«
Das Mädchen schrie auf und das Nebelbild wurde in Fetzen
gerissen. Nico fiel in Persephones Garten auf die Knie und sein Gesicht war weiß vor Schreck. Vor ihm stand der echte Hades, er ragte in seinen schwarzen Gewändern hoch über Nico auf und starrte wütend auf seinen Sohn herunter.
»Und was genau«, fragte er, »sollte das hier werden?«
Eine schwarze Explosion füllte meinen Traum. Dann wechselte
das Bild.
Rachel Elizabeth Dare ging einen weißen Sandstrand entlang.
Sie trug einen Badeanzug und hatte sich ein T-Shirt um die Taille gebunden. Ihre Schultern und ihr Gesicht waren von der Sonne
verbrannt.
Sie kniete sich hin und fing an, mit ihrem Finger in der
Brandung zu schreiben. Ich versuchte, die Buchstaben zu
erkennen. Ich dachte, meine Legasthenie mache sich mal wieder
bemerkbar, bis mir aufging, dass sie Altgriechisch schrieb.
Das war unmöglich. Der Traum konnte nicht echt sein.
Rachel hörte nach wenigen Wörtern auf zu schreiben und mur-
melte: »Was um alles in der Welt …?« Ich kann Griechisch lesen, aber ich konnte nur ein Wort erkennen, ehe das Meer alles weg-spülte: Περσεύς. Das war mein Name: Perseus.
Rachel sprang auf und wich vor der Brandung zurück.
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»Oh, Götter«, sagte sie. » Das bedeutete es also.«
Sie sprintete los und wirbelte mit jedem Schritt Sand auf, als sie zur Villa ihrer Familie zurückrannte.
Keuchend stürzte sie die Verandatreppe hoch. Ihr Vater schaute von seinem Wall Street Journal auf.
»Dad.« Rachel marschierte auf ihn zu. »Wir müssen zurück.«
Der Mund ihres Dads zuckte, als versuchte er sich zu erinnern, wie lächeln geht. »Zurück? Wir sind doch gerade erst
angekommen.«
»In New York gibt es Ärger. Percy ist in Gefahr.«
»Hat er dich angerufen?«
»Nein … das nicht direkt. Ich weiß es einfach. Ich habe es im Gefühl.«
Mr Dare faltete seine Zeitung zusammen. »Deine Mutter und ich
haben uns sehr lange auf diesen Urlaub gefreut.«
»Nein, habt ihr nicht! Ihr hasst den Strand beide! Ihr seid nur zu starrköpfig, um das zuzugeben.«
»Bitte, Rachel …«
»Ich sage dir, in New York stimmt etwas nicht! Die ganze
Stadt … ich weiß nicht genau, was los ist, aber die Stadt wird angegriffen.«
Ihr Vater seufzte. »Ich glaube, das hätten sie ja wohl in den Nachrichten gebracht.«
»Nein«, widersprach Rachel. »Nicht diese Art von Angriff. Hat
irgendwer angerufen, seit wir hergekommen sind?«
Ihr Vater runzelte die Stirn. »Nein … aber es ist Wochenende
und mitten im Sommer.«
»Du kriegst immer Anrufe«, sagte Rachel. »Du musst schon zugeben, dass das seltsam ist.«
Ihr Vater zögerte. »Wir können nicht einfach abreisen. Wir
haben sehr viel Geld für den Urlaub ausgegeben.«
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»Hör mal«, sagte Rachel. »Daddy … Percy braucht mich. Ich
muss ihm eine Nachricht überbringen. Es geht um Leben und
Tod.«
»Was für eine Nachricht? Wovon redest du da eigentlich?«
»Das kann ich dir nicht sagen.«
»Dann musst du hierbleiben.«
Rachel schloss die Augen, als ob sie all ihren Mut zusammen-
nahm. »Dad … lass mich hinfahren und ich schlage dir ein
Geschäft vor.«
Mr Dare beugte sich vor. Mit Geschäften kannte er sich aus. »Ich bin ganz Ohr.«
»Die Clarion Ladies Academy. Ich … ich werde im Herbst hinge-
hen. Ich werde mich nicht einmal mehr darüber beschweren. Aber du musst mich jetzt sofort nach New York zurückschaffen.«
Er schwieg sehr lange. Dann klappte er sein Telefon auf und gab eine Nummer ein. »Douglas? Machen Sie das Flugzeug bereit. Wir müssen nach New York. Ja … sofort.«
Rachel schlug die Arme um ihn und ihr Vater schien überrascht, als ob sie ihn noch nie umarmt hätte.
Er lächelte, aber seine Miene blieb
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