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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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unsichtbaren Maschine erschütterte Wände und Fußboden des Flurs – es waren die mächtigen Pumpen, die jeden Tag etliche Stunden arbeiteten, um für den Botschafter von Cray über eine 15 Meilen lange Rohrleitung frisches Salzwasser aus Iron Bay herzuschaffen und das gebrauchte in den Fluss zu leiten.
    Der Korridor hatte verwirrende Eigenarten. Aus einem Blickwinkel gesehen, schien er länger zu sein, als er sein durfte, und verkürzt aus einem anderen. Hier und dort zweigten stumpfe Seitenarme ab, zu anderen, minderwichtigen Botschaften oder Besenkammern oder verbretterten Fenstern. Am Ende des Hauptkorridors, hinter dem Cray-Konsulat, bog Rudgutter in einen dieser kurzen Flure ein, der um viele Ecken in die Tiefe des Gebäudes führte – an einer Stelle senkte sich die Decke dramatisch unter einer von oben quer herabführenden Treppe – und an einer kleinen, unbeschilderten Tür endete.
    Rudgutter schaute über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass er und seine Begleiter allein waren. Nur ein kurzes Stück des Flurs war einzusehen, und dort rührte sich nichts.
    Vansetty zog Kreide und Pastellstifte in verschiedenen Farben hervor. Aus der Westentasche nahm er etwas, das wie eine Taschenuhr aussah, und klappte es auf. Das Zifferblatt war in unzählige verschachtelte Felder unterteilt und hatte sieben verschieden lange Zeiger.
    »Man muss die Variablen mit in Betracht ziehen, Bürgermeister«, brummelte er und studierte die vielen rätselhaften Anzeigen. Er schien mehr zu sich selbst zu sprechen als zu Rudgutter oder sonst jemandem. »Die Aussichten für heute sind ziemlich bescheiden … Aufziehende Hochdruckfront im Æther. Könnte Energieturbulenzen auslösen, durchgehend, vom Abyssus bis rauf in den Nullraum. Verdammt miese Aussichten auch für die Grenzregionen. Hmmm …« Vansetty warf ein paar Berechnungen auf die Rückseite eines Notizblocks, runzelte die Stirn, nickte dann entschlossen und schaute die drei Staatsdiener an. »Fangen wir an.«
    Er malte verschnörkelte Symbole auf Blätter aus dickem Papier und verteilte sie nacheinander an Stem-Fulcher, Rudgutter und Rescue, das letzte behielt er selbst.
    »Aufs Herz packen«, sagte er knapp und schob sein Blatt ins Hemd. »Symbol nach außen.«
    Er klappte seinen zerschrammten Koffer auf, nahm einen Satz klobiger Keramikdioden heraus und gab jedem Mitglied der Gruppe eine davon – »Linke Hand und nicht fallen lassen …« –, dann umwickelte er sie mit Kupferdraht und verband diesen mit einem tragbaren Uhrwerksmotor, der ebenfalls aus dem Koffer stammte. Er las die Daten von seiner eigenartigen Taschenuhr ab und stellte Knöpfe und Schalter an dem Motor entsprechend ein.
    »Auf geht’s, haltet euch bereit«, sagte er und legte den Schalter um, der das Uhrwerk in Gang setzte.
    Kleine Funkenbögen sprühten blitzbunt an den Drähten entlang und zwischen den schmierigen Dioden. Alle vier standen inmitten eines Dreiecks elektrischer Entladungen und fühlten, wie sich ihre Haare sträubten. Rudgutter fluchte leise.
    »Reicht ungefähr eine halbe Stunde«, meinte Vansetty. »Also verschwenden wir keine Zeit.«
    Rudgutter streckte die rechte Hand aus und öffnete die Tür. Alle vier setzten sich schlurfend in Bewegung, dabei gaben sie Acht, die Abstände zueinander beizubehalten und innerhalb des Dreiecks zu bleiben. Stem-Fulcher drückte hinter ihnen die Tür wieder ins Schloss.
    Sie standen in einem dunklen Raum, durchgeistert nur vom diffusen Schimmer der elektrisch geladenen Drähte, bis Vansetty sich das Uhrwerk an einem Band um den Hals hängte und eine Kerze anzündete.
    Jetzt konnte man sehen, dass der Raum vielleicht vier mal dreieinhalb Meter groß war, staubig und vollkommen leer, bis auf einen alten Schreibtisch und Stuhl an der hinteren Wand sowie einen leise summenden Dampfkessel neben der Tür. Keine Fenster, keine Aktenregale, nichts weiter. Die Luft roch abgestanden.
    Vansetty förderte aus seinem Koffer noch einen ungewöhnlichen Apparat zu Tage. Die Schnörkel aus Draht und Metall, die Knoten aus vielfarbigem Glas waren kunstvoll verschlungen und mit liebevoller Sorgfalt gefertigt. Das Gerät war ebenso raffiniert wie rätselhaft. Vansetty beugte sich kurz aus dem Kreis und stöpselte eine Zuleitung in den Kessel neben der Tür, dann zog er an einem Hebel oben auf dem kleinen Apparat, der zu summen und zu blinken anfing.
    »In euren guten alten Zeiten, bevor ich ins Geschäft einstieg«, erklärte er und wickelte dabei einen

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