Percy Pumpkin (Bd.1) - Mord im Schloss
oder selber etwas Gruseliges tun soll …«
Claire wippte ungeduldig mit dem Fuß.
»Okay. Also gut«, sagte Percy schließlich und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Das mit dem Verkleiden ist aber keine so gute Idee. Wir haben ja nicht viel Zeit, uns ein Kostüm zu basteln. Deshalb habe ich einen anderen Vorschlag.«
»Wir sind gespannt«, meinte Claire.
»Vor den Ferien habe ich einen Roman gelesen, der hieß
Die mörderische Gliederpuppe
. Die Handlung spielte in einem schottischen Schloss, in dem so eine alte Schneiderpuppe ihr Unwesen trieb. Jemand hatte die mit schwarzer Magie zum Leben erweckt und sie geisterte durch die Räume und erschreckte alle zu Tode. Sie konnte weder sprechen noch heulen, sondern tauchte einfach nur irgendwo auf und begann, sich eigenartig zu verrenken. Das war
ziemlich
gruselig.«
Claire nickte anerkennend. »Du bist wirklich durchtriebener, als du aussiehst. Aber wie kommst du auf die Idee, dass wir hier im Schloss so etwas wie eine Schneiderpuppe haben?«
Percy zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht … In so großen Schlössern gibt es doch meistens eine Kammer oder einen Dachboden, in dem alles mögliche alte Zeugs aufbewahrt wird. Und da dachte ich …«
»Richtig gedacht«, sagte Linda. »Mamas altes Schneideratelier.«
»So eine Puppe gibt es da auch«, fiel John ein. »Vor der habe ich mich schon immer gefürchtet. Als ich noch kleiner war, meine ich natürlich. Ich weiß gar nicht mehr, warum eigentlich.«
»Diese Gliederpuppen sind so unheimlich, weil sie irgendetwas Menschliches an sich haben«, sagte Percy. »Ein Mensch ohne Gesicht mit Armen und Beinen, die sich in alle Richtungen drehen lassen.«
Claire pfiff beeindruckt durch die Zähne. »Menschenskinder, Percy, du bist ja wirklich
viel
durchtriebener, als du aussiehst. Auf geht’s! Wir holen die Schneiderpuppe aus dem Atelier.«
Sie pusteten die Kerzen aus und machten sich auf den Weg.
Percy hätte nicht gedacht, dass es in Darkmoor Hall noch etwas Unheimlicheres geben konnte als den Flur ohne Ausgang, durch den er mit Jim geirrt war. Nun wurde er allerdings eines Besseren belehrt:
Jeder
Gang des Schlosses verwandelte sich bei Stromausfall in eine Art Geisterbahn. Die wenigen Kerzen oder Gaslampen, die hier und da brannten, sorgten für bizarre Schatten an den Wänden. Die ohnehin schon finster dreinblickenden Darkmoors auf den Ölgemälden schienen mit den Augenbrauen zu zucken und die Zähne zu fletschen. Und die Constables, die durch die Gänge wankten, erinnerten Percy an die Zombies aus dem Roman
Die Zombies
.
In der Galerie, die zum Südflügel des Schlosses führte, begegneten sie der dicken, nach Kölnisch Wasser duftenden Dame, die vorgestern Abend Jim beschimpft hatte. Sie war wohl auf dem Weg zur Toilette und quiekte wie eine Maus, als der Hund an ihr vorbeihuschte.
Etwas später lief ihnen Onkel Eric über den Weg, der sich einen Eisbeutel auf die Stirn presste und leise vor sich hin fluchte.
Claire konnte sich gerade noch rechtzeitig hinter einem Vorhang verstecken. Die anderen hatten leider weniger Glück.
»Was habt ihr hier zu suchen?«, zischte Onkel Eric wütend. »Und vor allem du, Pumpkin? Wenn deine verbrecherischen Eltern schon nicht aufzufinden sind, können wir ja wenigstens dich in den Kerker sperren! Bestimmt führst du gerade wieder eine neue Teufelei im Schilde!«
Er wollte Percy am Kragen packen, doch der wich ihm im letzten Moment aus. Gleichzeitig gab Claire dem Vorhang einen kräftigen Stoß, sodass er Onkel Eric ins Gesicht wehte. Prompt verlor dieser das Gleichgewicht und stolperte nach vorn. Dabei riss er den Vorhang samt Halterung von der Wand und hatte sich bald darauf hoffnungslos darin verheddert.
»Schnell!«, rief Claire und zog Percy mit sich.
Nachdem sie einige weitere Gänge entlanggelaufen waren, hasteten sie eine breite Treppe hinauf und gelangten in einen geräumigen Korridor.
»Da ist Mamas Schneideratelier«, keuchte Linda und zeigte auf eine große Holztür.
Der Raum dahinter war so riesig, dass man die halbe Familie Darkmoor dorthin zum Dinner hätte einladen können – wenn er nicht so voller Gerümpel gewesen wäre.Die Kinder standen in einer schmalen Schneise. Links und rechts von ihnen erhoben sich im flackernden Schein von Claires Gaslaterne Berge aus kaputten Stühlen, zusammengerollten Teppichen, ausrangierten Möbeln, Geschirrkisten, Kleiderständern, vertrockneten Topfpflanzen und jeder Menge anderem Kram.
»Vielleicht
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