Percy Pumpkin (Bd.1) - Mord im Schloss
sollten wir Heinrich einfach hierher locken.« Linda schaute sich staunend um. »Komisch, dass Mama und Papa so ein Gruselkabinett im Schloss eingerichtet haben.«
»Na ja,
einrichten
würde ich das nicht gerade nennen«, sagte John. »Haben wohl einfach alles reingeschoben, für das sie keine Verwendung hatten.«
»Zu dumm, dass für Onkel Eric kein Plätzchen mehr frei ist«, meinte Claire.
»Wo ist denn jetzt die Gliederpuppe?« Percy hatte das Gefühl, dass sie schon viel zu viel Zeit mit Herumirren vergeudet hatten.
»Als ich das letzte Mal hier war, stand sie am Fenster«, sagte John zögerlich.
»An welchem Fenster?«, fragte Claire und blickte sich suchend um.
Sie kletterten über eine wurmstichige Kommode, hangelten sich an einer alten Gardinenstange entlang und krochen durch eine Art Kistentunnel.
Dann endlich entdeckten sie die Schneiderpuppe. Sie baumelte an einem Gestell vor einem riesigen Spitzbogenfenster. Ihre Arme und Beine zuckten im Wind hin und her,und es sah so aus, als ob Blut aus einem Loch an ihrem Hals sickerte.
Claire strich sich eine Haarlocke aus der Stirn und machte ein paar Schritte auf die Schneiderpuppe zu. »Du bist ja wirklich ein hässliches Gebilde.«
John murmelte etwas, das keiner verstehen konnte, weil er sich vier Karamellbonbons auf einmal in den Mund geschoben hatte. Er schien nicht besonders erpicht darauf zu sein, sich der Puppe weiter zu nähern.
Percy ging an ihm vorbei und untersuchte sie.
»Die einzelnen Gliedmaßen sind aus Holz und werden von Drähten zusammengehalten«, sagte er leise. »Genau wie in dem Roman, den ich gelesen habe. Und hier oben am Hals ist noch etwas rote Farbe zu sehen, mit der die Puppe früher lackiert war.«
Claire ließ sich missmutig auf eine Kiste plumpsen. »Wie sollen wir es schaffen, das schwere, unförmige Ding in den Flur zu schleppen? Bis wir so weit sind, hat Onkel Adalbert längst die Notstromanlage angeschmissen. Das wird wohl nichts!« Sie stampfte ärgerlich mit dem Fuß auf.
»Von wegen!«, rief Linda plötzlich. »Denk doch mal nach, Schwesterherz.«
Claire runzelte die Stirn. John schob sich noch schnell einen fünften Karamellbonbon in den Mund und Percy kratzte sich am Ohr. Keiner wusste, worauf Linda hinauswollte.
»Das Fenster«, sagte sie schließlich.
»Bu beimst, bir bollen bie Bubbe bach braupfen berfen?«, nuschelte John.
»Oh Mann, dass ich nicht selbst darauf gekommen bin!«, rief Claire und sprang auf. Sie lief zum Fenster und versuchte, es zu öffnen. Der Griff war verkantet, und es dauerte eine Weile, bis sie ihn bewegen konnte. Endlich schwangen die großen Fensterflügel zur Seite und dicke Schneeflocken wehten herein.
»Heinrichs Zimmer ist genau drei Stockwerke unter uns!«, rief Linda gegen den Sturm an und zeigte in die pechschwarze Finsternis.
»Wir seilen Percy einfach ab!«, schrie Claire.
Percy ging zu ihnen und schaute in die Tiefe. Eiskalter Wind schlug ihm entgegen und zerrte an seinen Haaren.
»Los, wir brauchen ein Seil«, sagte Linda.
»Vorn am Eingang habe ich eins in einer Kiste gesehen«, meinte John und lief los.
In der Zwischenzeit hoben Percy, Linda und Claire die Puppe vom Haken. Sie war viel schwerer, als sie erwartet hatten, und sie mussten alle Kraft aufbringen, um sie aus der Halterung zu bekommen.
»Hoffentlich ist das Seil, das John entdeckt hat, in einem besseren Zustand als der Rest in dieser Rumpelkammer.« Linda rieb sich die schmerzenden Arme. »Sonst saust Percy in die Tiefe.«
»Den Speisenaufzug hat er ja auch überlebt«, meinte Claire. »Und unter ihm befindet sich diesmal nur derSchlossgraben. Das Einzige, was ihm da gefährlich werden könnte, ist der Borger.«
John kehrte mit einem dicken roten Seil zurück.
»Wir holen dich natürlich sofort wieder aus dem Graben heraus, falls du hineinfällst«, sagte Linda an Percy gewandt. »So, das Seil ist fest verknotet. Auf geht’s. Wenn du an Heinrichs Fenster angekommen bist, dann ziehst du dreimal am Seil. Aber verzähl dich nicht mit dem Stockwerk. Wenn du wieder hoch willst, ruckst du zweimal.«
Sie brachten die Puppe zum Fenster. John und Percy hoben sie auf das Fensterbrett, während Linda und Claire das freie Ende des Seils am eisernen Fensterkreuz festknoteten.
Plötzlich erklang ein schauerliches Geheul und alle drehten sich erschrocken um. Es war Jim, den sie vor lauter Aufregung ganz vergessen hatten. Percy ging in die Hocke und kraulte ihm den Kopf.
»Das nächste Abenteuer bestehen wir
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