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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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langen Draht von der Unterseite des Geräts, »musste man ein lebendes Opfer darbringen, aber wir sind schließlich keine Barbaren, stimmt’s? Wissenschaft ist eine wunderbare Sache. Dieser kleine Liebling«, er tätschelte den Kasten voller Stolz, »ist ein Verstärker. Potenziert den Ausstoß dieses Apparats um einen Faktor von Zweihundert, Zweihundertzehn, und transformiert ihn in eine Ætherische Energieform. Die leitet man hier hinein …« Vansetty warf den Draht am Schreibtisch vorbei in die hintere Ecke des Zimmers … »und Bingo! Das unblutige Opfer!«
    Er grinste selbstzufrieden, beugte sich dann über die Skalen und Knöpfe des kleinen Apparats und fing an, hier und da zu drehen und zu klopfen. »Und auch kein Büffeln bescheuerter Sprachen mehr«, murmelte er versonnen. »Beschwörungen sind heutzutage automatisiert. Wir gehen nicht wirklich irgendwohin, ist das klar?« Bei dem letzten Satz erhob er die Stimme. »Wir sind keine Abyssonauten und wir spielen hier nicht mit annähernd der Energie, die nötig wäre, einen echten transplantropischen Sprung auszuführen. Wir beschränken uns darauf, durch ein kleines Fenster zu lugen, und lassen die Höllenbrut zu uns kommen. Aber die Dimensionalität dieses Zimmers wird eine Zeit lang verflixt instabil sein, also bleibt immer innerhalb der Schutzvorkehrungen, und kein Herumgezappel, klar?«
    Seine Finger huschten über den Apparat. Zwei oder drei Minuten lang passierte überhaupt nichts. Alles blieb, wie es war, die Hitze und das Pochen des Dampfkessels, das Schnarren und Ticken des ablaufenden Motors. Den Rhythmus lieferte das ungeduldige Tappen von Rudgutters Fußspitze.
    Dann stieg die Temperatur in dem kleinen Zimmer um etliche Grade an. Ein tiefes, subsonisches Beben wurde spürbar. Rötliche Helligkeit und öliger Rauch breiteten sich aus; Geräusche klangen wie durch Watte gedämpft und dann plötzlich schmerzhaft klar.
    Es folgte ein schwindelerregender Moment des Fallens, und eine rote Marmorierung aus Licht flackerte über sämtliche Oberflächen, ständig in Bewegung, wie durch blutiges Wasser gefiltert.
    Etwas bewegte sich. Rudgutter hob den Blick, seine Augen brannten in der plötzlich stickigen und sehr trockenen Luft.
    Ein massiger Mann, ein Herr in einem tadellosen schwarzen Anzug saß hinter dem Schreibtisch. Er beugte sich gravitätisch vor und stützte die Ellenbogen auf die Schriftstücke, die plötzlich auf der Tischplatte verstreut lagen. Er wartete.
    Vansetty spähte über Rescues Schulter und zeigte mit dem Daumen auf die Erscheinung.
    »Seine Infernalische Exzellenz«, verkündete er, »der Botschafter der Hölle.«
     
    »Bürgermeister Rudgutter«, sagte der Dæmon mit einer angenehmen, kultivierten Stimme. »Wie nett, dass Sie wieder einmal hereinschauen. Ich war gerade damit beschäftigt, etwas Papierkram zu erledigen.«
    Die Menschen musterten ihr Gegenüber mit einem Anflug von Unbehagen.
    Der Botschafter hatte ein Echo. Was er sagte, wurde eine halbe Sekunde später von einer schrill heulenden Stimme wiederholt, das Jammergeschrei einer verdammten Seele in unvorstellbaren Qualen. Die gebrüllten Worte waren nicht laut, sie drangen nur eben hörbar durch die Wände des Zimmers, als wären sie auf einer Säule unirdischer Hitze aus einem bodenlosen Höllenschlund heraufgestiegen.
    »Was kann ich für Sie tun?«, fuhr er fort ( Was kann ich für Sie tun?, heulte die seelenlose Stimme.) »Versuchen Sie immer noch herauszufinden, ob Sie sich nach Ihrem Ableben zu uns gesellen möchten?« Der Botschafter lächelte fein.
    Rudgutter erwiderte das Lächeln und schüttelte den Kopf.
    »Sie kennen meine Überzeugung, was das angeht«, erwiderte er gelassen. »Ich lasse mich nicht ködern, fürchte ich. Sie können mir keine Existenzangst einflößen.« Er stieß ein höfliches kleines Lachen aus, in das der Botschafter einstimmte. Desgleichen sein grausiges Echo. »Meine Seele, sofern sie existiert, gehört mir allein, und Sie haben keine Vollmacht, sie zu bestrafen oder sich anzueignen. Das Universum ist ein sehr viel kapriziöserer Ort als das … Ich habe Sie schon einmal gefragt: Was glauben Sie, was mit Dæmonen geschieht, wenn sie sterben? Denn sterben können sie, wie wir beide wissen.«
    Der Botschafter gab sich mit Contenance geschlagen. »Sie sind ein solcher Modernist, verehrter Bürgermeister. Ich will mich nicht mit Ihnen streiten, aber denken Sie daran, dass mein Angebot steht.«
    Rudgutter winkte ungeduldig ab. Er besaß

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