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Perdido - Im Bann des Vampirjägers

Perdido - Im Bann des Vampirjägers

Titel: Perdido - Im Bann des Vampirjägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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»Aber ich spüre ganz deutlich, dass das Böse nicht mehr fern ist.«
    Eine Weile verharrten alle drei reglos. Doch ihre Kräfte ließen immer mehr nach und das Seil glitt ihnen durch die Hände beziehungsweise Pfoten.
    »Es hat keinen Zweck«, sagte Herkules. »Wir können ihn nicht mehr halten.«
    »Kann ich euch vielleicht behilflich sein?«, ertönte da eine tiefe Stimme hinter ihnen.
    Der mit dem Seil kämpfende Hugo wandte sich um und erblickte eine hohe schwarz gekleidete Gestalt mit wehendem Umhang.
    »Otis?«, rief er freudig.
    Der Angesprochene verbeugte sich flüchtig. »Stets zu Diensten.«

38. Kapitel
    O
tis legte sich das Seil über die Schulter und packte mit den behandschuhten Händen kräftig zu. Es gelang ihm, Lupus Stück für Stück aus der Gletscherspalte zu hieven.
    »Irre!«, schnaufte Hugo bewundernd. »Wir drei zusammen konnten ihn keinen Zentimeter bewegen.«
    »Alles eine Frage der Technik«, erwiderte Otis mit dem Anflug eines Lächelns.
    Erst erschienen zwei behaarte Füße über dem Rand des Abgrunds, dann die zugehörigen sehnigen Waden, und im Handumdrehen lag der ganze Lupus heftig zitternd im Schnee und streckte alle viere von sich.
    Hugo stieg aus den nunmehr losen Seilschlingen und half Lupus aufstehen. Dabei spürte er, wie der Liegende auf einmal zusammenfuhr.
    »Was ist denn?«, fragte Hugo. Lupus hielt den Blick auf Otis gerichtet.
    »Wer ist das?« Lupus witterte argwöhnisch.
    »Das ist dein Lebensretter. Darf ich dir Otis vorstellen, Lupus?«
    Otis trat vor und entblößte lächelnd die schimmernden Zähne. »Stets zu Diensten.« Er verbeugte sich.
    »Wie lange halten Sie sich denn schon in Dämonien auf?«, erkundigte sich Hugo.
    »Ach, schon eine ganze Weile … anderthalb Wochen oder so?« Otis hatte sich das Tuch, das er um den Kopf geschlungen trug, vor den Mund gezogen, er war ein bisschen schwer zu verstehen. »Nach dem Besuch bei deinem Onkel habe ich England verlassen und bin hierher gereist, um Mephistos Schloss zu suchen. Ich habe systematisch das ganze Gebirge durchkämmt, bis jetzt leider erfolglos.«
    Hugo fiel eine Schürfwunde auf Otis’ bläulich verfärbter Wange auf, auch hielt er einen Arm unnatürlich angewinkelt.
    »Sind Sie verletzt?«, erkundigte er sich.
    Otis winkte ab. »Ich bin schon länger unterwegs und dieses Gebirge ist wirklich sehr tückisch.«
    »Ist das nicht ein unglaublicher Zufall, dass wir uns hier wiederbegegnen?«, sagte Hugo kopfschüttelnd. »Dämonien ist so ein großes Land und wir laufen einander einfach über den Weg.«
    Otis lächelte geheimnisvoll. »Unglaublich, das finde ich auch. Aber was führt euch eigentlich hierher? Dein Onkel hat es doch abgelehnt, herzukommen, das war jedenfalls mein Eindruck. Oder seid ihr etwa von zu Hause abgehauen?«
    »Nicht direkt«, entgegnete Hugo niedergeschlagen. »Kurz nach Ihrem Besuch wurde Onkel Walter entführt. Die Banditen wollen, dass er sie zu dem Juwelenschwert bringt. Aller Wahrscheinlichkeit nach haben sie nur einen Vorsprung von ein paar Stunden – wir sind ihnen auf den Fersen.«
    »Entführt!?« Otis zog entsetzt die Augenbraue hoch. »Dann nichts wie los! Ich werde diese Banditen lehren, meine Freunde zu behelligen! Sobald wir Walter befreit haben, machen wir uns alle zusammen auf die Suche nach Mephistos Schloss.«
    Hugo nickte eifrig. »Einverstanden!«

    Die Gletscherspalte, die beinahe Lupus’ Verderben gewesen wäre, war etwa anderthalb Meter breit und bodenlos tief. Otis nahmkurz Anlauf und sprang leichtfüßig hinüber, Lupus legte sich Kristall wie einen Pelzkragen um den Hals und machte einen Satz. Herkules schlüpfte in Hugos Tornister und machte von innen umständlich den Verschluss zu, dann ging Hugo ein ganzes Stück zurück und nahm seinerseits Anlauf. Im Sprung strampelte er mit den Beinen, streckte die Arme vor und kam knapp hinter dem gegenüberliegenden Rand des Abgrunds auf.
    Schon erschien ein erleichtertes Lächeln auf seinem Gesicht – da verlor er das Gleichgewicht. Verzweifelt ruderte er mit den Armen, aber der schwere Tornister zog ihn nach hinten. Wie ein gefällter Baum kippte er in den Abgrund. Seine Finger grabschten vergebens ins Leere, die Augen quollen ihm aus dem Kopf … er fiel …
    Da packten ihn starke Hände an den Oberarmen.
    »Ich hab dich!« Otis hielt Hugo am rechten Arm gepackt.
    » Ich hab dich!«, sagte Lupus mit Nachdruck. Er hielt Hugo am linken Arm gepackt.
    Mit vereinten Kräften zogen die beiden den Jungen hoch.

39.

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