Percy Jackson Bd. 5 Die letzte Göttin
zerreißt.«
»Du liebst mich nicht.«
»Ich schwöre … ich liebe dich. Geh ins Camp. Ich werde dafür
sorgen, dass du bald einen Auftrag bekommst. Vielleicht kannst du die Hydra besiegen oder die Äpfel der Hesperiden holen. Du wirst die Chance haben, ein großer Held zu werden, ehe …«
»Ehe was?« Lukes Stimme zitterte jetzt. »Was hat meine Mom
gesehen, dass sie so geworden ist? Was wird mir passieren? Wenn du mich liebst, dann sag es mir!«
Hermes verzog das Gesicht. »Ich kann nicht!«
»Dann ist es dir egal!«, schrie Luke.
In der Küche verstummte abrupt das Gespräch.
»Luke?«, rief May Castellan. »Bist du das? Geht es meinem Jun-
gen gut?«
Luke drehte sich weg, um sein Gesicht zu verbergen, aber ich
konnte die Tränen in seinen Augen sehen. »Mir geht’s gut. Ich
habe eine neue Familie. Ich brauche euch beide nicht.«
»Ich bin dein Vater«, sagte Hermes bittend.
»Ein Vater sollte bei seinem Kind sein. Aber du bist mir nie auch nur begegnet. Thalia, Annabeth, kommt jetzt. Wir gehen!«
226/396
»Mein Junge, geh nicht!«, rief May Castellan ihm nach. »Das
Essen ist fertig!«
Luke stürzte zur Tür hinaus. Thalia und Annabeth liefen hinterher. May Castellan wollte ihnen folgen, aber Hermes hielt sie
zurück.
Als die Tür zuknallte, brach May in Hermes’ Armen zusammen
und fing an zu zittern. Ihre Augen wurden groß, leuchteten grün und sie klammerte sich verzweifelt an Hermes’ Schultern.
»Mein Sohn«, schrie sie mit brüchiger Stimme. »Gefahr.
Grauenhaftes Schicksal!«
»Ich weiß, meine Liebste«, sagte Hermes traurig. »Glaub mir,
ich weiß.«
Das Bild verschwand. Prometheus nahm seine Hand von meiner
Stirn.
»Percy?«, fragte Thalia. »Was … was war das?«
Ich merkte, dass ich in Schweiß gebadet war.
Prometheus nickte mitfühlend. »Schockierend, nicht wahr? Die
Götter wissen, was passieren wird, unternehmen aber nichts, nicht einmal für ihre Kinder. Wie lange haben sie gebraucht, um dir
deine Weissagung zu erzählen, Percy Jackson? Glaubst du nicht, dass dein Vater weiß, was dir widerfahren wird?«
Ich war zu betroffen, um zu antworten.
»Perrrcy«, sagt Grover warnend. »Er spielt mit deinen
Gedanken. Er versucht, dich wütend zu machen.«
Grover konnte Gefühle lesen, also wusste er vermutlich, dass das Prometheus durchaus gelang.
»Gibst du wirklich deinem Freund Luke die Schuld?«, fragte
mich der Titan. »Und was ist mit dir, Percy? Lässt du dich von deinem Schicksal bestimmen? Kronos macht dir ein viel besseres Angebot.«
227/396
Ich ballte die Fäuste. Sosehr ich auch verabscheute, was Pro-
metheus mir gezeigt hatte – Kronos verabscheute ich noch viel
mehr. »Ich mache dir meinerseits ein Angebot. Sag Kronos, er soll den Angriff abblasen, Luke Castellans Körper verlassen und sich in die Tiefen des Tartarus zurückziehen. Dann vernichte ich ihn vielleicht nicht.«
Die Empusa fauchte und aus ihren Haaren loderten neue Flammen auf. Prometheus aber seufzte nur.
»Falls du dir die Sache doch noch anders überlegst«, sagte er,
»habe ich ein Geschenk für dich.«
Ein griechischer Krug tauchte auf dem Tisch auf. Er war etwas
unter einen Meter hoch, hatte einen Durchmesser von dreißig Zen-timetern und war mit schwarz-weißen geometrischen Mustern
verziert. Der Tondeckel war mit Lederriemen befestigt.
Grover jammerte, als er ihn sah.
Thalia schnappte nach Luft. »Das ist doch nicht …«
»Doch«, sagte Prometheus. »Du hast ihn erkannt.«
Als ich den Krug ansah, hatte ich ein seltsames Gefühl von
Furcht, aber ich hatte keine Ahnung, warum.
»Er hat meiner Schwägerin gehört«, erklärte Prometheus.
»Pandora.«
Ich spürte einen Kloß im Hals. »Die mit der Büchse der
Pandora?«
Prometheus schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wo das mit der Büchse herkommt. Es war niemals eine Büchse. Es war ein pithos, eine Art Einweckgefäß. Ich denke mal, das Einmachgefäß der Pandora klingt nicht ganz so toll, aber egal. Ja, sie hat diesen Krug geöffnet, und er enthielt die meisten der Dämonen, die die
Menschheit bis jetzt verfolgen. Angst, Tod, Hunger, Krankheit.«
»Vergiss mich nicht«, schnurrte die Empusa.
228/396
»Allerdings«, gab Prometheus zu. »Die erste Empusa war ebenfalls in diesem Gefäß gefangen und wurde von Pandora
freigelassen. Aber was ich seltsam an dieser Geschichte finde, ist, dass immer Pandora die Schuld gegeben wird. Sie wurde bestraft, weil sie neugierig war. Und die Götter wollen, dass
Weitere Kostenlose Bücher